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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 2 / Mai 2006



Crailsheim

Den Nazis keine "Heimat" - Crailsheim gegen rechts!

Elke Günther

Einleitung

Unter dem Motto: Heimat statt EU-Diktat - Kein Halbmond über Europa" hatte NPD-Kandidat Lars Käppler seine braunen Gesinnungskumpane für den 18. März zum "2. Tag der Gemeinschaft" - der 1. fand im Mai 2004 in Stuttgart statt - nach Schwäbisch Hall eingeladen.
Die mit ständigen Naziaufmärschen geschlagene Stadt hatte sich jedoch zur Überraschung vieler AntifaschistInnen dazu aufgerafft, den Nazis städtische Räume zu verweigern. Käppler verzichtete auf einen Widerspruch gegen die Entscheidung der Stadt und orientierte stattdessen nach Crailsheim, wo man bereits im Januar gute Erfahrungen mit der Vergabepraxis der Stadt gemacht hatte. Auch dieses Mal wurde Käppler die städtische Jahn-Halle problemlos zugesagt. Die VVN-BdA Schwäbisch Hall kündigte sofort eine Protestaktion gegen die Nazi-Zusammenrottung an, und brachte so einen Stein ins Rollen.
Da es sich bei der NPD um eine zugelassene Partei handele, gebe es keine juristische Handhabe, Räume für Wahlveranstaltungen zu verweigern, begründete Bürgermeister Raab zunächst seine Entscheidung. Man solle deshalb "Rechte rechts und Linke links liegen lassen", empfahl das Stadtoberhaupt den Crailsheimer Bürgern.
Harald Zigan, Redakteur des Hohenloher Tagblatts, griff am 11.3. diese Haltung scharf an: "Die Ignorier-Strategie, die nicht selten zu einer Wegschau-Mentalität mutiert, kann nicht funktionieren. Oder glaubt man im Crailsheimer Rathaus etwa allen Ernstes, dass sich Käppler und seine braunen Konsorten vor lauter Schreck über die Crailsheimer Ignorier selbst in Luft auflösen? Hetzer wie Käppler verstehen nur eine Sprache: Die konsequente Anwendung aller rechtlichen, bürgerschaftliche und polizeilichen Instrumente, die einer Demokratie zur Verfügung stehen - gegen "Ideen", deren Vorläufer mit den Gräbern von 52 Millionen Kriegsopfern endeten."
Als sich schließlich herausstellte, dass es sich bei der angeblich "öffentlichen Wahlveranstaltung" eher um eine geschlossene Versammlung bekannter bekennender Holocaustleugner handelte, zog die Stadt ihre Zusage zurück und verweigerte die Nutzung der städtischen Jahnhalle. Am 16. März verabschiedeten Bürgermeister und Gemeinderat einstimmig folgende Resolution: "Nationalistische Hetze, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit finden in unserer Stadt keine Zustimmung. Wir wissen, dass Haß und Menschenverachtung kein Weg in eine positive Zukunft sind sondern in Gewalt und Krieg münden. Nationalismus, auch wenn er unter dem Deckmantel eines missbrauchten Heimatbegriffs daherkommt, erteilen wir eine entschiedene Absage".
Doch wie so oft, setzten sich die Nazis vor Gericht durch. Die Stadt Crailsheim musste Käppler, dem vorbestraften Holocaustleugner und Antisemit Andreas Thierry und dem Bombenleger Peter Naumann die städtische Halle für ihre rassistischen Hetztiraden überlassen.
Beschützt von einem gewaltigen Polizeiaufgebot wurden etwa 300 Nazis in die Halle geleitet. Draußen protestierten mehr als 1000 Menschen. Eine Zahl, die sich im Lauf des Tages auf fast 2000 erhöhte. Für die VVN-BdA sprach der Bundesvorsitzende Werner Pfennig. Er begrüßte ausdrücklich die Entscheidung der Stadt Crailsheim, die Jahn-Halle doch noch zu verweigern. "Daß sie vor den von den Nazis angerufen Gerichten keinen Bestand hatte, muß in diesem Land, in dem der oberste Verfassungsrichter die Ideologie des Unmenschen zur missliebigen aber zulässigen Meinungsäußerung verniedlicht, nicht verwundern. "Im Grundgesetz ist aber die Aufstachelung zum Rassenhass verboten. Und Artikel 1 der Verfassung lautet: Die Würde des Mensche ist unantastbar" hob der Redner den Unterschied zwischen gängiger Rechtsprechung und Verfassungsanspruch hervor.
"Wir demonstrieren hier, weil wir nicht zulassen, dass öffentliche Auftritte von Neofaschistischen stillschweigend akzeptiert werden. Wir wollen eine tolerante und offene Gesellschaft. Aber gegenüber alten und neuen Nazis kann es keine Toleranz geben! Wir dürfen nicht zulassen, dass Gewalt und Hass, Dummheit und Intoleranz unser Zusammenleben zerstören" betonte Werner Pfennig, der auch an die Opfer der Neofaschisten erinnerte: In den vergangenen 15 Jahren wurden fast 200 Menschen von Neonazis ermordet. "Sie wurden erschlagen, erstochen, erschossen, verbrannten hilflos in ihren Häuser. Sie starben, weil sie Migranten waren, anders aussahen oder anders lebten, anders dachten. Lars Käppler und seine brauen Kumpane streben in aller Offenheit eine Neuauflage des Dritten Reiches an. Käppler, Thierry und seine Kumpane aus dem Nazihaus in Rosenberg-Hohenberg stehen für eine Ideologie, die Auschwitz möglich gemacht hat." Der VVN-BdA Bundesvorsitzende rief am Schluß seiner Rede dazu auf, nicht zuzulassen, dass Neonazis salonfähig werden. "Wir fordern keine Duldung der Faschisten! Nazis haben weder hier in Crailsheim noch anderswo etwas verloren! Keine Nazitreffen, weder auf öffentlichen Straßen und Plätzen, noch in Sälen oder bei Konzerten! Es bleibt dabei: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!"

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