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Nummer 2 / April 2004



Der Bundespräsidentenkandiat der CDU/CSU:

Horst Köhler - ein Präsident der Spitzenklasse

nach Ralph Hartmann

Horst Köhler, laut Edmund Stoiber ein "Vertreter der absoluten Spitzenklasse", meldet mit dem Satz "Wir müssen alle noch viel mehr aufwachen" seinen Anspruch auf die Lübke-Nachfolge an.

Was der in "hervorragender Weise" für das Amt geeignete Kandidat (Helmut Kohl über Köhler. Und der muß es wissen: Köhler war für ihn als Berater und Unterhändler tätig und u.a. damit befaßt, deutsche Finanzhilfen für den Golfkrieg 1991 auszuhandeln) damit sagen will, ist: Der Sozialabbau muß ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen werden und die sogenannte Agenda 2010 mit verschärftem Tempo möglichst bis 2006 umgesetzt werden. Daß BDI-Präsident Michael Rogowski deshalb des Lobes voll für den "international geachteten Finanzfachmann" (Angela Merkel) ist und ihn für geeignet und fähig hält, die Bevölkerung "mit den zum Teil unangenehmen aber nötigen Reformen" zu versöhnen, verwundert daher nicht. Denn mit für die einen äußerst unangenehmem aber im Kapitalinteresse profitbringend Nötigem kennt sich der zuletzt als Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) bezahlte Köhler bestens aus:
1990 war er unter Finanzminister Theo Waigel Staatssekretär geworden. In dieser Eigenschaft war er u.a. für die Rechts- und Fachaufsicht über die Treuhandanstalt (THA) zuständig. Deren nicht für jedermann segensreiches Wirken bei der Privatisierung der volkseigenen Wirtschaft der DDR ist erinnerlich. Sie hat einen sich selbst tragenden Industrie- und Wirtschaftsstandort liquidiert und in ein Entwicklungsgebiet innerhalb der EU verwandelt, 17 Millionen Ostdeutsche entschädigungslos und grundgesetzwidrig enteignet, Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet, ein großes gesellschaftliches Vermögen, das der zweite THA-Vorsitzende, Detlev Karsten Rohwedder, den tatsächlichen Wert untertreibend, mit 600 Milliarden DM bezifferte, in einen Schuldenberg von 256 Millionen DM verwandelt, Ostdeutschland weitgehend deindustriealisiert, einen gewaltigen Vermögenstransfer von Ost nach West zugunsten einer kleinen Minderheit ermöglicht und die Staatsfinanzen auf unabsehbare Zeit durch unvermeidliche West-Ost-Transferleistungen enorm belastet. Die Zeitschrift metall, Organ der IG Metall, nannte dies "die wohl größte Vernichtung von gesellschaftlichem Reichtum zu Friedenszeiten... Wenn es dafür überhaupt Täter gibt, dann sitzen sie vornehmlich in Bonn."
Im Abschlußbericht des THA-Untersuchungssausschusses des Bundestages hat Staatssekretär Köhler freimütig darauf hingewiesen, daß es sich bei der Treuhandanstalt um eine "politische Veranstaltung" handelte - was allen Beteiligen bewußt gewesen sei. Wie der Bundespräsident in spe dennoch erklären kann, es könne "ein Vorteil sein, daß ich nicht aus dem politischen Establishment komme", ist sein Geheimnis. Kein Geheimnis ist, daß die THA, in deren Vorstand die Creme de la Creme des deutschen Kapitals saß, unter Aufsicht des Finanzministeriums schalten und walten konnte, wie sie wollte. Sie konnte Großbetriebe für eine DM verkaufen und den Käufern Millionen von DM sogenannter Sanierungshilfe hinterherschmeißen, den Liquidatoren Honorar von zehn Millionen DM und mehr zahlen, das eigene Leitungspersonal fürstlich entlohnen. Das und natürlich ihre Gesamttätigkeit gingen ins Geld, für das die Bundesregierung, der Staat und der Steuerzahler aufkommen mußten. Den skandalösen Freibrief dazu hatte THA-Präsident Rohwedder vom Finanzministerium erhalten, das ihm unter anderem zusicherte, "daß die Bundesrepublik Deutschland die wirtschaftliche Basis der Treuhandanstalt sichern, sie für die gesamte Dauer ihres Bestandes funktonsfähig halten und im Falle finanzieller Schwierigkeiten durch Zuführung liquider Mittel oder in anderer geeigneter Weise in die Lage versetzen wird, fällige Verbindlichkeiten fristgerecht zu erfüllen. Dieses Schreiben kann ihren derzeitigen und künftigen Gläubiger bei Bedarf zur Kenntnis gebracht werden." Das Schreiben trägt das Datum vom 9. Oktober 1990, unterzeichnet ist es von Staatssekretär Dr. Horst Köhler. Mit dem Segen der US-Regierung - der dem von Schröder und Fischer zunächst präsentierten Kandidaten verweigert worden war - wurde CDU-Mann Köhler später Direktor des Internationalen Währungsfonds, dessen Politik sein Parteikollege Heiner Geißler im vergangenen Jahr "kriminell" nannte. Ein wahrer Präsident des Volkes also.

Nach einem Beitrag von Ralph Hartmann, Ossietzky Nr. 6

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