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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 3 / August 2002



34. ordentliche Landesdelegiertenkonferenz in Karlsruhe:

Für eine antifaschistische Zukunft in einer Welt ohne Rassismus, Ausbeutung und Krieg

von Elke Günter

Engagierte Diskussionen, gelegentlich kontrovers, aber durchweg solidarisch, bestimmten die 34. Ordentliche Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA am 27. und 28. April in Karlsruhe. Rund 100 Antifaschistinnen und Antifaschisten waren aus allen Teilen Baden-Württembergs ins Karlsruher Anne-Frank-Haus gekommen, um sich über künftige politische Schwerpunkte der VVN-BdA zu verständigen, SprecherInnen und VertreterInnen in den Geschäftsführenden Landesvorstand zu wählen, Anträge zu beraten, Erfahrungen auszutauschen.

Das Anne-Frank-Haus, eine Einrichtung des Karlsruher Stadtjugendausschusses, erwies sich als geradezu idealer Tagungsort. Sowohl der helle und freundliche Konferenzraum als auch die Arbeitsgruppenräume boten gute Voraussetzungen für eine entspannte Atmosphäre bei der arbeitsintensiven Konferenz. Karlsruher KameradInnen sorgten souverän und freundlich für ständigen Kaffeenachschub und belegte Brötchen.
"Für eine antifaschistische Zukunft in einer Welt ohne Rassismus, Ausbeutung und Krieg" lautete das Motto dieser Landesdelegiertenkonferenz. Ein Motto, das die Ziele, für die AntifaschistInnen seit mehr als 55 Jahren in diesem Land arbeiten, kämpfen, leben, treffend beschreibt und das der Ehrenvorsitzende der VVN-BdA, Alfred Hausser, der die Landesdelegiertenkonferenz eröffnete - wie kaum ein anderer - verkörpert. Der fast 90-jährige Widerstandskämpfer wünschte der Konferenz ein gutes Gelingen im Geist der Solidarität und gegenseitigen Toleranz wie es der antifaschistischen Tradition entspricht. Stellvertretend für die 51 Mitglieder, die die VVN-BdA seit der letzten Landesdelegiertenkonferenz vor zwei Jahren durch Tod verloren hat, würdigte Alfred Hausser die kürzlich verstorbene Karlsruher Antifaschistin Hilde Wagner, die Widerstandskämpferin Sophie Berlinghof aus Heidelberg und den Stuttgarter Widerstandskämpfer Hans Gasparitsch. Für die Kreisvereinigung Karlsruhe begrüßte deren Sprecherin Silvia Schulze die Konferenzteilnehmer. Gerhard Dürr überbachte für den Arbeitskreis Asyl in Stuttgart die guten Wünsche der Flüchtlingshilfsorganisation. Für die Bundesvereinigung der VVN-BdA sprach Jürgen Gächter.

Gemeinsamer Widerstand bahnte den Weg
Roland Netter, Regionalpräsident der ANACR, der Vereinigung der französischen Widerstandskämpfer in der Résistance, erinnerte in seinem Grußwort an die erste Begegnung seiner Organisation mit der VVN. "Vor 50 Jahren, es war Anfang Juli, habe ich zum ersten Mal als Vertreter der französischen Vereinigung der ehemaligen Widerstandskämpfer ANACR an einer VVN-Kundgebung teilgenommen. Das war in Schopfheim und anschließend in Lörrach. Und wer hatte mich damals freundlich empfangen? Alfred Hausser, mein lieber alter Freund Alfred, den ich hier und heute die große Freude habe, wieder zu treffen. Ja, liebe Kameraden, schon damals waren uns beiden Vereinigung eng verbunden und haben gemeinsam gekämpft, für eine bessere Welt, nämlich die Welt, von der wir im Kampf gegen Nationalsozialismus geträumt haben: Frieden, eine Welt ohne Waffen, eine Welt, in der der Mensch ein Bruder für seines Gleichen sein sollte... Alfred und ich, wir haben den Weg zur deutsch-französischen Freundschaft gebahnt. Wir haben nicht auf den Händedruck De Gaulle-Adenauer gewartet. Schon im Widerstand gegen Hitler waren wir Verbündete. ..."

Rechenschaftsbericht
Den mündlichen Rechenschaftsbericht des Landesvorstands hielt VVN-BdA Bundes- und Landessprecher Werner Pfennig. Das frühere Mitglied im Geschäftsführenden Hauptvorstand der IG Medien rief zu Beginn seiner Rede unter kräftigem Beifall zur Solidarität mit den streikenden Metallerinnen und Metallern auf. "Wir sind stolz auf unsere Kameradinnen und Kameraden, die im Widerstand gegen Hitler waren und die Zeitlebens gegen Krieg, Rassismus, Antisemitismus und Neofaschismus kämpfen. Wir als VVN-BdA in Baden-Württemberg freuen uns aber auch darüber, daß wir Kreise mit aktiver Jugendarbeit, wie unsere Kreisvereinigung Ortenau haben" sagte Werner Pfennig und zitierte Winston Churchill, der 1946 die deutsche Widerstandsbewegung als eine "Opposition, die zu dem Edelsten und Größten gehört, das in der politischen Geschichte aller Völker je hervorgebracht wurde" bezeichnet hatte.

Weit entfernt vom Frieden in der Welt
Die VVN-BdA habe sich in den vergangenen zwei Jahren stark für die Aktionen und Veranstaltungen der Friedensbewegung engagiert, denn "es gibt nichts Wichtigeres als den Frieden. Vom Frieden in der Welt sind wir aber weit entfernt", stellte der Redner fest. Der von US-Präsident Bush ausgerufene und zeitlich unbegrenzte "Krieg gegen den Terrorismus" kenne keine Grenzen, weder räumlich noch zeitlich, noch was das Ausmaß an Zerstörung betreffe. Er habe vor allem das Ziel, die westliche Kontrolle über die Öl- und Gastransportrouten zu sichern, Einflußsphären zu sichern und die Militärpräsenz zum Beispiel auch in der Nachbarschaft Chinas, Indiens und Russlands zu erhöhen." Scharf kritisierte Pfennig US-amerikanische Pläne zur Weltraumrüstung und Entwicklung nuklearer Minibomben. Damit erhöhe sich die Gefahr eines Atomkrieges. Die Position der VVN-BdA in diesem Krieg sei eindeutig: "Nein zum Militärfeldzug der USA! Nein zum militärischen Einsatz der Bundeswehr! Wir fordern die Bundesregierung auf, zur Einhaltung des Grundgesetzes zurückzukehren!" Entschieden wies der Bundes- und Landessprecher auch Überlegungen des Bundeskanzlers zurück, Bundeswehrsoldaten für eine internationale Schutztruppe im Nahen Osten zur Verfügung zu stellen und machte deutlich: "Israel würde es ohne den Holocaust nicht geben. Auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Mord an 6 Millionen europäischer Juden durch Nazi-Deutschland bleibt dies die historische Wahrheit, die uns Deutschen eine besondere Verantwortung auferlegt. Deutschland ist Teil der Ursache des Nahost-Konflikts und kann deshalb nicht selbst anbieten, unter Waffen Teil der Lösung des Konflikts zu werden." USA und Europa verfolgten im Nahen Osten in Konkurrenz eigene geostrategische Interessen. Dabei diene des Schicksal der Palästinenser und Israels als Vorwand. Den USA gehe es primär darum, freie Hand für den angekündigte Krieg gegen Irak zu bekommen, der EU gehe es um eigene Einflusszonen auf Kosten der USA. Die Herrschenden in Deutschland betrachteten den israelisch-palästinensiche Krieg als die Gelegenheit, die letzte Grenze zu überschreiten, die durch die Niederlage im Zweiten Weltkrieg noch existiere. Werner Pfennig trat für eine faire, sich an den UN-Resolutionen orientierenden Friedenslösung im Nahost-Konflikt ein. Für Antifaschisten sei es aber auch "unerträglich", wie selbstverständlich einige deutsche Politiker und auch Teile der Anti-Israel-Demonstanten die israelische Politik mit dem Nazifaschismus gleichsetzen.

Aktiv und gmeinsam handeln!
Der Kampf gegen Neofaschismus, Rassismus und Nationalismus gehöre weiterhin zu den Arbeitsschwerpunkten der VVN-BdA, die sich für verstärkte Aufklärung über Faschismus auf allen Ebenen in Schule und Gesellschaft einsetze, machte Werner Pfennig deutlich. Die von der Neofa-Kommission der VVN-BdA mit Unterstützung der IGM erarbeitete Ausstellung über Neofaschismus in der Bundesrepublik sei auch in Baden-Württemberg in vielen Städten mit großem Erfolg gezeigt worden. Nach wie vor gelte: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!" Das durch das "unverantwortliche Agieren des Verfassungsschutzes", der Neonazis ideologisch munitioniert und sogar finanziell alimentiert habe, gestoppte NPD Verbot müsse als "überfälliger erster Schritt" endlich durchgesetzt werden. Daß Neonazis ausgerechnet am 1. Mai in verschiedenen deutschen Städten aufmarschierten, sei kein gutes Zeichen für den Zustand unserer Demokratie und dürfe auch von den Gewerkschaften nicht hingenommen werden. Neofaschistische Bewegungen formierten inzwischen europaweit, das mache auch das erschreckende Wahlergebnis für Le Pen in Frankreich deutlich. Am Schluß seiner oft von Beifall unterbrochenen Rede, rief Werner Pfennig dazu auf, auch künftig aktiv zu handeln "in einem breiten demokratischen Bündnis, damit wir zu demokratischen Lebens- und Arbeitsformen in diesem Land kommen. Es lebe unsere VVN-BdA! Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!"
Nach dem Kassenbericht und dem Bericht der Revisionskommission, der keine Beanstandungen ergab, stand die Diskussion über die schriftlichen und mündlich gehaltenen Rechenschaftsberichte auf dem Programm. Die VVN-BdA profiliere sich ungenügend, indem sie VVN-unspezifische Themen wie z.B. Gewerkschaftsforderungen aufgreife, kritisierte ein Redner. Dem wurde mit dem Hinweis auf den Zusammenhang zwischen forciertem Sozialabbau, der Einschränkung gewerkschaftlicher und demokratischer Rechte, Militarisierung und der Zunahme rassistischer und antidemokratischer Überzeugungen in der Bevölkerung entgegengetreten. Andere Redebeiträge mahnten eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit als Bestandteil einer offensiveren Mitgliederwerbung an.
Zwischen den Diskussionsbeiträgen immer wieder Grußworte. Für den Landesverband der Freidenker Baden-Württemberg überbrachte Peter Wagner aus Stuttgart die Grüße seiner Organistion. Arno Neuber, Sprecher der DKP Baden-Württemberg bezeichnete die VVN-BdA als Kraft, die auch künftig unentbehrlich ist, weil sie "unterschiedliche Standpunkt für gemeiname Ziele zusammengeführt."
Nach dem Bericht der Mandatsprüfungskommission und der Entlastung von Kassierer und Vorstand - der einstimmig erfolgte - wurde die Diskussion in den "Arbeitsforen" fortgesetzt. Dabei standen Themen wie Jugend in der VVN-BdA, Mitgliederwerbung, Arbeit in Presse und Öffentlichkeit, Kassierung, Gedenkstätten und Geschichte auf dem Programm.

Krieg und Frieden - Zivilisation oder Barbarei
Zu einem Höhepunkt der Konferenz wurde das Gastreferat des Marburger Politikwissenschaftlers Prof. Reinhard Kühnl "Krieg und Frieden in unserer Zeit". Unmöglich, Kühnls Referat an dieser Stelle in seiner gesamten Komplexität wiederzugeben. Deshalb nur ein paar zentrale Gedanken: An die Stelle des ius ad bellum, des Rechts eines Staates jederzeit Krieg zu führen, sei nach dem 1. Weltkrieg das Verbot von Angriffskriegen getreten. Die russische Revolution hatte die Abschaffung der Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen zum Prinzip gemacht, so Kühnl. Nach der Befreiung vom Faschismus wurde in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen der Angriffskrieg als Verbrechen gegen die Menschheit gebrandmarkt. Die Grundgesetzartikel 26 und Art. 80 Strafgesetzbuch tragen dem Rechnung. Das sogenannte Gleichgewicht des Schreckens, die sichere beidseitige Vernichtung setzte dem Expansionsdrang Grenzen. Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Staatenblocks sind diese zivilisierenden Wirkungen weggefallen. "Der Zivilisierungsprozeß der letzten 200 Jahre liegt darin, daß Gewaltmaßnahmen ersetzt wurden durch Rechtsbeziehungen", betonte der Referent. Heute erlaube es die sogenannte neue Weltordnung alle Mittel einzusetzen im Namen der Freiheit, die freien Zugang auf alle Märkte und Rohstoffe meint. Symptomatisch für dieses Denken sei eine Äußerung der früheren US-Aussenministerin Albright: Warum sich ans Völkerrecht halten, wenn man die stärkste Armee der Welt besitzt? Krieg ist heute wieder zum normalen Mittel der Politik geworden. Es gilt das Recht des Stärkeren. Auf dieser Basis kann es keine friedlich Weltordnung geben. Entweder werde der Zivilisationsprozess fortgeführt, oder es drohe neue Barbarei. Es wird also darum gehen, ob es für die Menschheit überhaupt noch eine Zukunft geben kann. 1992 habe der damalige Bundespräsident Roman Herzog erklärt, seiner Meinung nach brauche man heutzutage keine Armee mehr, um sich gegen einen Aggressor zu verteidigen. Militär sei vielmehr zur Verteidigung unseres Wohlstandes notwendig. Eine, so Kühnl "geniale Kurzdefinition des Imperialismus", die Überzeugung, das Recht auf Märkte und Rohstoffe weltweit zu haben. Diese zentrale Motiv vergangener Krieg werde heute so benutzt, als wäre es etwas ganz Normales. Die Gegenkräfte sind durch den Zusammenbruch der sozialistischen Staaten und der damit einhergehenden Denunzierung alles Linken noch immer geschwächt. Dennoch gebe es Ansätze zur Formierung der Linkskräfte. So könnten Globalisierungsgegner zur sozialen Bewegung werden. Kühnl bezeichnete die anstehenden Tarifkämpfe als "ungeheuer wichtig" für eine Stärkung der Linken.
VVN-BdA Landessprecherin Anne Rieger, die die anschließende Diskussion leitete, überreichte Reinhard Kühnl als Dankeschön ein Kistchen mit Badischem Wein. Offensichtlich erfreut, bedankte sich Weinliebhaber Reinhard Kühnl für das Geschenk und forderte dazu auf, kulturelle Ressourcen und kulturelle Werte zu verteidigen, wozu auch der badische Wein gehöre. Unter dem kräftigen Applaus der Konferenzteilnehmer schlug Anne Rieger vor, Reinhard Kühnl im Herbst zu einem VVN-BdA Wochendseminar zur Vertiefung der referierten Inhalte einzuladen, was dieser auch zusagte.
Einige Empörung rief die Alterspräsidentin der Grünen, Irmgard Zecher mit ihrem Grußwort hervor, das sie dazu nutzte, den Krieg gegen Afghanistan zu verteidigen. Dieser Krieg werde auch für die Rechte der Frauen und Mädchen geführt. Im übrigen sei Joschka Fischer der beste Aussenminister, den Deutschland je hatte. Anne Rieger wies im Namen der VVN-BdA jede Rechtfertigung des Bombenkrieges gegen Afghanistan zurück und wandte sich entschieden gegen die Beteiligung deutscher Soldaten an Auslandseinsätzen.

84 Jahre Arbeit für die VVN-BdA
Zu einem emotional bewegenden Höhepunkt wurde die von Werner Pfennig vorgenommene Ehrung von Alfred Hausser für 53 Jahre Arbeit im Landesbüro und Ilse Werner, die 31 Jahre lang im VVN-Landesbüro gearbeitet hat. Beide haben mit dem Jahresende 2001 ihre ehrenamtliche Arbeit dort beendet. Alfred Hausser war am 2. Mai 1948 als Hauptamtlicher für das Aufgabengebiet Presse-und Sozialpolitik in die 1947 gegründete VVN eingetreten. Später vertrat er als Rechtsbeistand der VVN die Interessen der Verfolgten vor Gericht. In vielen Tausend Fällen konnte er die dringend benötigte Wiedergutmachung für die geschundenden Naziopfer erwirken. Ilse Werner, geborene Steinle, arbeitete bereits seit Juli 1945 als Sekretärin bei der Vorläuferorganisation der VVN, der "Rückführungstelle für ehemalige KZ-Häftlinge. 1950 verließ sie die VVN - kehrte aber 1976, nach dem Tod ihres lange pflegebedürftigen Ehemanns zur VVN, die jetzt VVN-BdA hieß, zurück. "Es ist unmöglich, so viel Engagement, so viel Standhaftikeit und Treue zu unserer gemeinsamen Sache angemessen zu würdigen", betonte Werner Pfennig, und überreichte als kleines Dankeschön beiden große Nelkensträuße. Langanhaltender Befall, der in rythmisches Klatschen überging folgte seinen Worten. "Ganz nebenbei dürfte den Beiden ein Eintrag im Guinessbuch der Rekorde in der Disziplin ehrenamtliche Arbeit zustehen. Denn Alfred macht seit seiner Pensionierung, die rein altersmäßig ihm Jahr 1977 stattgefunden haben dürfte, eben ehrenamtlich weiter. Auch Ilse macht seit vielen Jahre ihre Arbeit ehrenamtlich", sagte Werner Pfennig. Menschen wie der Ehrenvorsitzende der VVN-BdA Alfred Hausser und Ilse Werner sind es in der Tat, die die VVN-BdA geprägt haben, bis heute prägen und ausmachen.
Geselliges Beisammensein mit Liedern der VVN-Jugend Ortenau bildete den Abschluß dieses insgesamt harmonisch verlaufenen ersten Konferenztages.

Vorarbeit für die kommenden Aufgaben
Antragsberatung und Wahlen versprachen einen arbeitsreichen nächsten Konferenztag. Vor allem zum Leitantrag gab es zahlreiche Änderungs- und Ergänzungsanträge - viel Arbeit für die Antragskommission. Der Antrag des Landesvorstandes, die Satzung so zu ändern, daß künftig die Zahl der zu wählenden Sprecherinnen und Sprecher flexibel gehandhabt werden kann, fand eine breite Mehrheit. Für Diskussionsstoff sorgte der von der Kreisvereinigung Stuttgart vorgelegte Initiativantrag zum Themenkomplex Israel Palästina. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand dabei die Frage, ob die Bundesregierung aufgefordert werden solle, mittels diplomatischer und ökonomischer Maßnahmen Einfluß auf die israelische Regierung zu nehmen, die militärische Besetzung der palästinensischen Autonomiegebiete zu beenden und an den Verhandlungstisch zurückzukehren oder ob sich solche "Einmischung" vor dem Hintergrund der deutsche Geschichte verbiete. Der Vorschlag der Antragskommission, in dem es heißt: "Wir fordern die Bundesregierung auf, sämtliche Waffenlieferungen in die Region einzustellen und durch nachdrückliche Einflußnahmen auf die politisch Verantwortlichen dazu beizutragen, die terroristische, militärische und strukturelle Gewalt zu beenden" wurde schließlich bei 14 Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen. Auch der ergänzte und in einigen Punkten geänderte - aber bei weitem nicht so umstrittene - Leitantrag wurde schließlich bei zwei Enthaltungen verabschiedet. Ohne Gegenstimmen passierte nach längerer Diskussion ein Antrag zur Verbesserung der Finanzsituation, der ein Maßnahmenbündel zur Sicherung regelmäßiger Kassierung und Abrechnung enthält, die Konferenz. Einstimmig verabschiedet wurde der Antrag "Solidarität mit Mumia Abu Jamal. Schluß mit der Todesstrafe". Der schwarze Bürgerrechtler und Journalist Mumia Abu Jamal der seit 1982 wegen eines angeblich von ihm begangenen Mordes an einem Polizisten in den USA in der Todeszelle sitzt, war 1998 auf Antrag der VVN-BdA Ortenau, die sich stark in der Mumia-Solidaritätsbewegung engagiert, zum Ehrenmitglied des VVN-BdA Landesverbandes Baden-Württemberg ernannt worden. Ebenfalls einstimmig angenommen wurde ein weiterer Antrag der VVN-BdA Ortenau auf Durchführung einer Veranstaltung anläßlich des hundertsten Geburtstags des ehemaligen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer. Bauer hatte in den 50er Jahren zu den Ausnahmejuristen gehört, die konsequent die Verfolgung von NS-Verbrechern vorantrieben.

Vorstandsarbeit durch Wahlen bestätigt
Für das offene und solidarische Miteinander in der VVN-BdA sprach auch der Verlauf der Wahlen. Sowohl SprecherInnen als auch Beisitzer zum Geschäftsführenden Landesvorstand und Landesgeschäftsführer wurden in offener Abstimmung gewählt. En bloc gewählt wurden die RevisorInnen und die Mitglieder der Beschwerdekommission. Einzig bei den Wahlen zum Bundesausschuss, für die mehr Kandidaten als Plätze zur Verfügung standen, wurde geheime Wahl beantragt.


Gewählt wurden:

Landesspecher/in Anne Rieger (Rems-Murr)
Reinhard Hildebrand (Ludwigsb.)
Werner Pfennig (Stuttgart)
Kassierer Bernhard Mainz (Heilbronn)
Geschäftsführer Dieter Lachenmaier (Stuttgart)
Beisitzer/innen im GLV Dieter Fehrentz (Heidelberg)
Janka Kluge (Stuttgart)
Ewald Ressel (Ludwigsburg)
Helmut Woda (Karlsruhe)
Mitglieder im Bundesausschuss Werner Pfennig (Stuttgart)
Reinhard Hildebrandt (Ludwigsbg)
Paul Bauer (Ortenau)
Nachrücker/in im Bundesausschuss Esther Bross (Ortenau)
Reinhard Neudorfer (Rems Murr)
Markus Merkl (Ortenau)

Bei einer Enthaltung beschloß die Konferenz eine Solidaritätsadresse an die streikenden Kolleginnen und Kollegen der IG Metall, in der der Tarifkampf um mehr Lohn und Gehalt als wichtiger Schritt bezeichnet wird, um den seit Jahren stattfindenden Umverteilungsprozeß von unten nach zu stoppen. Sie verspricht darin: "Die VVN-BdA Baden-Württemberg wird den anstehenden Arbeitskampf mit all ihren Kräften unterstützen." Als Zeichen der internationalen Solidarität und Verbundenheit mit den französischen Kameradinnen und Kameraden verabschiedete die Konferenz ebenfalls einstimmig ein Schreiben an die ANACR, in der sie "die gemeinsame Verantwortung gegen die politische Rechtsentwicklung in unseren beiden Ländern mit zunehmenden Rassismus und Antisemitismus" betont. Weiter heißt es darin: "Mit Aufmerksamkeit und Sympathie verfolgen wir die anhaltenden Protstaktionen vor allem junger Menschen gegen Le Pen..."
Zum Schluß bedankte sich VVN-BdA Landessprecherin Anne Rieger bei Hans Adamo, der aus dem Geschäftsführenden Landesvorstand ausschied. Blumen und ein Dankeschön auch für die Karlsruher Kameradinnen und Kameraden für die ausgezeichnete Organisation der Konferenz. Am Ende der Konferenz stand - wie bestimmt bei sämtlichen 33 Landesdelegiertenkonferenz zuvor - das gemeinsam gesungene Moorsoldatenlied. Diesmal auf dem Akkordeon begleitet von GLV-Mitglied Dieter Fehrentz aus Heidelberg. Auch dies eine bewegende und verbindende Tradition, auch wenn's bei einigen KonferenzteilnehmerInnen mit dem Text happerte.
Der Verlauf dieser 34. Ordentlichen Landesdelegiertenkonferenz hat deutlich gemacht: VVN-BdA zeigt sich im 55. Jahr ihres Bestehens als gefestigte, in sich geschlossene Organisation, die nach außen ausstrahlt. Sie ist - dies geht auch aus den schriftlichen Grußworten hervor - eine bewährte und angesehene Kraft in zahlreichen Bündnissen.

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