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antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 2 / Mai 2006



Keine Toleranz für Nazis in Mannheim

Eine Region wehrte sich erfolgreich!

Elke Günther

Daß neofaschistische Aufmärsche vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern, hat Seltenheitswert in diesem Land. Am 7. April ist es geschehen: Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Verbot der Stadt Mannheim. Die Holocaustleugnerszene, die am 8. April in 1000-Mann-Stärke mit schwarz-weißroten Fahnen unter dem Motto: "Schafft Meinungsfreiheit - Freiheit für Zündel, Rudolf, Verbeke und Irving" durch die Neckarstadt marschieren wollte, mußte Zuhause bleiben.

Sensation: BVG verbietet Nazi-Aufmarsch
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe angeschlossen, das im Inhalt der Naziversammlung schon wegen des angekündigten Themas einen Verstoß gegen strafrechtliche Bestimmungen sah. Das Motto nehme Bezug auf vier weltweit agierende Revisionisten, die in einer Vielzahl von Veröffentlichungen den Holocaust leugneten und ein den Nationalsozialismus verharmlosendes Geschichtsbild propagierten. Die Gefahr, dass Straftaten begangen würden, wenn die Veranstaltung zugelassen werde, drohe auch im Hinblick auf einzelne Redner.
Das traditionell sehr breite Mannheimer "Bündnis gegen Rechts", das unter dem Motto: "Eine Region wehrt sich! Gegen Holocaustleugner, gegen Nazi-Aufmärsche und gegen Gewalt!" zu Protestaktionen aufgerufen hatte, blieb trotz des höchstrichterlich bestätigten Verbots des Naziaufmarsches bei den geplanten Aktionen. Aus der Protestkundgebung wurde ein buntes durchweg gelungenes Fest als lebendiges Zeichen gegen Rechts.
Weit über 1000 Demonstranten zogen vom Mannheimer DGB-Haus zum Paradeplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Am Paradeplatz wurden die Ankommenden von den Musikern der französischen Rockgruppe "Mini Moustache" begrüßt. Als Kundgebungsredner sprachen Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften und Parteien, unter anderem der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Gerhard, die Landtagsabgeordneten Klaus Dieter Reichardt (CDU), Frank Mentrup (SPD) und der DGB-Regionsvorsitzende Stefan Rebmann. Alle Redner begrüßten es, dass die Gerichte die Verbotsentscheidung der Stadt Mannheim bestätigt hatten und riefen zur Wachsamkeit gegenüber rechten Tendenzen auf. Der katholische Stadtdekan Karl Jung betonte in seiner Rede, dass es nicht genüge, vonToleranz zu reden, sondern auch Entschlossenheit gefragt sei. Notwendig sei ein Interesse an den verschiedenen Religionen und Kulturen, der Wunsch einander besser kennen zu lernen. Zwischen den Redebeiträgen präsentierten die Musiker Adax Dörsam, Bernd Köhler und Joana einem begeisterten Publikum ihre Lieder, darunter eine Interpretation von Konstantin Weckers "Sage nein". Die Schauspieler Bettina Franke und Michael Timmermann lasen aus Texten von Mannheimer Juden, in denen sie über grausame Schikanen im Faschismus berichteten.
Hauptredner Werner Pfennig, der Bundesvorsitzende der VVN-BdA, forderte unter großem Beifall "eine Politik, die an den Wurzeln der Ausländerfeindlichkeit ansetzt, die Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit beseitigt. Es ist unsere Aufgabe und die aller Bürgerinnen und Bürger dafür zu sorgen, dass in Deutschland alle Menschen ohne Angst leben können." Viele Menschen seien heute bereit den vom früheren Bundeskanzler Schröder geforderten "Aufstand der Anständigen gegen rechte Gewalt" zu wagen, stellte Werner Pfennig fest. "Wenn auch die Zuständigen den Anstand aufbringen würden, Neofaschismus und Rassismus wirklich zu bekämpfen, wäre der braune Spuk längst vorbei!" Doch statt Neofaschisten und Rassisten zu bekämpfen, gerieten Antifaschisten ins Visier der Staatsgewalt. So werde der Heidelberger Reallehrer Michael Csaskóczy trotz guter Zeugnisse wegen seines antifaschistischen Engagements mit Berufsverbot belegt. Über 10 Jahre lang war er vom sogenannten Verfassungsschutz ausgeforscht worden. Jugendliche Antifaschisten, die ein durchgestrichenes Hakenkreuz an der Jacke tragen, werden von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen "Verwendung verfassungswidriger" Symbole angeklagt. "Das offene Bekenntnis zum Antifaschismus wird so zum Straftatbestand" kritisierte der Redner. Dabei vergehe inzwischen kaum ein Wochenende in Deutschland ohne Naziaufmärsche und die Zahl rechter Gewalttaten nehme ständig zu. "Faschismus ist aber keine irgendwie missliebige Meinung. Faschismus ist ein Verbrechen! Das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte!" betonte Werner Pfennig, der die Auflösung aller faschistischen Organisationen und ein Verbot jeder faschistischen Betätigung forderte. Der Bundesvorsitzende der VVN-BdA rief dazu auf, Neonazis entgegenzutreten, sich nicht wegzuducken: "Es ist an der Zeit, das Gemenge von Demokratieverachtung, Gewaltgeilheit und Menschenhaß wieder als das zu bestimmen, was es ist: eine der übelsten Bedrohungen in Deutschland."

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