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Nummer 2 / Juli 2008



Verleihung des Alfred-Hausser-Preises 2008:

Eine Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft

Landesvorstand

Zu einem Höhepunkt der diesjährigen Landeskonferenz wurde die Verleihung des Alfred-Hausser-Preises, der nun schon zum zweiten Male vergeben werden konnte.

Preisträger waren die Mitglieder der Schulgeschichtsforscher-AG der Grund- und Hauptschule Ostheim. Heidi Scharf, Mitglied im Beirat des Alfred-Hausser-Preises stellte die Preisträger vor und begründete die Wahl: "Schule der Vielfalt" nennt sich die Schule heute stolz und im Bewusstsein, dass hier das pädagogische Herz des heute mulitkulturellen Stadtviertels schlägt. Kinder und Jugendliche aus 72 Nationen lernen und entwickeln sich gemeinsam.
Das Geschichtsprojekt "Erinnerung als Mahnung" , das unter Leitung von Dr. Gudrun D. Greth von den SchülerInnen Faruk Erik - Onur Kilinc - Talha Öztürk und Henok Afewerki entwickelt wurde, ist auf Dauer angelegt. Sie zeigen auf, was mit ehemaligen SchülerInnen dieser Schule während der Zeit der Nazidiktatur passiert ist und nehmen dies zum Anlaß eine Brücke in die heutige Zeit zu schlagen. Hans Gaspartisch, der vielen von euch noch bekannt sein dürfte war einst Schüler dieser Schule. Das eingereichte Projekt beschäftigt sich mit der Familie Schneck/Guttenberger. Einzige Überlebende der Familie ist Elisabeth Guttenberger, geb. Schneck, sie hat 30 Angehörige in Konzentrationslagern verloren.
Dabei wurde eine Ausstellung erarbeitet, ein Kunstwerk zusammen mit dem Bildhauer Wolfram Isele entworfen und erstellt, eine Power-Point-Präsentation zum Projekt gemacht, Lesungen durchgeführt.
Der Gedanke, eine Brücke von der Vergangenheit "aus der Geschichte lernen" in die Zukunft "gemeinsam, friedlich, vertrauensvoll und tolerant zu leben und zu lernen" ist der ausschlagebende Grund diesem Projekt den Preis zu geben. Zu Beginn des Schuljahres hatten sich Henok, Faruk, Talha und Onur mit weiteren vier Klassenkameraden für die Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft der Schulgeschichtsforscher an der Grund- und Hauptschule Ostheim gemeldet.
Ihre Beweggründe: sie wollen mehr darüber erfahren, wie es den Jugendlichen in der Nazi- und Kriegszeit an der Schule ergangen war.
Nachdem die AG-Leiterin und Rektorin Gudrun D. Greth ein Klassenfoto mitgebracht hat, auf dem u.a. Elisabeth Schneck mit ihrem Bruder Donatus zu sehen, beginnt die Erforschung der Geschichte dieser damaligen Erstklässler und ihrer Familie. Heute ist daraus längst eine herzliche, persönliche Verbindung geworden, die dazu beigetragen hat, dass die Geschichte der von als Sinti von den Nazis verfolgten Familie Schneck an der Ostheimer Schule nicht in Vergessenheit gerät, sondern Mahnung für die Zukunft wird.
Schritt für Schritt erarbeiten die Jugendlichen, deren Familien aus der Türkei und aus Eritrea stammen, die Geschichte der Sinti und Roma, die dunkelsten Kapitel deutscher und europäischer Geschichte und nähern sich der Familiegeschichte der Familie Schneck an, die in Ostheim ansässig gewesen war.
Die seil 105 Jahren bestehende Ostheimer Schule und ihre Schülergenerationen sind jährlich Gegenstand der Forschungen einer Arbeitsgemeinschaft von Schulgeschichtsforscherinnen und -forschern. Jungen und Mädchen aus zahlreichen unterschiedlichen Ethnien lernen bei der Erforschung der Geschichte ihrer Schule Methoden, die sie befähigt, selbst später - wenn sie mögen - ihre eigene Familien- oder Heimatgeschichte zu erforschen. Die Zeitzeugen, die noch befragt werden können, stellen dabei eine ganz besonders eindrückliche Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart dar.
Das Interesse der vier Ostheimer Jugendlichen Henok, Onur, Faruk und Talha berührte Frau Elisabeth Guttenberger, geb. Schneck so sehr, dass sie den Kindern die Bücher schenkte, die sie für entscheidend für ein Verständnis der Zeit hält. Trotz erheblicher Folgekrankheiten der Haft- und Verfolgungszeit besuchte Elisabeth Guttenberger seither mehrfach ihre alte Schule und nahm an der Verleihung des Alfred-Hauser-Preises teil.
Hatte sie auch zunächst nur unerkannt im Publikum sitzen wollen, sah sie es doch dann als wichtig an, der VVN-BdA und den Jugendlichen mit Fr Greth öffentlich für ihr Engagement in der Erinnerungsarbeit als Mahnung für die Zukunft zu danken und den Anwesenden zuzusprechen dafür zu sorgen, dass Nazis keinen Fuß breit Raum erhalten und dass aus der Geschichte gelernt werden kann.


„Wir möchten, dass so etwas in Zukunft nicht mehr geschieht“

Die Schüler bedankten sich mit dieser Rede in verteilten Rollen.
Wir bedanken uns bei Frau ElisabethGuttenberger, dass sie uns so vielesvon Ihrem Leben erzählt hat und wirdarüber in der Öffentlichkeit sprechen durften.
Wir danken der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) fürden Alfred-Hauser-Preis. Wir sindfroh, dass es solch einen Preis gibt,der junge Menschen dazu auffordert, Zeitzeugen zu befragen.
Wir bedanken uns bei unserer Rektorin Frau Greth, dass sie uns sehrgeholfen und unterstützt hat.
Wir danken Herrn Stingele undHerrn Dr. Janker, die uns Tipps undihre Forschungsergebnisse zur Verfügung gestellt und uns unterstützthaben.
Wir danken Frau Martin, die uns vomAlfred-Hauser-Preis erzählt hat, dasssie die Sinti-Ausstellung organisierthat und eine Führung im Staatsarchiv für uns bestellt hat.
Wir haben gründlich recherchiert: inBüchern, im Internet, Frau Greth,Herr Dr. Janker, Herr Stingele habenuns Material zur Verfügung gestellt.Es war nicht leicht, daraus das Wesentliche herauszusuchen. Wir haben jetzt ein ganzes Schuljahr darangearbeitet.
Wir haben eine Ausstellung erstellt,in der man das Leben der FamilieSchneck und der Menschen inAuschwitz sehen kann. Diese Ausstellung befindet sich im Turmstübchen der Grund- und HauptschuleOstheim. Auf Wunsch führen wir Siegerne durch diese Ausstellung.
Wir haben die Führung auch inDeutsch-Türkisch durchgeführt.
Der Kern unserer Forschungsarbeitwar die Zeitzeugenbefragung. Wirhaben mit Frau Guttenberger mehrfach telefoniert und viel von ihremLeben erfahren. Mittlerweile hat sieuns auch in der Schule besucht.
Nachdem wir das Klassenfoto in verschiedenen Zeitungen veröffentlichhatten, haben sich mehrere ehemaligen Klassenkameradinnen vonFrau Guttenberger gemeldet. FrauLotte Mardicke und Frau AnnemarieLang haben uns ebenfalls in derSchule besucht.
Unter Anleitung des Dichters HerrnHarry Fischer haben wir zwei Gedichte für Frau Guttenberger gemacht. Im Moment sind wir daran, einKunstwerk als Gedenken an Donatus, den Bruder von Frau Guttenberger zusammen mit dem KünstlerWolfram Isele anzufertigen. DiesesGedenken wird die kommendenSchülergenerationen an Donatusund das Schicksal seiner Familie erinnern.
Wir möchten, dass so etwas in Zukunft nicht mehr geschieht.
Ich wollte wissen, wie es damals warund wie es den Überlebenden heutegeht.
Ich wollte wissen, wie es den Jugendlichen damals in unserer Schuleging.
Ich würde mir wünschen, dass Kinder früh davon erfahren und lernen,andere Kulturen zu respektieren. Es soll weiter solcher Forschungenüber die Zeit des Faschismus geben,damit alle Schüler besser Bescheidwissen. Wir wünschen uns, dass es keineNazis mehr in Schulen gibt, sonderndass alle offen sind für die Kultur derMitschüler. Das kann man erreichen, wenn allewachsam sind und sich nicht an derNase herum führen lassen.
Wir wünschen uns eine friedliche, sichere Zukunft ohne Krieg und Faschismus auf der ganzen Welt.



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