VVN-Logo VVN-BdA Baden-Württemberg, Böblinger Strasse 195, D-70199 Stuttgart / Tel. 0711/603237 Fax 600718 03.09.2007
antifNACHRICHTEN Titelseite
Nummer 2 / August 2007



60 Jahre Kampf gegen alte und neue Nazis

LV

Der deutsche Deutsche Bundestag war von seiner ersten Wahlperiode von 1949 bis weit in die 60er Jahre hinein, von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern durchsetzt. Mit dem Mitgliedsbuch der FDP/DVP dem "Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten" (BHE), der Deutschen Partei (DP) und der CDU ausgestattet, bildeten sie im ersten und zweiten Deutschen Bundestag die stärkste "Fraktion". Kalter Krieg und beginnende Remilitarisierung machten die Nazis, die zwar das Parteibuch aber nicht die Gesinnung gewechselt hatten, wieder verwendungsfähig.

Mit dem am 31.12.1949 verabschiedeten Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit ermöglichte der Bundestag nicht nur allen untergetauchten und unter falschem Namen lebenden ehemaligen NS-Führungskadern die Rückkehr in die Legalität, sondern auch noch "ihre Ansprüche aus der Zeit vor dem 8. Mai 1945" geltend zu machen. Im Gesetz vom 11. Mai 1951 "zur Regelung des Rechtsverhältnisses der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen" ging es nun an die Realisierung dieser Ansprüche. Das 131er Gesetz annullierte faktisch die Entnazifizierung. Rund 150 000 kleinere und größere NS-Funktionäre erhielten ihre Rechte und Pensionen wieder und konnten im Staatsapparat tätig sein. Ab 1953 mußte mit jedem neuen Beamten ein alter, wegen NS-Vergangenheit entlassener in den öffentlichen Dienst übernommen werden.
Immer wieder enthüllte die VVN die Nazi-Vergangenheit von Inhabern höchster Ämter, forderte deren Entlassung oder Rücktritt. Oftmals hatten solche Kampagnen Erfolg. Häufiger aber saßen die alten Nazis auch die breiteste Kritik in ihren neuen Amtssesseln aus, wie zum Beispiel der Fall Globke, Staatssekretär Adenauers und viele andere beweisen.
Immer offener begannen sich bereits zu Beginn der 50er Jahre die Alt und Neunazis zu organisieren. Zwar wurde die SRP (Sozialistische Reichspartei) verboten, zahlreiche andere Organisationen begannen jedoch sich zu formieren und wurden offiziell toleriert.

Gegen militaristische und SS-Traditionsverbände
Der Befreiungstag am 11. April 1954 in Buchenwald stand unter der Losung "Niemals ein SS-Europa!" Dies war die Reaktion auf die immer deutlicher hervortretenden Aktivitäten der militaristischen und SS-Traditionsverbände. Schon 1951 hatte sich ohne große Öffentlichkeit die "Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS" (HIAG) gebildet. Hinzu kamen in den folgenden Jahren Gründungen, Treffen und Aufmärsche zahlloser neofaschistischer und militaristischer Traditionsverbände, die sich "zur ungebrochenen Tradition deutschen Soldatentums" bekannten (Deutsche Gemeinschaft) und die durch die Remilitarisierung Morgenluft witterten. Und so war es nur konseqent, daß die VVN mit Beginn des Jahres 1954 ihre Aktionen gegen SS-Treffen und militaristische Propaganda intensivierte. So stellte die VVN Baden-Württemberg ihre Landeskonferenz im März 1954 unter das Motto "Gemeinsamer Widerstand aller Demokraten gegen die Neuformierung der SS". Vielfältige Aktionen und Proteste gegen die Zusammenkünfte der HIAG folgten. Ein Beispiel für viele: Im benachbarten Bayern demonstrierten am 11. Mai 1958 in Nesselwang (Allgäu) 8 000 Menschen gegen das Treffen der HIAG und der SS "Leibstandarte Adolf Hitler".

Der Fall Oberländer
Hatte die VVN im November 1957 bereits Adenauers Staatssekretär Hans Globke als wichtigen Kommentator der Nürnberger Rassegesetze entlarvt und seine Abberufung gefordert, so startete sie im Sommer 1959 eine weitere Kampagne gegen ein Mitglied der Adenauer-Regierung. Am 31. Juli legte die VVN erste Dokumente über die verbrecherische Tätigkeit des Vertriebenenministers Theodor Oberländer vor. Oberländer war im Zweiten Weltkrieg als politischer Offizier des Bataillon "Nachtigall" unmittelbar an Kriegsverbrechen in Lwow (Lemberg) beteiligt. Das Bataillon hatte 1941 zwischen 3000 und 5000 Menschen ermordet, darunter Frauen, Kinder, Greise. "Ist Oberländer als Minister noch tragbar? fragte die VVN-Stuttgart auf einer öffentlichen Kundgebung am 30. Oktober 1959. Der Oberste Gerichtshof der DDR eröffnete einen Prozeß gegen Oberländer. Durch zahlreiche Zeugen und Dokumente konnten die Oberländer zur Last gelegten Verbrechen bewiesen werden. Der Prozeß endete mit seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft in Abwesenheit. Die bundesdeutschen Behörden behandelten dieses Urteil und die vorgelegten Beweise als nicht existent. Ein Ermittlungsverfahren des Bonner Landgerichts gegen Oberländer wurde rasch wieder eingestellt, die Akte vernichtet. Die bundesdeutschen Behörden schützten den Kriegsverbrecher und verfolgte stattdessen die VVN. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde die sich in Druck befindliche Ausgabe der antifaschistische Wochenzeitung "Die Tat", in der über die Verbrechen des Bataillon Nachtigall berichtet wurde, beschlagnahmt. Der zuständige Redakteur mußte an Oberländer 5000 DM Schmerzensgeld bezahlen - mehr als er für erlittene KZ-Haft als Entschädigung erhalten hatte. Auch der Ehrenvorsitzende der VVN-BdA Baden-Württemberg Alfred Hausser, der Oberländer in einer Rede scharf angegriffen hatte, bekam eine eine Strafanzeige. Das anschließende Strafverfahren mußte jedoch eingestellt werden - der Kronzeuge war nicht zur Verhandlung erschienen. Durch die anhaltende Debatte über die Verwicklungen des Vertriebenenministers in Kriegsverbrechen wurde Oberländer allmählich selbst für die Regierung Adenauer zur Belastung. Am 30. Mai 1960 erklärte der "tiefbraune Herr" (Adenauer über Oberländer) ausgestattet mit einer üppigen Ministerpension seinen Rücktritt. Im Mai 1996 (!) eröffnete die Kölner Staatsanwaltschaft gegen den 91-Jährigen ein Ermittlungsverfahren. Begründung: Unterlagen aus dem DDR-Ministerium für Staatssicherheit enthielten schwer belastendes Material gegen Oberländer...

Kampf gegen die NPD
Am 17. Juni 1966 nahmen anläßlich des 2. Bundesparteitages der NPD in Karlsruhe ca. 20 000 Menschen an einer vom DGB mitinitiierten und von der VVN unterstützten Demonstration gegen Neofaschismus und die Notstandsgesetze teil.
Auf den Höhepunkten der Auseinandersetzung um die NPD verfügte die Partei über 40 000 Mitglieder (1968) und saß in nahezu allen Landtagen. In Baden-Württemberg hatte sie 9% der Wählerstimmen erhalten und war von 1969 bis 1972 im Landtag vertreten. Die Proteste gegen die NPD, vom DGB mit seinen Gewerkschaften und der VVN maßgeblich mitgetragen, erreichten vor der Bundestagswahl 1969 ihren Höhepunkt. Die VVN hatte ihr oberstes Ziel in diesem Wahlkampf erreicht: Den Einzug der NPD in den Bundestag zu verhindern.

Gemeinsam gegen Neonazis
Gegen den Landesparteitag der neonazistischen NPD fanden sich ca. 5 000 Bürger in Mannheim am 16.9.1978 zusammen unter den Losungen "NPD raus aus dieser Stadt!" und "Nie wieder Faschismus!". Vorwiegend Jugend beherrschte das Bild bei der antifaschistischen Kundgebung. 1979 rief die 22. Landesdelegiertenkonferenz der VVN-Bund der Antifaschisten auf zu einer Demonstration gegen den NPD-Landesparteitag in Tuttlingen.
1980 gelang es einem antifaschistischen Bündnis mit starker Beteiligung der VVN in Grenzach - Wyhlen nach einer Demonstration und Kundgebung von 2000 Teilnehmern, einen Fackelzug der NPD, anläßlich einer sog. "Reichsgründungsfeier" zu verhindern.
1980 und 1981 riefen die NPD und andere Alt- und Neunazis erneut zu "Schlageter-Treffen" in Schönau/Schwarzwald auf (die dort seit rund 30 Jahren stattfanden). Mit "Heldenverehrungen" wollten sie diesen NSDAP-Terroristen benützen, um ihre neofaschistische Propaganda zu verbreiten. Das Nazitreffen selbst, aber auch seine Absicherung durch ein riesiges Polizeiaufgebot, machte die Notwendigkeit demokratischer Aktionen einmal mehr deutlich. Trotz strömenden Regens protestierten über 2500, zumeist junge Menschen aus Gewerkschaften, Naturfreundegruppen, Parteien gemeinsam mit den ehemaligen Widerstandskämpfern und Verfolgten des Naziregimes gegen das Treiben der Nazis, aber auch gegen die Duldung derartiger Veranstaltungen durch die Behörden. Unter dem Motto "Wehret den Anfängen" waren die Proteste der VVN-BdA im Bündnis gegen die Neonazis erfolgreich. In Schönau konnten sie ihre Veranstaltungen nicht durchführen.

Der Fall Filbinger
Der Ex-Marinerichter Filbinger übte von 1966 bis 1978 das Amt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten aus. Zunächst in eine große Koalition mit der SPD eingebunden, erreichte die Filbinger- CDU bei der Landtagswahl 1972 mit Hilfe der NPD eine absolute Mehrheit von 52,9%. Die NPD hatte auf eine eigene Kandidatur verzichtet und zur Wahl der CDU aufgerufen. In den sechs Jahren seiner Alleinregierung trimmte der "furchtbare Jurist" Filbinger, umgeben von einer Ministerriege bewährter NS-Kader, das vordem eher liberal geprägte Bundesland Baden-Württemberg auf strammen Rechtsaußenkurs. Vehement bekämpfte Filbinger die Entspannungspolitik der Sozialliberalen Bundesregierung und baute freundschaftliche Beziehungen zu geistesverwandten Regimen, wie Franco-Spanien, Salazar-Portugal, Südafrika und Chile auf. Während im McCharthy-Stil Demokraten beschnüffelt und diszipliniert wurden, schrieben Filbingers Kultusminister Hahn und Innenminister Schieß ungeniert Beiträge für das deutschsprachige italienische Neofaschistenblatt "Oltre Confine". Am, 17. Februar 1978 enthüllte der Schriftsteller Rolf Hochhuth, daß Filbinger als Hitlers Marinerichter noch in britischer Kriegsgefangenschaft am 29. Mai 1945 einen 24-jährigen Soldaten zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt hatte, weil der sich das Hakenkreuz von der Uniform gerissen und "Ihr Nazischweine" gerufen hatte. Dieser Enthüllung folgen bald weitere: Am 9. April 1945 hatte Filbinger einen Matrosen wegen Fahnenflucht im Felde und am 17. April einen weiteren wegen Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und die Vollstreckung der Todesstrafe durch Erschießen auch gleich selbst geleitet. Am 17. März starb der von Filbinger vom Tode verurteilte 22-jährige Matrose Walter Gröger, weil er Vorbereitungen zur Desertion getroffen hatte. Die VVN-Bund der Antifaschisten forderte gemeinsam mit anderen Demokraten den Rücktritt Filbingers. Tausende Baden-Württemberger setzten ihre Unterschrift unter die von der VVN-BdA initiierte Unterschriftensammlung: "Filbinger muß zurücktreten". Mit Demonstrationen und Protestaktionen wurde dieser Forderung Nachdruck verliehen. Am 7. August 1978 war es soweit: Der "furchtbare Jurist", für den was "gestern rechtens war, heute nicht unrecht sein kann", mußte auch unter dem Druck der Parteifreunde sein Amt zur Verfügung stellen.
Doch damit ist der Skandal um den "furchtbaren Juristen noch nicht zu Ende. Filbinger wird Ehrenvorsitzender der Südwest-CDU und vom Land Baden-Württemberg zu seinem 90. Geburtstag 2003 mit einem Staatsakt gefeiert. Er gründet nach seinem erzwungenen Rücktritt das Studienzentrum Weikersheim, dessen Vorsitzender er bis Ende 1996 bleibt. Das Studienzentrum soll eine Stätte zur Pflege "geistig-moralischer Werte" sein - solcher, wie sie Filbinger verkörpert. Tatsächlich erfüllt es die Funktion eines Scharniers zwischen Konservativismus und Faschismus. Der spätere Rep-Vorsitzende Schlierer und eine ganze Generation ausgewiesener Rechtsradikaler beginnen ihre Karriere in Filbingers Denkfabrik. Auch die heutige Führung der Jungen Union, der Nachwuchsorganisation der CDU, sammelt sich um "Jung-Weikersheim", das so den Rang einer Kaderschmiede für die künftige Führung der CDU gewinnt. Auch der aktuelle CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident Günther Oettinger ist in das Weikersheimer Netz verstrickt. 2007 macht er Schlagzeilen, als er in seiner Trauerrede auf Filbinger diesen zu einer Art Widerstandskämpfer stilisiert. Wenig später wird bekannt, dass er seine persönliche Referentin ebenfalls aus den Reihen von Jung Weikersheim rekrutiert. Die Aktivitäten der VVN-BdA und anderer Antifaschisten zur Schließung dieses ultrarechten Studienzentrums und zur Bekämpfung der geistigen Hinterlassenschaft des schrecklich erfolgreichen Marinerichters Filbinger werden weitergehen.

Dem Nazi-Terror Einhalt gebieten!
Am 26. September 1980 explodierte eine ferngezündete Granate auf dem Münchner Oktoberfest. 13 Menschen, darunter der Attentäter, starben, über 200 wurden zum Teil schwer verletzt. Der Bombenleger Gundolf Köhler stammte aus Baden-Württemberg und hatte nachweislich Kontakte zur Wehrsportgruppe Hoffmann. Zweimal hatte er an Geländeübungen der Nazigruppe teilgenommen. Obwohl den Behörden diese Kontakte bekannt waren, wurde die ins neofaschistische Lager führende Spur nicht verfolgt.
Die VVN-Bund der Antifaschisten hatte schon früh vor dem neofaschistischen Terror gewarnt. Auf dem Bundeskongreß der VVN-BdA vom 20.-22. Mai 1977 in Mannheim, der unter dem Motto "Gegen Rechtsentwicklung - antifaschistische Alternativen" stand, stellte VVN-BdA Bundesgeschäftsführer Hans Jennes fest: "Wir können die Augen nicht vor der Tatache verschließen, daß die Entwicklung bei uns in zunehmendem Maße nach rechts driftet...Diese Rechtsentwicklung ist um so besorgniserregender, als gleichzeitig die offen neofaschistischen Gruppierungen, wie die Deutsche Volksunion, die NPD, die in der HIAG zusammengeschlossenen ehemaligen SS-Verbände ... unter dem Schutz von Polizei und Justiz ungestört in der Öffentlichkeit agieren dürfen."
1981 fordert die VVN-BdA, unterstützt von einem breiten Bündnis:
"Dem Nazi-Terror Einhalt gebieten! Appell an Bundestag und Bundesregierung, an die Landtage und Landesregierungen.
Die verbrecherischen Terroranschläge der Neonazis mehren sich. Es wächst die Flut der Naziliteratur und solcher Pamphlete, in denen der Nazi-Staat verharmlost wird. Es wächst die Zahl der neonazistischen Terrorgruppen. Die Morde von Hamburg und München sind nicht zufällige Untaten einzelner, sie wurden erst in einem bestimmten politischen Klima möglich. Diese verbrecherischen Handlungen sollen Krisensituationen schaffen oder ausweiten, in denen der Ruf nach dem "starken Mann" und dem "starken Staat" Erfolg verspricht. Das aber ist in Anbetracht der Erfahrungen aus den Jahren 1933-1945 für alle Demokraten unerträglich." Wie aktuell ist dieser Appell von 1981 bis heute geblieben! Sage niemand, er habe es nicht wissen können!

Nationalismus, Rassismus, Faschismus
Im Prozess der Auflösung der DDR und dem Zusammenschluss mit der BRD zum neuen großen nationalbewussten Deutschland und den dabei geschürten nationalistischen Stimmungen, gediehen, unterstützt von der Politik des Sozialabbaus und den organisierten Neofaschisten Ausländerfeindlichkeit und Rassismus in neuem Maße. In Rostock und Hoyerswerda, aber auch in Lübeck, Solingen und anderen Städten kam es zu regelrechten Pogromen. Wohnheime und Häuser von Flüchtlingen und EinwandererInnen wurden in Brand gesteckt. Viele dieser Fälle gelangten nie richtig an die Öffentlichkeit. In der Stuttgarter Geißstr. verbrannten 1994 sieben Menschen zunächst angeblich wegen eines Defektes der Haustechnik. Jahre später erst stellte sich diese Katastrophe als eindeutig rassistische Brandstiftung heraus.
Seit 1990 sind weit mehr als 200 Menschen von Rechtsterroristen, Neonazis und anderen fremdenfeindlich eingestellten Tätern erschlagen, erstochen, aus fahrenden Zügen geworfen oder verbrannt worden; die Zahl der zum Teil schwer Verletzten geht in die Tausende. Die Terrorangriffe gegen Asylbewerber, türkische Frauen und Kinder, gegen Obdachlose und Behinderte, gegen Juden und Linke gehen weiter. Neonazistische Aufmärsche und verbale Attacken gegen Ausländer, Angriffe gegen jüdische Einrichtungen, Friedhofsschändungen und regelrechte Treibjagden gegen Ausländer sind an der Tagesordnung. Die VVN-BdA initiiert Bündnisse, grosse und kleine Aktionen gegen Rassismus und Gewalt. (Mehr dazu im Abschnitt Asylrecht und demokratische Rechte.)

REPs raus aus dem Landtag
Gleichzeitig gewinnen seit dieser Zeit auch wieder offen rassistische und neofaschistische Parteien und Organisation an Gewicht und treten neben den eher im Untergrund operierenden Stiefelfaschisten und Brandstiftern wieder zunehmend offen auf.
Zunächst in Bayern, dann aber auch in Baden-Württemberg und in anderen Bundesländern kommt es zur Gründung der rechtsradikalen Partei "Die Republikaner", die sich einerseits von offenen Neofaschisten abgrenzt und versucht, sich einen seriösen Anschein zu geben, andererseits aber offen rassistische und fremdenfeindliche Ressentiments bedient und sich wie ihr erster Vorsitzender Franz Schönhuber positiv auf die nationalsozialistische Vergangenheit bezieht.
1992 zieht diese Partei in Baden Württemberg mit 10,9 % zum ersten Mal in einen Landtag ein. Die Auseinandersetzung mit den Rep rückt damit in den Vordergrund der politischen Aktivitäten gegen rechts der VVN-BdA Baden-Württemberg.
In zahlreichen Veranstaltungen, Flugblättern und der Broschüre "Sag nein zu Republikanern" klärte die VVN-BdA über das unsoziale, rassistische, revanchistische, gewerkschafts- und frauenfeindliche Programm dieser geistigen Brandstifter auf. Zur Bundestagswahl rief die VVN-BdA gemeinsam mit dem antirassistischen Bündnis "Miteinander Leben", dem DGB und vielen anderen zur Demonstration "Keine Brandstifter in den Bundestag" auf. Wo immer die Reps in Bade-Württemberg Landesparteitage veranstalteten, half die VVN-BdA mit, daß antifaschistische Bündnisse dagegen protestierten. Große Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Reps fanden 1992 in Konstanz, 1993 in Rastatt, 1994 in Ulm, Sindelfingen und Rottenburg statt. Auch in vielen anderen Städten wie z.B. Heidenheim, Schwäbisch Hall, Stuttgart fanden Aktionen gegen diese Partei statt. Trotz diesen Initativen und Anstrengungen konnten die Antifaschisten und Demokraten im Lande zunächst nicht verhindern, daß die Rep 1996 erneut in den Landtag einzogen. Daß sie sich dennoch durch die Aktivitäten der VVN- BdA erheblich gestört fühlen, bewiesen sie immer wieder selbst durch ihre Reaktionen. 1994 entfachen sie, unterstützt von großen Teilen der CDU eine Kampagne gegen die VVN-BdA und gegen die Kameradin und Ministerin Unger-Soyka und andere Landtagsmitglieder die sich zur VVN - BdA bekennen. Immer wieder starteten die REP Angriffe gegen die VVN-BdA, setzen Strafanzeigen, Verleumdungen und beleidigende Falschbehauptungen gegenüber unserer Organisation und einzelnen Mitgliedern in die Welt, benutzen Landtagsanfragen zu immer neuen Diffamierungsversuchen.
Tatsächlich trugen die Aktivitäten der VVN-BdA dann auch entscheidend mit dazu bei, dass die REP bei der Landtagwahl 2001 endlich ihre Mandate wieder los wurden. Zuvor hatte die VVN-BdA einen "Wahlkampf gegen rechts" mit Flugblättern, Broschüren und anderem Info-Material geführt. Kurz vor der Landtagswahl im November 2000 demonstrierten in Winnenden 4000 Menschen gegen den dortigen Wahlparteitag der REP. Die Antifaschistin Gertrud Müller erntete großen Applaus, als sie dort zu gemeinsamen Kampf gegen jede Form von Faschismus und Rassismus aufrief.

Zweiter Frühling der NPD?
Wie notwendig das werden würde, bewiesen die folgenden Jahre. Die Rep mit ihrer eher verschämt getarnten neofaschistischen Agitation waren zwar aus allen Landtagen herausgeflogen, wurden aber durch immer offener neofaschistisch auftretenden Organisationen ersetzt. Ausgehend von einigen Gebieten in den neuen Bundesländern erfuhr die NPD seit Ende der 90er Jahre einen neuen Aufschwung. Rasant beschleunigt wurde dieser zweite Siegeszug der NPD durch das Scheitern des Verbotsantrages vor dem Bundesverfassungsgericht, das das Verfahren wegen der Durchsetzung der NPD durch Verfassungsschutzagenten eingestellt hatte.
In Sachsen zog die NPD 2004 mit 9,2 % in den Landtag ein, im Saarland verfehlte sie im gleichen Jahr ihren Einzug mit 4 % nur knapp und in Brandenburg gelang entsprechend einer Wahlabsprache mit der NPD der ebenfalls offen faschistischen DVU mit 6,1 % der Wiedereinzug ins Landesparlament.
In Baden-Württemberg sind die Wahlergebnisse der Neofaschisten zwar nicht vergleichbar, bei den Kommunalwahlen in einigen Gemeinden dennoch Besorgnis erregend. Während die Ergebnisse der Rep abnehmen, gewinnt die NPD deutlich an Wählerstimmen.
Anders als die REP die sich auf die Parlamente und Wahlkämpfe konzentrierten, setzen die NPD und ihr nahe stehende Neonazis jedoch ihren Schwerpunkt auf die Erobearung der Straße, die Gewöhnung an braune Parolen und Aufmärsche.
War sie Ende der 90 Jahre nur vereinzelt in Aktionen an die Öffentlichkeit getreten, vergeht seit Anfang des neuen Jahrtausends auch in Baden-Württemberg kaum ein Monat, in dem nicht irgend eine größere Stadt zum Schauplatz eines Nazi-Aufmarsches wird oder werden soll.

Nazi-Aufmärsche am Fließband
So versuchte die NPD z.B. auch ausgerechnetet den 1. Mai mit ihrer pseudosozialen Demagogie zu besetzen. In den Jahren 2001 und 2002 versuchte sie in Mannheim an diesem Tag aufzumarschieren. Ein breites Bündnis und das entschlossene Entgegentreten der antifaschistischen Demonstranten machten diesen Versuch jedoch zum Fiasko.
Am 15.9. 2002 demonstrierten in Freiburg in einer der bisher größten Gegenaktionen gegen Naziaufmärsche in Baden-Württemberg 15 - 20000 Menschen gegen den Aufmarsch der NPD. Der Bürgermeister und zahlreiche Freiburger und landesweite Organisationen, darunter selbstverständlich auch die VVN-BdA, hatten zu dieser Aktion aufgerufen.
Eine große Beteiligung bei solchen antifaschistischen Aktionen ist in Groß- und Universitätsstädten leichter zu erreichen als in Klein und Mittelstädten. Auch das ist mit ein Grund, dass die Nazis sich zunehmend "die Provinz" als Aktionsfeld vornehmen.

Standhaftigkeit in Schwäbisch Hall
Anläßlich der Wehrmachtsaustellung, die im Sommer 2003 in Schwäbisch Hall gezeigt wurde, versuchten dort im Juni und Juli gleich dreimal Neonazigruppen aufzumarschieren. Jedes Mal stießen sie aber auf entschiedenen Widerstand getragen vor allem von der VVN-BdA und dem selbstverwalteten Kulturzentrum Club Alpha. Der Führer der "Bewegung deutsche Volksgemeinschaft" Lars Käppler kündigte daraufhin in einem Brief an den Bürgermeister ständig weitere Naziaufmärsche an, solange die Stadt das Kulturzentrum weiterhin bezuschusse. Die Neofaschisten machten ihre Drohung wahr: Insgesamt 13 Mal organisierten sie von 2003 bis 2006 Aufmärsche in Schwäbisch Hall. - Und immer wieder organisierte ein Bündnis rund um die VVN-BdA den aktiven Widerstand gegen ihre Hetze.
Als die Neonazis unweit von Schwäbisch Hall einen Landgasthof in Rosenberg-Hohenberg kauften, um ihn zum Organisations- und Schulungszentrum umzubauen, gelang es, auch in der dortigen ländlichen Gegend Gegenwehr zu organisieren. Seither sind es die Neonazis, die dort vor Demonstrationen, Mahnwachen und anderen antifaschistischen Aktivitäten keine Ruhe finden.

Gemeinsam gegen Rechts
Auch in anderen Städten, die sich Neonazis zu "Aktionszentren" ausgewählt haben erfuhren und erfahren die Faschisten in Baden-Württemberg immer wieder eine Abfuhr durch Bündnisse, in denen die VVN-BdA zumeist eine initiierende Rolle spielt. Beispiele dafür sind Karlsruhe und Mannheim, aber auch Göppingen, Friedrichshafen, Heilbronn, Stuttgart und Horb. Während im Jahr 2001 "nur" zwei neofaschistische Aufmärsche zu verzeichnen waren, waren es 2005 bereits 20 und 2006 mußten 35 Nazi-Aufmärsche verzeichnet und jeweils Protest organisiert werden. Nicht immer, aber immer wieder konnten und können ihre Aufmärsche verhindert oder gestoppt werden, nirgends aber können die Neofaschisten in Baden-Württemberg ungehindert von antifaschistischer Gegenwehr marschieren.
2007 startete die VVN-BdA die Kampagne "NONPD" - um endlich mit dem Verbot und Auflösung der NPD ernst zu machen. Nicht nur hatten fast alle Verfassungsorgane dies 2002 beantragt und dann den Schwanz eingekniffen, sondern schließlich ist und bleibt das Verbot faschistischer Organisationen Auftrag des Grundgesetzes: Artikel 139 bestätigt ausdrücklich die alliierten Gesetze zur "Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus." Damit muß nun endlich Ernst gemacht werden. Über 94000 Unterschriften hat die VVN.BdA bei Redaktionsschluß bereits gesammelt.
Ob diese breit unterstützte Kampagne zum Erfolgt führt, ist noch ungewiss. Sicher aber ist: Der Kampf der VVN-BdA gegen Faschismus und Neofaschismus und alle seine Erscheinungen wird weitergehen, solange "der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. (B. Brecht)"

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