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Nummer 1 / Mai 2007



Heidelberg:

Den Opfern der NS-Justiz zum ehrenden Gedenken

Reinhard Hildebrandt / DF

Der Heidelberger VVN-BdA Kreisvorsitzende Dieter Fehrentz begrüßte, dass die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) vom 3.4.2007 die von der NS-Justiz hingerichteten Widerstandskämpfer in einem ausführlichen Bericht würdigte. Wird doch sonst in den Medien kaum an den Widerstand der Arbeiterbewegung erinnert. Aus dem Beitrag in der RNZ über die Ehrengrabstätte für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz im Heidelberger Bergfriedhof: "Man erreicht sie auf kürzestem Weg über den südlichen Eingang zum Friedhof, geht dort ein paar Stufen hinunter und steht dann gleich rechts vor der von Efeu umwucherten Gedenkstätte ,Den hier ruhenden Opfern nationalsozialistischer Justiz zum ehrenden Gedenken' steht in schlichten Lettern auf einer großen Sandsteintafel, die hier in die Friedhofsmauer eingelassen ist. Zur Linken erhebt sich eine gebrochene Stele aus schwarzem Stein, die vor einigen Jahren bei einer Umgestaltung der Anlage neu errichtet wurde, und zur rechten sind zwei schlichte Gedenktafeln aufgestellt, welche die Namen deutscher und elsässischer Widerstandskämpfer nennen, welche in der Hochzeit der NS-Terrorjustiz ihr Leben lassen mussten. In der 1950 von der Stadt errichteten Ehrengrabstätte sind 27 Antifaschisten bestattet, die … in den Jahren 1942 bis 1944 hingerichtet wurden. Anfangs waren hier nur die Namen von sieben französischen Widerstandskämpfern auf einer eigenen Gedenktafel genannt, doch wurde ihr später eine eigene Tafel mit den Namen der deutschen Opfer zur Seite gestellt. Unter ihnen sind vier Heidelberger und sieben Mannheimer, außerdem neun, deren Herkunft als unbekannt gilt." Wer sind die 20 Menschen, deren Namen auf der Gedenktafel genannt werden? - Jakob Burger, Jakob Faulhaber, Heinrich Fehrentz, Albert Fritz, Martin Ganter, Richard Jatzeck, Max Karl von Hohen-lohe-Langenburg, Georg Lechleiter, Paul Meunier, Ludwig Neischwander, Bruno Rüffer, Karl Schmitt, Robert Schmoll, Jan Schreiber, Alfred Seitz, Käthe Seitz, Johann Tomann, Philipp Ulrich, Henriette Wagner, Jakob Welter - Die RNZ berichtet weiter: "Älteren Heidelbergern ein Begriff sind vier Mitbürger, die der NS-Justiz zum Opfer fielen. Zu ihnen gehört der Schlosser Heinrich Fehrentz aus der Altstadt, der als Arbeitersportler bekannt war und dem als ‚Rädelsführer' einer siebenköpfigen Gruppe, die sogenannte Feindsender abgehört hatte, der Prozess gemacht wurde. Bekannt war auch der gelernte Eisendreher Albert Fritz aus Kirchheim, der der Kommunistischen Partei Deutschlands angehörte, 1933 den Bürgerausschuss verlassen musste und wiederholt ins Konzentrationslager kam. Albert Fritz gehörte der in Mannheim aktiven kommunistischen Widerstandgruppe um Georg Lechleiter an, in der sich auch die Rohrnbacher Eheleute Käthe und Alfred Seitz engagierten. Letztere waren in ihrem Wohnhaus in der Karlsruher Straße 46 an der Herstellung der verbotenen Zeitung ‚Der Vorbote' beteiligt, der später der Journalist Max Oppenheimer ein kleines literarisches Denkmal gesetzt hat. An die vier mutigen Heidelberger erinnern heute aber auch Straßen in Bergheim, in Kirchheim und Rohrbach, die ihre Namen tragen.
Nicht unerwähnt bleiben sollten auch die hier beigesetzten Mitglieder der Lechleiter-Gruppe, die aus Mannheim stammten - neben Lechleiter selbst Bruno Rüffer, Robert Schmoll, Henriette Wagner, Jakob Faulhaber, Richard Jatzeck und Ludwig Neischwander. Durch Herstellung und Verbreitung des ‚Vorboten' in den Jahren 11942 und 1943 hatten sie zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus aufgerufen und waren zusammen mit den Heidelbergern Widerstandskämpfern in Stuttgart durch das Fallbeil hingerichtet worden. Nicht einmal vor den Toten zeigte das Regime Respekt, ihre Leichen wurden zu Studienzwecken dem Anatomischen Institut Heidelberg übergeben." Die RNZ erinnert auch an die "Wodli-Gruppe" aus dem Elsass, diese Männer mussten nach der Besetzung Frankreichs bei der Deutschen Reichsbahn arbeiten und gerieten als Widerstandkämpfer der Résistance ins Visier der NS-Justiz: "Alljährlich an Allerheiligen … sind auch Angehörige der ehemaligen ‚Wodli-Gruppe' aus dem Elsass mit einer Fahnenabordnung bei der Gedenkfeier vertreten. … Die Gedenktafel in französischer Sprache trägt die Namen Réné Birr, Réné Kern, Adolphe Murbach, Edouard Schwartz, Eugene Boeglin, Adolphe Kuntz und Auguste Sontag."
Dieter Fehrentz verweist darauf, dass die Lechleiter-Gruppe in Mannheim kein Einzelfall war: "Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges entstanden in den Industriezentren neue Untergrundorganisationen. Sie verbreiteten u.a. Materialien zur Aufklärung über den Kriegsverlauf, Geschehnisse inner- und außerhalb des deutschen Machtbereichs und ermutigten zum Widerstand. Außer in Mannheim die Uhrig-Gruppe in Berlin, die Schulze-Boyse/Harnack-Gruppe ("Rote Kapelle"), sowie die Jacob-Saefkow-Bästlein-Organisation mit 72 illegalen Gruppen in Rüstungsbetrieben. Letztere stand in Kontakt mit der Neubauer-Poser-Organisation in Thüringen und der Engbert-Kresse-Schumann-Organisation in Leipzig. Der antifaschistische Widerstand zahlte einen hohen Blutzoll. Allein bei einer Verhaftungswelle nach dem 20. Juli 1944 wurden über 1000 Mitstreiter dieser Gruppen verhaftet. Mehr als 400 wurden hingerichtet oder in der Haft ermordet. Am Kriegsende hatten Kommunisten und Sozialdemokraten über 50 000 ums Leben Gekommene zu beklagen. Ihr Opfermut und vorbildlicher Widerstand gegen die Tyrannei kann als Quelle für die Demokratie nicht hoch genug gewürdigt werden."

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