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Nummer 1 / Mai 2009



Was hat's gebracht?

Fünf Erfolge unter schwierigen Bedingungen

Dieter Lachenmayer

Am 3. und 4. April beging die NATO in Baden-Baden, Kehl und Strasbourg ihren 60. Geburtstag. Die Absicht war sich selbst zu feiern. Geschichte und Charakter eines aggressiven Militärbündnisses sollte als Erfolgsgeschichte der Völkerverständigung, der Friedenssicherung und des Einsatzes für Menschenrechte umgelogen werden. Es sollte Legitimation geschaffen werden für die Kriegsplanungen und Kriege der Zukunft.
Dieses Konzept ist nicht aufgegangen. Alle ursprünglichen Pläne das Jubiläum zu einer Art Jubelveranstaltung mit Volksfestcharakter, Militärmusik und öffentlicher Waffenschau zu begehen, mussten frühzeitig begraben werden. Die NATO erwies sich als nicht vorzeigbar. Die Feierlichkeiten der Kriegsverantwortlichen fanden im großräumig abgesperrten Hochsicherheitstrakt statt, zu denen die Innenstädte vorübergehend gemacht worden waren.
Statt wie gewollt als Garant von Frieden, Sicherheit und Demokratie, präsentierte sich die NATO als das was sie ist: Ein System, von dem Gewalt ausgeht und das auf demokratische Rechte pfeift. Ein System, das nicht die Menschen schützt, sondern das vor den Menschen geschützt werden muß. Das ist der erste Erfolg.
Weltweit hatte die Friedensbewegung aufgerufen, der verlogenen Selbstdarstellung der Nato die Wahrheit gegenüberzustellen: Die Nato ist ein Hindernis für eine friedliche Welt.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Friedensbewegung haben sich weit über 600 Organisationen aus 26 Ländern zu einer gemeinsamen Kampagne und zu gemeinsamen organisierten Aktionen zusammengefunden. Mit der Verabschiedung des in Stuttgart geborenen internationalen Appells "Nein zum Krieg, Nein zur NATO" wurde diesem Kriegsbündnis der nordwestlichen Hemisphäre ein weltweites Aktionsbündnis der Friedensbewegung entgegen gestellt. Das ist der zweite Erfolg.
Viele Erwartungen, die wir an dieses Bündnis und die gemeinsam organisierten Aktionen geknüpft hatten, wurden nicht erfüllt. In Strasbourg wurde die internationale Begegnung im Friedenscamp, die inhaltlich fundierte Kritik an der NATO auf dem Gegengipfel und der bunt und vielfältig gedachte Protest gegen das Kriegsbündnis zunächst von den Tränengaswolken der Polizei und schließlich auch den Rauchsäulen brennender Gebäude verdeckt. Es ist uns nicht gelungen, dem Fototermin der warlords, das Bild der friedlichen Begegnung auf der Europabrücke zwischen Frankreich und Deutschland entgegenzusetzen. Dennoch konnten alle Rauchsäulen nicht vernebeln, dass über dreißigtausend Menschen auf beiden Seiten des Rheins, trotz massivster Behinderungen und Repressalien, es auf sich nahmen, der NATO, der militärischen Bedrohung und dem Krieg in friedlichem Protest entgegenzutreten. Das ist der dritte Erfolg.
Es hat bedauerlicherweise gewaltsame Reaktionen auch bei Demonstrationsteilnehmern gegeben. Unübersehbar war aber, dass die Gewalt von der NATO, d.h. von Behörden und Polizei ausging. Sie wurde bereits im Vorfeld herbeigeredet und dann auch herbeiorganisiert. Die Polizei hat entgegen aller Absprachen, den Zugang zur Auftaktkundgebung auf französischer Seite verhindert und dann mitten in die friedliche Menschenmenge Tränengas geworfen. Im Ergebnis wurden Kundgebung und Demonstration der Friedensbewegung in Strasbourg verhindert. Das entsprach nicht dem Konzept der Demonstranten, sondern dem von Anfang an offen betriebenen Plan der Behörden: Keine Demo in Strasbourg. Egal, wer immer neben der Polizei und den Diensten an den Krawallen in Strasbourg beteiligt war: geschädigt und gefährdet hat es die Demonstranten, genutzt hat es der NATO. In Kehl sind die Versuche der Behörden durch zahlreiche Schikanen und Provokationen, ähnliche Bilder wie in Strasbourg zu produzieren, gescheitert. In Kehl haben die Ostermarschiererinnen und Ostermarschierer - unter besseren Bedingungen zwar, als sie die FreundInnen in Strasbourg hatten, aber ebenfalls in einem schwierigen Umfeld, gezeigt was die Friedensbewegung kann und ist: Bunt, gewaltfrei und beharrlich. Das ist der vierte Erfolg.
Wir haben an diesem Tag gelernt, was uns erwartet, wenn das "Prinzip NATO" nicht abgelöst wird. Nicht nur neue Kriege, sondern ein gravierender Abbau der Demokratie. Wir haben uns in Kehl auch gegen den Abbau der Demonstrationsfreiheit zur Wehr gesetzt. Das ist der fünfte Erfolg.
Es war wohl der schwierigste Ostermarsch seit Jahren. Vielleicht nicht der Schönste, aber gewiss nicht der Erfolgloseste.

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