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Nummer 4 / Oktober 2002



Simmenverluste für den rechten Rand:

Stoiber stiehlt Schill und Schlierer die Schau

von Elke Günther

Um vorherzusagen, daß die Reps bei dieser Bundestagswahl keinen Stich machen würden, mußte man nicht gerade mit hellseherischen Gaben ausgestattet sein: Warum sollte auch, wer Stoiber kriegen kann, sein Kreuz bei Schlierer machen?
Die ebenso heftigen wie langwierigen internen Auseinandersetzungen sorgten auch im Ultra-Rechts-Spektrum für ein nicht sonderlich attraktives Erscheinungsbild, so daß den Reps selbst die "Überzeugungswähler" wegblieben. So war's nicht weiter verwunderlich, daß sie auch in ihrem Stammland Baden-Württemberg massive Verluste einfuhren. Hatten sie 1998 die 5-Prozent-Hürde um einen Prozentpunkt verfehlt, so landeten sie 2002 weit abgeschlagen bei 1,1 Prozent. Kräftige Reps-Verluste auch in den Hochburgen: Heilbronn 1,7% (1998: 6,4%), Zollernalb-Sigmaringen 1,7 (1998: 5,5%), Nürtingen 1,6% (1998: 5,2%), Göppingen 1,6% (1998: 5,2), Biberach 1,5% (1998: 7%), Esslingen 1,4% ((1998: 4,4%), Tübingen 1,4% (1998: 4,8%), Stuttgart II 1,3% (1998: 4,5%), Ludwigsburg 1,3% (1998: 4,4%), Schwäbisch Hall-Hohenlohe 1,3% 1998: 6,3%), Backnang-Schwäbisch Gmünd 1,3% (1998: 6,1%), Waiblingen 1,2% (1998: 4,6%), Aalen-Heidenheim 1,2% 1998: 5,3%). Bundesweit kamen die Reps auf 0,6% und das reicht leider aus, um in den Genuß der Wahlkampfkostenerstattung zu kommen.
Die sogenannte Rechtsstaatliche Offensive des Rechtspopulisten Ronald Schill blieb mit 0,8% ebenfalls deutlich unter dem Hamburger Ergebnis. Immerhin: wären weder Reps noch Schill angetreten, hätt's vermutlich für Stoiber gereicht. Doch zurück zu den gesicherten Ergebnissen. Während die Reps bundesweit verloren, konnte die Neonazipartei NPD trotz Spitzelaffären um insgesamt 0,1% zulegen. In absoluten Zahlen macht das 88 301 Stimmen mehr als 1998. Insgesamt kam die NPD auf 0,4%. Damit wurde zwar das anvisierte Ziel von 0,5%, womit die Wahlkampfkostenerstattung verbunden gewesen wäre, verfehlt. Dennoch sind die Stimmzuwächse für die NPD, die im Osten der Republik erzielt wurden, kein Pappenstiel. Am Schlimmsten sieht es in Sachsen aus: In Freiberg konnten sie sich von 1,1% 1998 auf 2,2% steigern, in Annaberg kamen sie gar von 0,9% 1998 auf 2,3%. Nicht unerhebliche Stimmenzugewinne für die Neonazis auch in Brandenburg: In Frankfurt/Oder steigerten sie sich von 1,2% 1998 auf 1,8%, in Elbe-Elster von 0,5 auf 1,7% 2002, in Märkisch-Oberland von 0,7 auf 1,5%, in Brandenburg-Havel von 0,5 auf 1,4%. Dasselbe Bild in einigen Wahlkreisen Sachsen-Anhalts: So steigerte sich die NPD in Burgenland von 0,5 auf 1,5%, im Mansfelder Land von 0,3% auf 1,2 und in Berberg von 0,3 auf 1,1%. In Thüringen kam die NPD in einigen Wahlkreisen, in denen sie zum ersten Mal antrat aus dem Stand auf 1,6% (Gera) bzw. 1,3% (Greiz/Altenburger Land).
Der Neonazi-Partei gelang es, in den von massivster Arbeitslosigkeit betroffenen Wahlkreisen im Osten vor allem mit scheinbar kapitalismuskritischen Aussagen zu punkten.
Ein wesentlicher Grund für das relativ schlechte Abschneiden von Reps und Rechtsstaatlicher Offensive besteht darin, daß deren klassische Themen, Kriminalitätsbekämpfung, Einwanderung, Asyl, entweder keine wesentliche Rolle in diesem Wahlkampf gespielt haben, oder aber erfolgreich von der CDU/CSU abgedeckt wurden. Außerdem boten die Ultrarechtsparteien infolge ihrer Zersplitterung und ihres nicht eben charismatischen Führungspersonals ein wenig attratives Erscheinungsbild.
Als Grund zur Beruhigung taugt das verhältnismäßig schlechte Abschneiden der ultrarechts-Parteien nicht. Denn rechtsextreme Einstellungen nehmen in der Bevölkerung derzeit eher zu als ab. Sie konnten von den erwähnten Parteien diesmal nur nicht oder unzureichend mobilisiert werden. Nach einer erst vor kurzem vorgelegten wissenschaftlichen Studie sind insbesondere antisemitische Vorurteile weit verbreitet. So stimmen 31 Prozent der Westdeutschen der Äußerung zu, daß "der Einfluß der Juden zu groß" sei. Noch vor vier Jahren waren "nur" 14 Prozent dieser Meinung. In Ostdeutlich sind übrigens deutlich weniger Menschen, nämlich 8% dieser Ansicht. (1991 waren es gerade 2%.)

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