VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 01.11.2003
antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 4 / Oktober 2003



Abschied von einem unbeugsamen Antifaschisten:

Dank an Alfred Hausser!

von Reinhard Hildebrandt

Am Dienstag, den 12. August 2003 verstarb kurz vor seinem 91. Geburtstag unser Kamerad Alfred Hausser.

Alfred, seit seiner Jugend in den Organisationen der Arbeiterbewegung aktiv, stellte sich schon Ende der Weimarer Republik dem aufkommenden Faschismus entgegen. Nach der Machtübertragung an Hitler setzte er seine politische Arbeit als Kommunist in der Illegalität im Ruhrgebiet und in Sachsen fort, bevor er am 20. Dezember 1934 verhaftet wurde. Es folgten zehn Jahre Haft in verschiedenen Gefängnissen und Zuchthäusern. Dabei musste er unter anderem für die Firma Bosch Zwangsarbeit leisten. Das Kriegsende erlebte er in Wolfenbüttel ganz direkt als Befreiung.
Von da an engagierte er sich von seiner Heimatstadt Stuttgart aus für die Belange der ehemaligen Verfolgten - in der Organisation der VVN auf Landes- und Bundesebene, im Kampf um die Entschädigung für deutsche NS-Verfolgte und später in der "Interessengemeinschaft der ehemaligen Zwangsarbeiter".

Wer, wenn nicht wir?
Mehrere hundert Menschen aus ganz Deutschland erwiesen ihm bei der Trauerfeier am 22. August auf dem Stuttgarter Pragfriedhof die letzte Ehre.
Christoph Jetter, Sprecher der "Interessengemeinschaft ehemaliger Zwangsarbeiter unter dem NS-Regime", würdigte bei der Trauerfeier in der Hauptansprache die Verdienste von Alfred Hausser: "In der Stunde des Abschieds von Alfred lautet mein erstes Wort ‚Dank' - Dank an Alfred Hausser. ... Nicht nur diejenigen, die ihm in engstem Sinne nahe standen, sondern eine unüberschaubare Zahl von Menschen - Weggefährtinnen und Weggefährten aus Widerstand, Verfolgung und antifaschistischer Arbeit, Kameradinnen und Kameraden, Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen, Genossinnen und Genossen, Mitstreiter und Bündnispartner, Menschen ganz anderer Lebens- und Weltanschauung ... nicht zuletzt jene Ungezählten, die sich als NS-Opfer, als deren Angehörige oder als Opferorganisation aus vielen Ländern mit der Bitte um Rat, Hilfe und Vertretung an ihn gewandt haben - sie und wir alle verdanken Alfred Hausser unermesslich viel. ...
Alfred Hausser meinte nicht nur, er lebte, was er mit den Schlussworten seiner Rede zum 50. Jahrestag der Befreiung in Karlsruhe ausgesprochen hat: ‚Wer sollte heute den Schwur von Buchenwald erfüllen, wenn nicht wir, die heute (hier) versammelt sind. Ich wünsche mir und uns, dass die Losung Nie wieder Faschismus - nie wieder Krieg so lebendig bleiben möge, wie es die Losungen der französischen Revolution Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit heute noch sind. Alfred hat Brüderlichkeit gelebt, nachdem oder gerade weil er deren unmenschliches Gegenteil - die Wirklichkeit des deutschen Faschismus - erlebt hat. Brüderlichkeit - die Gesellschaft der Freien und Gleichen, für sie hat er gelebt, sie war seine Zukunftsvision.

Die Würdigung von
Alfred Haussers Leben
findet sich in der Dokumentation
"Nur wer sich selbst aufgibt,ist verloren",
Alfred Hausser zum 90. Geburtstag, hrsg. VVN-BdA 2002, 116 S. (Großformat) ISBN 3-00-010201-9. Das Buch ist zum Preis von 12,50 Euro über die Landesgeschäftsstelle in Stuttgart oder im Internet im Shop der VVN-BdA erhältlich.
Hausser Herzlichen Dank
für die vielen Beweise aufrichtiger Anteilnahme. In den schweren Stunden des Abschieds von
Alfred Hausser
durften wir noch einmal erfahren, wie viel Freundschaft und Wertschätzung ihm entgegen gebracht wurde.
Die Wärme der erfahrenen Solidarität hat gezeigt, welch hohen Stellenwert die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten hat. Das Versprechen vieler, in einem Sinne weiter zu machen, zeigt, dass Alfred nicht vergessen wird. In unserem Herzen lebt er weiter. Für die junge Generation wird sein Leben für Frieden, Sozialismus und die Werte des Antifaschismus Vorbild bleiben.
Ilse Werner

Antifaschisten müssen Zusammenstehen
Schon damals (1945) zog Alfred Hausser aus der Niederlage der zerstrittenen Arbeiterbewegung des Jahres 1933 jene Lehre, die zu seiner konsequent durchgehaltenen Handlungsmaxime werden sollte: ‚Antifaschisten müssen über Parteigrenzen hinweg zusammenstehen!" Die Ausstrahlungskraft seiner Glaubwürdigkeit verschaffte ihm die Fähigkeit, antifaschistische Bündnisse zu schließen und sie oft über Jahre lebendig zu erhalten. Ihre Verlässlichkeit bezogen sie aus der Achtung vor der jeweiligen Überzeugung des Anderen. ...
Das Kraftzentrum seiner Lebensarbeit war - in über 50 Jahren haupt- und ehrenamtlicher Tätigkeit - die VVN, in der sich zunächst die Überlebenden aus Lagern, Zuchthäusern und Widerstand, bald auch Antifaschistinnen und Antifaschisten der nachfolgenden Generationen zusammenschlossen. ...In den ersten Jahren von Alfreds unentwegtem Einsatz vom Stuttgarter VVN-Büro aus überragte ohne Zweifel das Thema ‚Wiedergutmachung'. Dabei bewältigte er bis ins hohe Alter ein riesiges Pensum mit Besprechungs- und Verhandlungsterminen, mit Sprechstunden für Betroffene, mit Beratungen, mit der Anfertigung von Schriftsätzen, Besprechungsnotizen und dem unerlässichen Akten- und Literaturstudium. ...

Gerechtigkeit für die Opfer
‚Die Wiedergutmachung ist eine menschliche, politische, moralische und rechtliche Pflicht', hatte die VVN auf ihrem Gründungskongress postuliert - Alfred gehörte zu denen, die an der Einlösung dieser Verpflichtung durch die staatlichen Instanzen unermüdlich gearbeitet haben - mit hoher, von Richtern, Anwälten und Behördenvertretern anerkannter Sachkenntnis - und mit Leidenschaft. Denn: Es ging ihm um Gerechtigkeit, um eine - soweit eben noch erreichbar - den Opfern und ihren Leiden gerecht werdende Antwort auf das ihnen zugefügte Unrecht. Alfred Hausser war einer der großen Anwälte der Opfer des Naziregimes.
Dieses leidenschaftliche Engagement nahm Alfred Hausser 1986 mit der von ihm initiierten ‚Interessengemeinschaft ehemaliger Zwangsarbeiter unter dem NS-Regime' nochmals auf. Die Zeit schien reif: Eine neue Generation von Historikern, junge Politikerinnen und Politiker in und um die GRÜNEN und in der SPD, Geschichtsinitiativen, kirchliche Gruppen, auch internationale und nationale Opferorganisationen wie die Claims-Conference und der Kölner ‚Bundesverband Beratung und Information für NS-Verfolgte', zu dessen Gründungsmitgliedern Alfred gehörte - sie machten auf die ‚vergessenen Opfer' aufmerksam: auf Zwangssterilisierte, Homosexuelle, sog. Asoziale, auf die Opfer der Militärjustiz und eben auch auf das Heer der noch lebenden ehemaligen Sklavenarbeiterinnen und -arbeiter. ...

Gegen das Vergessen!
Sein Bemühen um Wiedergutmachung und Anerkennung der Opfer war nicht zuletzt Ausdruck seiner aufrüttelnden Geschichtsarbeit ‚Gegen das Vergessen', gegen das Verschweigen der NS-Vergangenheit, der Täter und ihrer Untaten, der Ursachen des Wegs in den Faschismus. Alfreds jahrelange Mitwirkung an den alternativen Stadtrundfahrten in Stuttgart, seine Diskussionen mit Schülern und Jugendgruppen, auch die aktive Unterstützung der Jugendarbeit der VVN-BdA seien hier wenigstens erwähnt - ebenso seine enge Verbindung zum ‚Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg' in Ulm oder zum ‚Studienkreis deutscher Widerstand' in Frankfurt. Das ‚Nie wieder' und das ‚Wehret den Anfängen' verlangte für Alfred unerlässlich nach geschichtlicher Ursachenforschung und Offenlegung der historischen Hintergründe.
...In Luginsland nun ist Alfred Hausser am Dienstag vergangener Woche gestorben. Wer die Geschichte der Stuttgarter Arbeiterbewegung kennt, weiß um die Symbolkraft des Namens dieser traditionsreichen Arbeitersiedlung. Um nur zwei Namen zu nennen: Dort ist Willi Bleicher geboren und aufgewachsen, in engster Nachbarschaft und Freundschaft mit der von den Nazis fast vollständig ausgerotteten Widerstands-Familie Schlotterbeck. Luginsland ist im Grunde eine große Gedenkstätte des antifaschistischen Widerstandes der Stuttgarter Arbeiterbewegung. An diesem, auch seiner Lebensgeschichte würdigen Ort, hat Alfred die Augen für immer geschlossen. Vielleicht hat ihn der Nachklang der Lieder aus der Arbeiterbewegung, die ihm die Kameradinnen und Kameraden aus der Ortenau einige Tage zuvor gesungen haben, noch begleitet - ‚... hell aus dem dunklen Vergangnen leuchtet die Zukunft hervor.'
Alfred Haussers Tod bedeutet, wer wollte es leugnen, den Verlust eines Vorbildes an Unbeugsamkeit, solidarischer Lebenspraxis und großherziger Menschlichkeit. Aber es bleibt uns der Reichtum, den die tiefen Spuren seines politischen Wirkens hinterlassen, es bleibt die unauslöschliche Erinnerung, es bleibt Alfreds Vermächtnis, dessen wir uns würdig erweisen wollen."

Nicht jeder ist ersetzbar
Werner Pfennig, Bundes- und Landessprecher der VVN-BdA, würdigte Alfreds Persönlichkeit:
"Jeder ist ersetzbar. Der Kampf geht weiter. Das stimmt. Aber das stimmt auch nicht. Nicht jeder ist ersetzbar. Und der Kampf hat immer nur das Gesicht und das Herz des Menschen der kämpft. Und wir haben den Kampf gemocht, der dein Gesicht hatte und dein Herz ... Was wir von dir gelernt haben ... ist, dass Gerechtigkeit und Solidarität Güte und Liebe sein müssen. Und dass Güte und Liebe Freiheit sein müssen und dass der Kampf um Gerechtigkeit und Frieden nicht ohne Güte und Liebe geführt werden kann. ...
Alfred Hausser war Mitbegründer unserer Organisation, der VVN-BdA - die sich aufs Banner geschrieben hat, alles dafür zu tun, dass nie wieder Faschismus und Krieg das Leben des deutschen Volkes bestimmen und dass von Deutschland aus nie wieder die Bedrohung anderer Völker ausgehen darf.
Alfred war von 1961 - 1992 Landesvorsitzender der VVN und gehörte seit Anfang der 60er Jahre bis 1990 dem Präsidium der VVN-BdA auf Bundesebene an. Mit ganzer Kraft setzte er sich schon früh für die Öffnung und Verjüngung der VVN ein. Er widmete sich aber auch jahrzehntelang der täglichen Kleinarbeit im Büro gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ilse Werner. Erst hauptamtlich und dann mit gleicher Intensität ehrenamtlich
. Anfang der 60er Jahre hatte er durch seinen mutigen Einsatz als Mitglied der Prozesskommission im Zusammenhang mit dem Verbotsantrag der Bundesregierung ein Verbot der VVN verhindert. ... Seit 1994 Ehrenpräsident, wurde er im letzten Jahr auf dem Vereinigungskongress in Berlin zum Ehrenpräsidenten gewählt, gemeinsam mit Kurt Goldstein.

Der Staffelstab ist weitergegeben
Vieles auch von dem, was heute nicht gesagt werden kann, wollen wir weiter in den Köpfen und Herzen bewegen und als Aufgaben wahrnehmen, wie man einen Staffelstab weitergibt im Sinne des Schwurs von Buchenwald vom 19. April 1945.
‚Eine Gesellschaftsordnung, die keine Kriege verhindert, sondern produziert, die die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer macht, kann nicht das letzte Wort auf die Herausforderung der Geschichte sein', sagte Alfred. Dafür trat er sein Leben lang ein.
Jura Soyfer, junger österreichischer Sozialist, Schriftsteller und Autor des Dachau-Liedes, 1939 in Buchenwald ermordet, schrieb:

Wir sind das schlecht entworfene Skizzenbild
des Menschen, den es erst zu zeichnen gilt.
Ein armer Vorklang nur zum großen Lied.
Ihr nennt uns Menschen ?
Wartet noch damit !

Auf Alfred haben alle gehört: alte und junge Menschen, er hatte und war eine große Autorität. Noch in seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im letzten Jahr brachte er dies vehement zum Ausdruck. Noch im hohen Alter hatte er die Gabe, Fragen auf ihren Kern zuzuspitzen und Antworten einzufordern. Vor allem war er ein liebenswerter Mensch. Alfred Hausser ist nicht mehr. Wir haben keinen Trost für eine andere Welt. Wir wollen Gerechtigkeit und Frieden für die Lebenden."

Für eine gerechte Gesellschaft
Für die Gewerkschaftsbewegung nahm Rainer Bliesener, DGB-Landesvorsitzender, Abschied von Alfred.
"Mit dem Tod von Alfred Hausser verliert der Deutsche Gewerkschaftsbund einen Weggefährten und Mitstreiter für eine gerechte, soziale, friedfertige und solidarische Gesellschaft. Alfred Hausser war, im Brechtschen Sinne, ein unentbehrlicher Kämpfer, der sein Leben lang gekämpft hat. Schon mit 16 Jahren, er arbeitete zu der Zeit als Mechanikerlehrling bei der Firma Eckhardt, wurde er Mitglied des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes. Er selber hat einmal gesagt: ‚Ein politischer Mensch wird man ja durch die Lebensumstände.'
Und es entsprach nie seinem Wesen, tatenlos zuzuschauen, sondern aktiv zu werden und sich für seine und die Interessen seiner Mitmenschen einzusetzen. Er wurde schon bald von seinen Kolleginnen und Kollegen zum Jugendvertrauensmann gewählt. Alfred erlebte am eigenen Leib, was sozial ungerechte Politik für Folgen haben kann. Nach seiner Lehre teilt er das Los der sechs Millionen Arbeitslosen im Deutschen Reich mit all dem sozialen Elend und der Perspektivlosigkeit. Für Alfred und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter wird schnell klar, dass Massenarbeitslosigkeit und eine Politik, die sich gegen die Arbeitslosen und die Rechte der Arbeitnehmer richtet, der Nährboden für faschistische Rattenfänger ist. Alfred muss die bittere Erfahrung machen, dass die soziale und wirtschaftliche Lage, aber auch die Uneinigkeit der Arbeiterbewegung im Januar 1933 zur Machtübergabe an die Nazis führte. Für ihn persönlich hieß es nun, für seine politische Überzeugung in der Illegalität zu kämpfen. Mit seiner Verurteilung wegen Hochverrats im Jahre 1936 beginnt für ihn der Leidensweg von Haft, Folter und Demütigung, der bis 1945 währen soll.
Doch Alfred lässt sich nicht beugen. Selbst die Zwangsarbeit für die Firma Bosch in den Jahren 1939 bis 1945 vermag dies nicht, auch wenn die Schufterei und Schinderei oft die Grenzen der physischen Belastung überschreiten.
Diese Zeit und das eigene Erleben lassen Alfred Zeit seines Lebens nicht mehr los. Und so ist eines der herausragenden Verdienste von Alfred Hausser, die Erinnerung an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, aber auch der tiefsten Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung wach zu halten, daraus die Konsequenzen zu ziehen und dem Wiedererstarken von Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.

Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus
‚Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!' war sein Gebot, das er vorgelebt hat und als Zeitzeuge an viele, besonders an junge Menschen, weitergab.
Deshalb war Alfred Hausser insbesondere für die Gewerkschaftsjugend ein Vorbild wegen seiner Zivilcourage, ein Vorbild wegen seines aufrechten Ganges auch in schwierigen Zeiten, ein Vorbild für einen Menschen, der sich nicht verbiegen ließ, ein Vorbild auch an uneigennütziger Hilfsbereitschaft und gelebter Solidarität. Wir werden Alfred Hausser ein ehrendes Andenken bewahren und es ist unsere Aufgabe, sein Lebenswerk weiterleben zu lassen."

Zeugen eines Lebens
Waldemar Grytz sprach für die Naturfreunde:
"... Alfred Hausser war über 50 Jahre lang Mitglied der Naturfreunde. Wie er waren und sind viele Mitglieder der VVN gleichzeitig Mitglieder unseres Verbandes. Willi Bechtle und Ernst Rohm gehörten zu seinen Freunden. Die Bundesvorsitzenden der Naturfreunde Hans Peter Schmitz und Claus Weyrosta lobten Alfreds Standhaftigkeit und seine Lebensleistung.
... Alfred war ein gern gesehener Gast in unseren Naturfreundehäusern, ein besonderer Förderer des Sillenbucher Waldheims Clara Zetkin, in dem auch die Sillenbucher Naturfreunde zuhause sind. Für Generationen von jungen Naturfreunden waren Alfreds Beiträge bei Seminaren, bei antifaschistischen Stadtrundfahrten, in der Friedensbewegung und bei Protestaktionen gegen neonazistische Aktivitäten prägend für ihre weitere persönliche und politische Entwicklung. ... Unseren Dank an ihn hat der Regisseur Steven Spielberg bereits 1998 in einem Brief an ihn formuliert:
‚Indem Sie uns ihre persönliche Geschichte als Überlebender des Holocaust erzählt haben, haben Sie zukünftigen Generationen die Möglichkeit gegeben, einen persönlichen Zugang zur Geschichte zu finden. Noch in ferner Zukunft werden Menschen in der Lage sein, ein Gesicht zu sehen, eine Stimme zu hören, Zeuge eines Lebens zu werden, sie werden zuhören, lernen und sie werden niemals vergessen'."

Kommunist, ein Leben lang
Als Jugendlicher war Alfred Hausser dem Kommunistischen Jugendverband beigetreten, weil er eintreten wollte für eine neue Gesellschaft und eine neue Welt. Er erlebte die vielen bitteren Niederlagen der Arbeiterbewegung mit der ungebrochenen Überzeugung, daß es einen Weg gibt, diese neue Welt zu schaffen. Dieter Keller, Landessprecher der DKP, würdigte Alfred als einen überzeugten Kommunisten, der das Ziel einer gerechten und solidarischen, einer sozialistischen Gesellschaft niemals aus den Augen verloren hat.
Alfred hat in unserem kämpferischen Leben vieles bewegt, viele von uns in Bewegung gebracht, geprägt und beeinflußt. Dafür sind wir ihm dankbar. Wir Kommunistinnen und Kommunisten und ich ganz persönlich verlieren in ihm ein großes Vorbild. Kämpferisch, geradlinig, tolerant, immer helfend, Genosse mit aufrechtem Gang, voll menschlicher Wärme, das ist unser Alfred. ... Seine Überzeugungstreue als Antifaschist und Kommunist, als Gewerkschafter und Friedenskämpfer verschaffte ihm weit über unsere Partei hinaus Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Anerkennung, Ansehen und Respekt. Er hatte Gewicht. Er überzegute, weil er selbst überzeugt war... Von ihm und seinem Wirken ging Ermutigung und Ansporn für andere aus. Er wusste Enttäuschungen und Erfolge, Niederlagen und Siege liegen in unserer politischen Arbeit eng zusammen und aus Niederlagen erwachsene neue Chancen für Fortschritte und Erfolge im Kampf eine bessere Welt. "Du darfst dabei nur nicht kapitulieren, du musst die Geschichte durchstehen". Diesen klugen und weitsichtigen Rat hat mir Alfred vor mehr als 30 Jahren auf den Weg gegeben, als ich Landesvorsitzender der SDAJ war. Die Geschichte durchstehen. Alfred hat sie durchgestanden als Kommunist und Antifaschist, als Gewerkschafter und Friedenskämpfer. Durchgestanden nach dem Motto: "Nur wer sich aufgibt ist verloren." Alfred hat sich nie aufgegeben. ... Alfred war tief davon überzeugt, dass der Kapitalismus, egal in welcher Form oder Ausprägung er sich zeigt, nicht das letzte Wort der Geschichte ist, denn das wäre der Untergang der Menschheit. ... Alfred war zutiefst überzeugt: Die Welt ist erkennbar und veränderbar. Es ist nur eine Frage der Zeit, der Kraft, wenn man sich selbst treu bleibt. Alfred ist sich und unserer Partei treu geblieben.
Lieber Alfred, wir Deine Genossinnen und Genossen der Deutschen Kommunistischen Partei sind stolz dich an unserer Seite gehabt zu haben. Mit einem tiefen Dank verneigen wir uns vor Deinem Leben und Kampf. ... In unseren Herzen und Kämpfen wirst du weiter leben.
Vier Wochen nach dieser tief bewegenden Trauerfeier fand die Urnenbeisetzung statt. Im Kreise der Angehörigen und enger Freunde sprach Hans Wunderlich die letzten Abschiedsworte. Alfreds Asche liegt nun im Familiengrab der Haussers - ganz in der Nähe der Gedenkstätte Stuttgarter Widerstandsgruppe Schlotterbeck.

VVN-Logo http://www.vvn.telebus.de © 2003 J. Kaiser