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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 1 / Januar 2003



Es gibt keine Mehrheit für Krieg. Nirgendwo.

Für den Frieden auf die Strasse!

von Dieter Lachenmayer

Auf Druck der USA hatte die UNO den Irak ultimativ aufgefordert, binnen 3 Wochen eine genaue und vollständige Erklärung zu allen Rüstungsprojekten vorzulegen. Für den Fall, daß der Irak eingenaueste Angaben über seine Rüstungsprogramme vorzulegen. Der Irak darin etwas verschweige wurde mit ernsten Konsequenzen gedroht. Am 8. Dezember lieferte die irakische Regierung ihren Bericht: 12000 Seiten und 12 CDs (Datenträger mit hoher Kapazität). Nun ist es auch wieder nicht recht.

"Bis jetzt haben wir noch nicht den grundliegenden Wandel in Taten und Worten gesehen, den die Welt verlangt", kommentierte US Präsident Bush. Und der außenpolitische Chefkommentator der Stuttgarter Zeitung sekundiert ihm wie bestellt: "12000 Seiten natürlich eng beschrieben und in arabischer Schrift ... Nur Ärger und Zeitverlust. ... Die Weltmacht wird sich aber in ihren Zeitplänen nicht von den Vereinten Nationen aufhalten lassen. Niemand soll glauben, daß die UN jetzt monatelang Saddams Liste prüfen könnten ..." (StZ, 9.12.02)

Wollen ist nicht können
Wenn es also gar nicht darauf ankommt, was die Prüfung dieser Liste ergibt, dann kommt es auch nicht darauf an, welche Waffen der Irak hat oder entwickelt, was der Irak tut oder läßt, ob er die Menschenrechte achtet oder verachtet. Es kommt auch nicht darauf an, was die UNO beschließt oder nicht beschließt sondern nur auf eines:
Sind die USA in der Lage, diesen Krieg zu führen oder können sie daran gehindert werden? Dass die im wesentlichen von der US-Ölindustrie getragene (und bestellte) Bush-Regierung diesen Krieg um fast jeden Preis führen will, daran hat sie bislang keinen Zweifel gelassen. Die Frage, ob sie ihn auch führen kann ist aber noch immer offen.
Zum Krieg entschlossen sind die USA seit einem Jahr. Seither suchen sie in wechselnden Szenarien nach Unterstützung.
Plan A: Zunächst planten sie eine Art Neuauflage des Golfkrieges von 1991: Der Führer der freien Welt an der Spitze einer Antiirak Koalition, die sich zur Wiederherstellung ihrer selektiven Wahrnehmung des Völkerrechtes selbst ermächtigt.
Aber die extra geschaffene sogenannte Koalition gegen den Terror, erwies sich schnell als dafür untauglich. Bis heute bekennen sich die arabischen Staaten nicht zum Aufmarschgebiet. Plan B: Auch ihre etwas zuverlässigere Kleinausgabe, die bewährten Verbündeten der NATO-Staaten zeigten sich unwillig: Zwar wurde zum ersten Mal in der Geschichte der NATO der "Bündnisfall", also der casus belli der NATO ausgerufen (und bis heute nicht aufgehoben), aber die Vorstellungen über Art und Ziel des Krieges stellten sich als durchaus unvereinbar heraus. Während die europäischen Nato-Staaten noch einigermaßen interessiert zum Hindukusch auf dem eurasischen Kontinent blickten, waren sie für einen us-amerikanischen Beutezug auf's arabische Öl mehrheitlich nicht zu begeistern.
Plan C läuft zur Zeit noch: Die Bündnispartner, die außerhalb der UNO nicht zu gewinnen waren, sollten nun durch die Einbindung der UNO zu einem Krieg im Namen des Völkerrechts gezwungen werden. Die "Völkergemeinschaft", d.h. der 15 Staaten umfassende Sicherheitsrat, wurde mit der Resolution 1441 zur Kumpanei gepresst. Er verabschiedete ein Ultimatum gegen den Irak, das einerseits so gut wie unmöglich zu erfüllen ist und dessen nur leicht getarnt eingebaute Kriegsautomatik andererseits den Mitgliedern des Sicherheitsrates jeden Vorwand zur Kriegsenthaltung nehmen soll. Diese Variante der Kriegsrechtfertiggung und Unterstützung ist noch nicht letztlich gescheitert. Aber mit der vorzeitigen Erfüllung aller als unerfüllbar gedachten Auflagen durch den Irak wird sein Erfolg schon mal in Frage gestellt. Und mit Sicherheit gibt es einen
Plan D: Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung stellte ihn am 9.12. im Neuen Deutschland vor: "In türkischen Medien heißt es, daß die USA 100000 bis 150000 Soldaten in der Türkei stationieren wollen und auf einen Einsatz von 40000 türkischen Soldaten drängen. Als Gegenleistung würde die Türkei Finanzhilfen der USA im Umfang von bis zu 25 Milliarden Dollar erhalten. Gleichzeitig laufen Verhandlungen mit den irakischen Kurden, daß sie sich zumindest neutral verhalten."

Die USA sind willig, die Unterstützung schwach
Die Vielzahl dieser Kriegs- und Kriegsrechtfertigungsszenarien macht nur eines deutlich: Die Unterstützung, die sie für ihren Krieg wollen und brauchen haben sie noch nicht gefunden. Der Grund, warum es Bush und seine Kriegsfreunde so schwer haben ist einfach zu benennen: In keinem bekannten Land der Welt unterstützt eine Mehrheit der Bevölkerung diesen Krieg! Aber in vielen Ländern der Welt gibt es starke Bewegungen gegen den Krieg - auch in den USA. Und in vielen Ländern sind diese Bewegungen auch in der Lage, die Haltung ihrer Regierung zu beeinflussen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland.

Deutschland - wichtiger Faktor im Kriegskalkül
Gerade in unserem Land hat die Verweigerung jeder Kriegsunterstützung besonders viel Gewicht. Deutschland ist nicht nur die stärkste Wirtschafts- und Militärmacht Europas. Die Bundesrepublik ist auch eine nahezu unentbehrliche Drehscheibe für einen US-Krieg am arabischen Golf. Kommandozentralen wie das EUCOM in Stuttgart, Militär-Flughäfen wie Frankfurt, Ramstein und Spangdahlem, die US-Truppen in den Süddeutschen Kasernen - sie alle sind wichtige Bausteine in der US-Kriegsplanung.
Noch hält die Bundesregierung zumindest verbal an ihrer Verweigerung der Kriegsbeteiligung fest. Das ist hilfreich. Dennoch sollte sich niemand Illusionen darüber machen, wie ernst gemeint und wie langlebig die Kriegsablehnung der Bundesregierung sein wird. Wir wissen und sehen, daß den Worten keine oder die falschen Taten gefolgt sind:
  • Entastung der US Armee in Afghanistan
  • Zusicherung der Überflugrechte und der Bewegungsfreiheit der US-Truppen.
  • Verbleib der Panzer in Kuweit und der Schiffe am Horn von Afrika.
  • Aufbauhilfen für nach dem Krieg wurden ebenfalls bereits in Aussicht gestellt.
    Im Augenblick geht es um eine weitere Aufweichung der Kriegsablehnung: Mit den Feuerleitflugzeugen AWACS und ihren deutschen Besatzungen ist eine offene deutsche Kriegsbeteiligung offiziell angefragt. Die Entscheidung darüber, wird zeigen, ob die rot-grüne Regierung wenigstens optisch bei ihrem Wort bleiben wird.

    Der politische Druck entscheidet
    Aber wie auch immer: jede Regierung auch die unsrige ist empfindlich für Druck. Es kommt nur darauf an, von welcher Richtung er mit welchem Nachdruck ausgeübt wird. Die USA und die innerdeutsche Kriegslobby, vertreten von der CDU/CSU, der FDP und manchem Hintergrundstrategen auch in den Reihen der Regierungsparteien arbeiten mit Volldampf daran, daß die Regierung "in die richtige Richtung" (Schäuble) umfällt.
    Die Aufgabe der Antikriegsbewegung ist es in den nächsten Wochen, diese Richtung zu ändern. Dafür müssen wir ganz einfach nur mehr Druck organisieren als Schäuble und Co. Ganz einfach? Nein, einfach wird es nicht werden. Aber noch ist es einer internationalen Antikriegsbewegung möglich, den Krieg zu stoppen.
    Laßt uns hier im Land weiterhin unseren Beitrag dazu leisten.


    Samstag 8, Februar 2003
    München, 12 Uhr Marienplatz

    Demo und Kundgebung
    gegen das Treffen der Welt-Kriegselite

    Nein zum Krieg gegen den Irak!
    Eine andere Welt ist möglich!

    Fahrtgelegenheiten aus allen größeren Städten, Infos bei jeder Friedensgruppe oder bei der VVN-BdA.


    Samstag. 15. Februar 2003
    Berlin

    Demo und Kundgebung zum europaweiten
    Aktionstages gegen den Krieg


    Friedensnetz BaWü / Friedensratschlag / Friedenskooperative


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