VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 03.08.2002
antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 3 / August 2002



Mannheim:

Keine Nazis in Mannheim und nirgendwo

von Elke Kammigan

Es war beindruckend: Als die Nazis am 1. Mai um 17 Uhr au dem Seckenheimer Rathausplatz in Mannheim eine Kundgebung durchführen wollte, läuteten die Glocken der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam laut und eindringlich: Protest. Die Kundgebung der NPD erstickte im Glockengeläut.

Unter dem Motto "Keine Nazis in Mannheim, in der Region, nirgendwo" hatte ein breites Bündnis aus rund 60 Organisationen, darunter DGB, Kirchen, Arbeiterwohlfahrt, Naturfreunde, VVN-BdA, Jugendzentrum, SPD, Grüne, DKP und PDS zum Protest gegen die NPD-Kundgebung aufgerufen - nachdem das Verwaltungsgericht zugunsten der NPD entschieden hatte. Auch der von der Stadt angerufene Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte den NPD-Aufmarsch genehmigt. Begründung: Eine Versammlung dürfe "nicht nicht schon deswegen verboten werden, weil grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage gestellt werden". Für den Mannheimer DGB-Vorsitzende Max Nagel eine "unsägliche" Begründung. "Aus welchem Grund will man dann die NPD verbieten?", so Nagel. "Wir wollen die braunen Horden nicht ... nirgendwo!" Oberbürgermeister Widder verwies darauf, daß die Stadt alle Rechtsmittel ausgeschöpft habe und auch künftig nicht anders handeln werde: "Diese Ewiggestrigen müssen wissen, dass sie in Mannheim nicht willkommen sind."
Bereits im Vorfeld der neofaschistischen Provokation am 1. Mai hatten zahlreiche Verbände, Organisationen und Parteien auf allen Plätzen Mannheims Mahnwachen, Kundgebungen u.a. angemeldet und auch genehmigt bekommen. So erwarteten die unter gewaltigem Polizeiaufgebot anmarschierenden rund 200 NPD-ler auf dem Rathausplatz in Mannheim-Seckenheim, wo sie ihre Kundgebung durchführen wollten, bereits mehr als 1000 Menschen aller Generationen. Auch viele EinwohnerInnen des Stadtteils waren gekommen. Versuche, die NPD bereits am Bahnhof zu stoppen wurden von der Polizei gewaltsam verhindert. Die Polizeibeamten setzten damit die Anweisung des Baden-Württembergischen Innenministers, "das Recht auf Demonstrations- und Kundgebungsfreiheit" für die NPD durchzusetzen, um. So etwas wie im vergangenen Jahr, als den Nazis ihr Aufmarsch in Mannheim durch Sitzblockaden von Antifaschisten verhagelt wurde, dürfe es nicht noch einmal geben, erklärte Innenminister Schäuble.
Allzu angenehm dürfte den NPD-Anhängern ihr mit Polizeigewalt durchgesetzter Umzug vom Bahnhof in Mannheim-Seckenheim zum Rathausplatz trotzdem nicht in Erinnerung geblieben sein. Nicht nur, daß sich ihnen zahlreiche, vor allem junge Menschen, immer wieder entgegenstellten, die dann von der Polizei auseinandergetrieben wurden. Auch einige Anwohner ließen es sich nicht nehmen, die Braunen angemessen zu begrüßen und schütteten in den engen Seitenstrassen gleich eimerweise Wasser aus den Fenstern. Am Vormittag war es in Ludwigshafen - wo die NPD ebenfalls eine Kundgebung angemeldet hatte - gelungen, den Naziauftrieb am Hauptbahnhof zu stoppen. Mit Hilfe eines massisven Polizeiaufgebots konnte die NPD später im Ludwigshafener Stadtteil Mundenheim marschieren. Nachmittags waren sie dann nach Mannheim-Seckenheim weitergefahren. Auf dem vor Menschen wimmelnden Rathausplatz machten der DGB-Kreisvorsitzende Max Nagel, der auch SPD-Landtagsagebordneter und Vorsitzender des Innenauschusses des baden-württembergischen Landtags ist, der PDS-Bundestagsabgeordnete Winfried Wolf, Grünen-Stadtrat Raufelder, der Personalratsvorsitzende der Stadt, Klaus Dollmann, der ehemalige SPD-Kreisvorsitzende Falkenberg, die SPD-Kreisvorsitzende Helene Heberer, Industriepfarrer Huhn, der Sprecher des Friedensplenums Mannheim, Mathias Kohler, die VVN-BdA-Sprecher Egon Knapp und Elke Kammigan, Betriebsräte, Vertreter verschiedener Organisationen das Anliegen der versammelten Antifaschisten in kurzen Worten deutlich: "Wir wollen kein Nazis in Mannheim, nirgendwo."
In den Seitenstrassen und der Umgebung von Seckenheim wurden zwölf Hundertschaften der Polizei in Bereitschaft gehalten. Kurz vor Ende des Glockengeläuts der beiden Kirchen, brausten etwa 35 Polizeifahrzeuge mit Mainzer Kennzeichen, unter ihnen viele Mannschaftswagen in den Vorort. Die Polizisten sprangen ab, im Laufschritt ging es zum Kundgebungsplatz, dann Richtung Neckar. Warum, und was das Ganze sollte, wußte niemand. Nach 15 Minuten zogen sie wieder ab. Von den Demonstranten, die dies als Provokation empfinden mußten, reagierte niemand. Der Protest gegen die NPD endete, nachdem die Nazis unverrichter Dinge in Bussen weggebracht worden waren, so friedlich wie er begonnen hatte.
Durch den Zusammenhalt so vieler unterschiedlicher Organisationen, durch die Hilfe und Solidarität der beiden Kirchen in Mannheim-Seckenheim war dieser Protest so erfolgreich. Vor allem dem mutigen Handeln der Kirchenvertreter gebührt Dank. Es hat sich gezeigt: Ein breites Bündnis gegen die alten neuen Nazis ist möglich, wenn die unterschiedlichen Einzelinteressen, die zweifellos vorhanden sind, hinter dem gemeinsamen Ziel, ihre Aufmärsche und Kundgebungen zu verhindern, zurück gestellt werden.

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