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"Cheerleaders" erfolgreich gegen rechten Spuk:Kein Platz für Nazis in Heidelbergvon Elke GüntherRund 2000 meist junge Menschen demonstrierten am 27.10. angeführt und angefeuert von den "Radical Cheerleaders" durch Heidelbergs Hauptstraße in Richtung Bahnhof. Dort wollten die Jungen Nationaldemokraten eine Kundgebung mit anschließendem Aufmarsch unter dem Motto: "Globalisierungswahn und Weltpolizei USA stoppen" veranstalten. Ein Vorhaben, das erfreulicherweise in einem Polizeikessel endete. Keine 50 Meter weit konnten sich die rund 100 angereisten Neofaschisten vom Bahnhofsgebäude entfernen. Mit ganz offen an ihr historisches Vorbild anknüpfenden Sprechchören wie "Frei, sozial und national" schrien sie sich die Hälse wund. Die Demonstranten hielten mit Pfiffen dagegen. Nach 40 Minuten war der rechte Spuk vorbei: Die NPD-Anhänger machten sich frustiert auf die Heimreise in Richtung Rheinland-Pfalz. Von dort waren die meisten von ihnen gekommen. "Heidelberg ist wieder nazibefreite Zone" konnten die Organisatoren der Gegendemonstration, die Gruppe "turn left" verkünden. Während die Nazis dank dem entschlossen Handeln der jungen AntifaschistInnen die Segel streichen mußten, übten unter dem Motto "Eine Stadt wehrt sich" - weit entfernt vom Geschehen - rund 300 Heidelberger BürgerInnen, darunter Bundestagsabgeordnete der SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen den "Aufstand der Anständigen". Dazu aufgerufen hatte die IG Metall Heidelberg. Verschiedene Redner, u.a. der 1. Bevollmächtigte der IGM Pat Klinis, äußerten ihr Unverständnis für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Aufmarsch der NPD-Jugend gegen den ausdrücklichen Willen der Stadt Heidelberg zu genehmigen. Der CDU-Abgeordnete Lamers nutzte bedauerlicherweise die Gelegenheit, seine Ablehnung des Naziaufmarsches mit Ausfällen gegen linke Demonstranten und noch dazu die Friedensbewegung zu verbinden. Er forderte dazu auf, rechts- und linksextremistischen Gruppierungen unmissverständlich deutlich zu machen: "Ihr habt in unserer Stadt nichts zu suchen." Daß die Neonazis von der NPD ihren Aufmarsch als gegen Globalisierungswahn und Weltpolizist USA" gerichtet ausgaben, war für Lammers Grund genug, auch noch die uneingeschränkte Freundschaft mit den USA zu bekräftigen und damit auch den Krieg gegen Afghanistan zu unterstützen. Sehr viel klarer als der christdemokratische Politiker wurde der evangelische Dekan Dr. Steffen Bauer dem Anlaß gerecht. Er bezeichnete in seiner Rede die NPD "nur als Spitze eines Eisberges", deren Gesinnung schließlich nicht vom Himmel gefallen sei. Der Partei seines Vorredners schrieb er deutlich ins Stammbuch: Einen Wahlkampf, bei dem man mit Meinungsmache gegen Minderheiten auf Stimmenfang gehe, werde es hoffentlich nie mehr geben. Die VVN-BdA in Heidelberg hatte im Vorfeld versucht beide Aktionen zusammenzuführen und schließlich beide unterstützt. Nachdem die Nazis bereits in die Flucht geschlagen waren, kam es noch zu einem bedauerlichen Zwischenfall, als wohl ein Demoteilnehmer vier Autoreifen eines Polizeiwagens durchstach. Die (vermummten) Einsatzkräfte der Polizei reagierten wie in solchen Fällen üblich: Mit rigorosem Knüppeleinsatz. Ein VVN-BdA-Mitglied, das versucht hatte, schlichtend einzugriffen, wurde derart verprügelt, daß es am Kopf genäht werden mußte. "Man kann es den jungen Gegendemonstranten nicht hoch genug anrechnen, dass sich sie gegen die Rechten zur Wehr setzten und ihnen zeigten, dass wir zwar in einer weltoffenen und toleranten Stadt leben, unverbesserliche Intoleranz predigende Extremisten hier aber null Toleranz erwarten dürfen. Auch die Stadtverwaltung hat keine Niederlage erlitten.... Es war wichtig Farbe zu bekennen. Trotzdem gilt es aus dem 27. Oktober auch Lehren zu ziehen. Die IG Metall und das bürgerliche Bündnis sollten ihre Strategie noch einmal überdenken. ... Es hätte ihnen gut angestanden, wenn sie sich mit der "turn left"-Demonstration solidarisiert hätten. Und wer weiß, wenn ein paar Gewerkschafter in der ersten Reihe gestanden hätten, wäre die Lage vielleicht nicht eskaliert, nachdem der Sieg bereits errungen worden war. Die Mannheimer zeigten am 1. Mai, wie man es macht." So der Kommentar des Journalisten Holger Buchwald in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 29.10.01. | |||
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