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Nummer 4 / April 2000

Beschlüsse der 33. Landesdelegiertenkonferenz am 26./27. Februar 2000:

Zukunft Antifaschismus: Frieden, soziale Gerechtigkeit, Solidarität!

von Autor/in

  • Unsere vorrangige Aufgabe ist es, die Friedensbewegung zu stärken
  • Wir fordern die vollständige Wiederherstellung des Grundrechtes auf Asyl und eine humane Flüchtlingspolitik.
  • Neofaschismus ist menschenverachtend und verfassungswidrig. Wir fordern das Verbot neofaschistischer Parteien, Organisationen und Propaganda.
  • Wir brauchen ein Bündnis gegen die Rechtsentwicklung und gegen die Zerschlagung des Sozialstaates.
  • Entschädigungszahlungen für Zwangsarbeiter müssen ohne bürokratische Hindernisse sofort erfolgen.
  • Die Gedenkstätten würdigen und ausbauen, dabei keine Vermischung von Tätern und Opfern zulassen. Dem Geschichtsrevisionismus entschieden entgegentreten.

"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig." (Aus dem Schwur von Buchenwald).

Es gibt nichts wichtigeresals den Frieden!
Heute, 55 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus sehen wir diese Hoffnung der Verfolgten des Naziregimes enttäuscht. Anstatt aus der Vergangenheit zu lernen, wurden antifaschistische Forderungen nach Verwirklichung der Menschenrechte und der Satz "Nie wieder Auschwitz" instrumentalisiert um Kriege für eine "neue Weltordnung" zu führen, um wirtschaftliche und strategische Interessen durchzusetzen.
Was seit der Befreiung von Faschismus und Krieg über 50 Jahre lang verhindert werden konnte, ist geschehen. Von deutschem Boden geht jetzt wieder direkt Krieg aus. Ohne Mandat der Vereinten Nationen und unter Bruch des Völkerrechts hat die NATO mit deutscher Beteiligung am 24.März 1999 einen souveränen Staat, das UN-Mitglied Jugoslawien angegriffen. Die NATO hat mit dem Krieg auf dem Balkan ihre eigenen vertraglichen Grundlagen und internationales Recht missachtet. In der BRD verstößt die Kriegsbeteiligung eindeutig gegen das Grundgesetz, das im Artikel 26 einen Angriffskrieg verbietet, ebenso gegen den Zwei-plus-vier-Vertrag vom September 1990.
Nicht Landesverteidigung, sondern weltweite militärische Interventionen im Rahmen der verschärften Weltmarktkonkurrenz sind das Ziel der neuen deutschen Militärstrategie. Die Umwandlung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee wurde seit 1992 ideologisch vorbereitet mit den "verteidigungspolitischen Richtlinien", heute ist der Umbau der Bundeswehr in vollem Gang. In zwei Jahren soll eine europäische schnelle Eingreiftruppe mit 60 000 Soldaten einsetzbar sein. Während dem größten Teil der Bevölkerung ein verschärfter Sparkurs auferlegt wird, bleiben die Rüstungsprojekte, mit denen die Bundeswehr zu einer angriffsfähigen Armee umstrukturiert werden soll, von den Sparmaßnahmen unberührt.
Unsere vorrangige Aufgabe in den nächsten Jahren ist es, die Friedensbewegung zu stärken. Wir stellen fest: Friedenssicherung ist nur durch Abrüstung und Verständigung möglich. Wir lehnen weltweite militärische Interventionen und Auslandseinsätze der Bundeswehr entschieden ab. Wir fordern den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina.
Für diese Ziele wird die VVN-BdA ganz besonders auch im von der UNO ausgerufenen "Internationalen Jahr der Kultur des Friedens" arbeiten.
Im Bündnis mit der Friedensbewegung treten wir ein:
  • für eine quantitative und qualitative Abrüstung und die Verwendung frei werdender Gelder für gesellschaftliche Aufgaben in den Bereichen Arbeit und Soziales
  • für die Auflösung der Krisenreaktionskräfte (KRK) und des Kommando Spezialkräfte (KSK).
  • für die Annullierung der "Verteidigungspolitischen Richtlinien" von 1992.
  • für die Zurückweisung des auf weltweit Interventionen der NATO orientierenden neuen "strategischen Konzepts" der NATO vom April 1999
  • für eine drastische Verringerung der Truppenstärke statt Verstärkung des Personalbestands durch Frauen als Soldatinnen
  • gegen Waffenexporte.
  • für Friedenserziehung.
Asylrecht ist Menschenrecht!
Die Erfahrungen aus der faschistischen Diktatur führten zur Erklärung der universalen Menschenrechte. Als am 8.2.1949 der Parlamentarische Rat die Formulierung "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" in das Grundgesetz aufnahm, waren die praktischen Fluchterfahrungen während der Nazi-Diktatur noch vor Augen, daß Tausenden von Juden und auch politischen Flüchtlingen aus Deutschland die Möglichkeit verschlossen war, während dieser Zeit in anderen Ländern Asyl zu erhalten. 1993 schafften eine große Koalition aus CDU-CSU-FDP-SPD dieses Asylrecht faktisch ab. 1999 versuchten rot-grüne Regierungspolitiker die letzten Reste des Individualrechts auf Asyl zu beseitigen, das Menschenrecht auf Asyl sei ein Störfaktor bei der Bildung eines europäischen Rechtsraumes. Damit wird zum ersten mal versucht, ein Grundrecht vollständig zu zerstören. Die Kampagnen zur Abschaffung des Asylrechts förderten Pogrome und Hass, Rassismus und Nationalismus. Mit der Verkündung einer "geistig-moralischen Wende" erhielt neofaschistische Politik neuen Spielraum.
Wir stellen fest: Asylrecht ist Menschenrecht. Die Abschottung der EU gegen Flüchtlinge führt zur Verletzung von Menschenrechten. Wir fordern die vollständige Wiederherstellung des Grundrechtes auf Asyl und eine humane Flüchtlingspolitik.

Nie wieder Faschismus!
Nach der Befreiung vom Faschismus wurden Polizei und Geheimdienste konsequent getrennt, ein liberales Verständnis von Grundrechten, die den Einzelnen vor dem totalen Zugriff des Staates schützen sollten, sollte die demokratische Entwicklung bestimmen. Nahezu alle diese Grundrechte wurden eingeschränkt und abgebaut, der Beschluß des "großen Lauschangriffs" 1998 ist hier für nur ein Beispiel.
Aus dem antifaschistischen Auftrag des Grundgesetzes folgt das ausdrückliche Verbot von nazistischen Organisationen und die Vorbeugung gegenüber nazistischen Tendenzen. Die neofaschistische Strafbilanz ist erschreckend: drei Tote und 327 Verletzte allein 1999, dazu 29 Brandanschläge, acht mehr als im Jahr 1998. Von den 1594 ermittelten Tatverdächtigen wurden von der Polizei nur 297 vorübergehend in Haft genommen, lediglich gegen 87 erging Haftbefehl. Eine Spur der Gewalt zieht quer durch die Republik, rechter Terror gegen AusländerInnen gehört in diesem Land zum Alltag, Morde, Überfälle, Brandstiftungen, Morddrohungen... Juden in Deutschland müssen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen leben. Der Antisemitismus wird militant. Vor 15 Monaten hat die Bundesregierung angekündigt, die Bekämpfung von Rechtsextremismus zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen. Geschehen ist seitdem nichts.
Verhängnisvolle Gerichtsurteile und deutsche Polizisten schützen die Faschisten. Beim Naziaufmarsch in Hamburg am 10. Juli 1999, mit 6200 Polizisten und BGSlern der größte Polizeieinsatz seit 1984, bei der Demonstration der NPD am 2.10.1999 in Köln, wo die Polizei ganze Stadtviertel für die Nazis absperrte, und am 27.11.1999 wieder in Hamburg, wo 1000 Beamte 50 Neofaschisten schützten. Am 19. 12. 1999 marschierten Nazis in Hannover, am 27. 1. 2000 marschierte die NPD unter Polizeischutz durchs Brandenburger Tor. Gleichzeitig werden Antifaschisten kriminalisiert.
Wir stellen erneut fest: Neofaschismus ist Bestandteil einer allgemeinen Rechtsentwicklung und nur unter Beachtung der Wechselwirkungen erklärbar und bekämpfbar. Der Antifaschismus kann Neofaschismus nur erfolgreich bekämpfen, wenn er sich auch gegen Entwicklungen in der Gesellschaft wendet, die ihn ermöglichen und fördern. Neofaschismus ist menschenverachtend und verfassungswidrig. Wir fordern das Verbot neofaschistischer Parteien, Organisationen und Propaganda. Außerdem stellen wir fest: der Versuch einer Spaltung mittles Kriminalisierung von Antifaschisten und Antifaschistinnen darf nicht erfolgreich sein. Wir werden dieser Kriminalisierung mit Solidarität entgegen treten.

Soziale Gerechtigkeit und Demokratie
Eineinhalb Jahre nach der Abwahl der Regierung Kohl sind Millionen Wählerinnen und Wähler enttäuscht. Die Hoffnung auf eine andere Politik durch die Regierung Schröder, getragen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, ist gründlich zerstört. Die Unternehmer führen ihre Politik weiter fort, die Regierung mit ihren Wünschen und Forderungen unter Druck zu setzen. An der durch die Kohl-Regierung betriebenen Wirtschafts- und Sozialpolitik hat sich bisher enttäuschend weniger fast nichts geändert. Da aus der Bevölkerung kein organisierter Gegendruck entsteht, droht die Regierungspolitik noch weitergehende Zugeständnisse zu machen z. B. in der Steuerpolitik für Großunternehmen, in der Energie-, aber auch in der Sozialpolitik. Aufgabe der VVn - BdA ist es, auf Žhnlichkeiten mit der Unternehmerpolitik in der Weimarer Republik hinzuweisen.
Unmittelbar nach dem Regierungswechsel machte die neue Koalition zwar noch die größten sozialen Grausamkeiten der CDU/CSU/FDP rückgängig: Wiederherstellung des Kündigungsschutzes und der vollen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Kindergelderhöhung und steuerliche Entlastungen auch für ArbeitnehmerInnen folgten. Der erste zaghafte Versuch im Februar 2000 zur Finanzierung dieser sozialen Maßnahmen die Rücklagefonds der Wirtschaft zu besteuern machte jedoch schon deutlich, wer in diesem Lande wirklich das Sagen hat. Ein Aufschrei der Konzerne und ihrer Interessenverbände, die Drohung von Daimler-Chrysler den Hauptsitz ins Ausland zu verlegen, stoppten die Versuche einer Reformpolitik. Das Schröder-Blair-Papier kennzeichnete eine deutliche Abkehr von einer Politik der sozialen Gerechtigkeit. Statt aktiver Sozialpolitik im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung wird die Anpassung der Politik an die Vorgaben der Wirtschaft zum Schwerpunkt.
Statt eine konsequente Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach den Vorschlägen der Gewerkschaft zu fördern, unterstützt die Regierung auch im Bündnis für Arbeit die alten Forderungen der Arbeitgeber: neue Varianten des alten Unternehmerwunsches nach einem zweiten Arbeitsmarkt und damit den Abbau erkämpfter tariflicher Standards. mehrjährige Tarifverträge, Lohnleitlinien und die Ausheblung des Flächentarifvertrages sowie der Tarifautonomie. Es gibt eine fortgesetzte Umverteilung von unten nach oben. Das zeigt sich u.a. am Ausbleiben der Vermögenssteuer und dem Milliarden-Steuergeschenk an Börsenspekulanten und Banken zum Jahrsbeginn 2000.
Während Exportraten und die Gewinne der Unternehmen steigen, werden Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau zum dauerhaften Bestandteil der gesellschaftlichen Realität.
Antifaschismus erschöpft sich nicht im Protest gegen Rechtsentwicklung und Neofaschismus. Antifaschismus ist mehr als eine Gegenbewegung. Ein wichtiger Bestandteil des Antifaschismus ist die Solidarität, ein fast vergessener Wert in der kapitalistischen "Ellenbogengesellschaft", in der Leistungsdruck und Konkurrenz entsolidarisierend wirken. Antifaschismus bedeutet auch, alle Freiheiten und sozialen Errungenschaften der abhängig Beschäftigten einschließlich der Arbeitslosen zu verteidigen und die Demokratie zu schützen. Es ist notwendig, in der Bundesrepublik ein Klima des Antifaschismus und der gesicherten Demokratie zu schaffen, in dem für Neofaschisten kein politischer Raum bleibt. Dieses Klima muss durch große und immer erkennbare Mehrheiten der Bevölkerung der Bundesrepublik getragen sein. Dazu ist eine breite Sicherung der politischen und sozialen Menschenrechte aller in der Bundesrepublik lebenden Menschen erforderlich. Wir brauchen ein Bündnis gegen die Rechtsentwicklung und gegen die Zerschlagung des Sozialstaates. Dort, wo Demokratie und soziale Sicherheit lebendig sind, ist für Nazis kein Raum.

Entschädigung aller Nazi-Opfer
Wir begrüßen, daß sich nun endlich eine Regelung zur Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter abzeichnet. Die jetzt gefundene Einigung der Verhandlungspartner auf einen 10 Milliarden DM umfassenden Entschädigungsfond für ehemalige Sklavenarbeiter ist nach 55 Jahren ein überfälliges materielles Zeichen eines Ausgleichs für das ihnen zugefügte Unrecht. Dass dies mit jahrzehntelanger Verspätung und erst auf internationalen Druck durchgesetzt werden konnte, haben alle bisherigen Regierungen der Bundesrepublik, vor allem aber Industrie und Wirtschaftsverbände mit ihrer zuletzt praktizierten Verantwortungsverweigerung zu vertreten. Nun wollen die Erben der Nutzniesser des NS-Zwangsarbeitersystems, die Unternehmen, nur ein Viertel des Entschädigungsfonds tragen. Die Hälfte der 5 Milliarden, die sie beitragen, können sie von der Steuer absetzen, so daß die Steuerzahler nun 75 % der zugesagten Entschädigung zu tragen haben. Angesichts der Werte, die die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter für die Unternehmen geschaffen haben, nach Berechnungen eines Bremer Instituts 150 Mrd Mark, sind sowohl die Höhe der Entschädigung als auch die Verteilung der damit verbundenen Kosten ein Skandal.
Dass von den vielen heute noch existierenden Unternehmen, die seinerzeit vom Einsatz der "billigen" ZwangsarbeiterInnen profitiert haben, sich bis heute erst wenige an dem Fonds beteiligen wollen, macht diesen Skandal noch größer. Jeden Monat sterben mehrere tausend der betagten und meist bedürftigen Opfer der Zwangsarbeit, die heute noch leben.
Deshalb fordern wir Bundesregierung und Bundestag auf, die rechtlichen und organisatorischen Vorkehrungen dafür zu schaffen, dass Entschädigungsansprüche ohne bürokratische Erschwerungen umgehend angemeldet werden können. Dazu muß statt des etwa 3 Jahre dauernden Bescheinigung des Roten Kreuzes, ein Kurznachweis des Archives in Arolsen genügen. Die Zahlungen müssen im Hinblick auf die Lage der Betroffenen sehr schnell, gegebenenfalls im Vorgriff auf die spätere Gesetzesregelung erfolgen.

An die Vergangenheit erinnern, um die Zukunft zu gestalten
Verstärkt wird versucht, die Vergangenheit zu entsorgen und einen Schlußstrich zu ziehen. Der antifaschistische Auftrag des Grundgesetzes wird geleugnet und durch einen allgemeinverbindlichen "antitotalitären Konsens ersetzt und als Staatstheorie verkauft. "Antitotalitär - nicht antifaschistisch - war der Gründungskonsens bei der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland" behauptet die Staatsschutzbehörde in Baden-Württemberg. Damit wird deutlich dass die angeblichen "Verfassungschützer" das Grundgesetz gar nicht kennen, das sie zu schützen vorgeben.
Die wiederbelebte Totalitarismusthese hat Auswirkungen auf die Gedenkstätten, es soll kein Unterschied gemacht werden zwischen "Opfern der Nazidiktatur und der kommunistischen Gewaltherrschaft" (so das Ergebnis einer Tagung in der Gedenkstätte Buchenwald "Wenn die Zeugen schweigen...") Die neue Konzeption der Gedenkstättenförderung der Bundesregierung betreibt tendenziell eine Gleichsetzung der Diktaturen (vergleiche Bundestagsdrucksache 14/1569 vom 27.7.1999). Zu besichtigen ist das z.B. in der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte" im Schloss zu Rastatt in der im Juni 1999 neu eröffneten Ausstellung. Bei der Veranstaltung zum "Abschluß der Neukonzeption der Gedenkstätte Buchenwald" am 24. Oktober 1999 sprach Prof. Dr. Eberhard Jäckel den Häftlingsorganisationen das Recht ab, in Zukunft im Namen der ehemaligen Häftlinge zu sprechen. "Die Eigenschaft Häftling ist nicht erblich und die Verbände können nicht das Recht erheben, das Geschichtsbild zu bestimmen" verkündete er.
Unter Geschichtsrevisionismus verstehen wir all jene Ansätze, die durch Leugnung, bewußte Verfälschung und Relativierung der Realität faschistischer Herrschaft eine Rechtfertigung, Verharmlosung oder Umwertung des verbrecherischen Naziregimes betreiben. Geschichtsrevisionismus ist keine neue Erscheinung, er hat aber in den letzten Jahren an Einfluss deutlich zugenommen. Die politischen Intentionen für Geschichtsrevisionismus konservativer wie neofaschistister Farbe umfassen das ganze Spektrum rechtsgerichteter Ziele: Sie reichen vom Wunsch nach offener Legitimation der NS-Herrschaft über totalitarismustheoretisch begründete Denunziation des Antifaschismus bis zur Verharmlosung der NS-Kriegsverbrechen, um eigene militärische Interessen leichter verwirklichen zu können.
Unsre Aufgabe ist es, weiterhin die Erinnerung an die Ursachen und die Verursacher des Faschismus und seine Folgen wachzuhalten. Insbesondere erinnern wir an Widerstand und Verfolgung und die Erfahrungen und das Vermächtnis der WiderstandskämpferInnen. Erinnern heißt handeln! Die Erinnerung werden wir weiterhin verbinden mit aktuellen Aufgaben: Die Gedenkstätten würdigen und ausbauen, dabei keine Vermischung von Tätern und Opfern zulassen. Dem Geschichtsrevisionismus müssen wir entschieden entgegentreten.



Krieg ist keine Lösung!

Schluß mit dem Krieg in Tschetschenien und anderswo!
Die VVN-BdA verurteilt den Tschetschenienkrieg, wie alle anderen Kriege.
Immer deutlicher werden Krieg und militärische Drohung international als Mittel der Politik durchgesetzt. Die zunehmende Bereitschaft der führenden Industriestaaten, ihre Interessen mit militärischen Mitteln durchzusetzen und der damit verbundene Bruch des internationalen Rechts- und Sicherheitssystems, wie er zuletzt im Krieg gegen Jugoslawien vollzogen wurde, haben weltweit die Schwelle für zwischenstaatliche wie innerstaatliche Kriege gesenkt.
Der blutige und grausame Krieg, den Russland in Tschetschenien führt, hat in wenigen Wochen tausende Opfer gefordert und ganze Landstriche und damit die Lebensgrundlage der Bevölkerung zerstört. Wie alle Kriege trifft auch dieser Krieg zuerst die Zivilbevölkerung. Nichts, auch nicht der Hinweis auf terroristische Aktivitäten kann den brutalen Feldzug Russlands gegen die Bevölkerung Tschetscheniens rechtfertigen. Der Krieg muß sofort beendet werden! Auch im Tschetschenienkrieg geht es nicht allein um einen innerrussischen Konflikt, sondern um Ölinteressen, die fast alle weltpolitischen Akteure in der Kaukasus Region verfolgen.
Nur vor diesem Hintergrund ist die dauerhafte Destabilisierung der Region und die Ausstattung der tschetschenischen Rebellen mit Waffen und Kriegsgerät zu erklären.
Der Krieg gegen Jugoslawien und die damit verbundene Bedrohung auch der Interessen Russlands, die militärische Einkreisung Russlands durch die NATO-Osterweiterung, der befürchtete Griff des Westens nach dem Öl am kaspischen Meer, die Neuauflage des us amerikanischen SDI-Aufrüstung-Programmes, haben auch in Russland zu einer neuen Dominanz des Miltärischen beigetragen. Es ist unsere Aufgabe, den Drang der BRD nach Osten unter dem Deckmantel der EU- und NATO-Osterweiterung zu stoppen. Dies ist unser wichtigster Beitrag, auch die Friedenskräfte in Russland zu stärken.
Es ist unsere Überzeugung, daß Krieg, wo immer und von wem immer er geführt wird, keine Probleme löst, sondern immer Leid, Elend, und Verzweiflung schafft. Das gilt für Tschetschenien ebenso wie für alle 35 Länder dieser Erde, in denen heute Krieg geführt wird.
Krieg bedeutet immer die Mißachtung des ersten Menschenrechtes: des Rechts auf Leben!
Das erste Prinzip jeder Politik, die die Interessen der Menschen vertreten soll, heißt Frieden!
Die VVN-Bund der Antifaschisten ruft dazu auf:
Krieg muß international geächtet werden!
Deshalb fordern wir von allen Konfliktparteien, allen voran der russischen Regierung:
  • sofortige Einstellung der Kampfhandlungen in Tschetschenien! Bereitschaft zu Verhandlungen und internationaler Vermittlung!
Wir fordern von allen Regierungen, insbesondere der deutschen Regierung:
  • Ausdrücklichen Verzicht auf jede Kriegsunterstützung und die Vorbereitung eigener militärischer Interventionen. Dazu gehört in Deutschland als erstes die Zurücknahme der Verteidigungspolitischen Richtlinien und die Auflösung aller sogenannter Krisenreaktionskräfte.
  • Einstellung aller Waffenexporte, Verbot und Verfolgung jeden Handels mit Kriegswaffen.
  • Verbot jeder Geheimdiensttätigkeit im Ausland, Auflösung der Geheimdienste
  • Achtung des Nichteinmischungsgebotes im geltenden Völkerrecht!
  • Keinerlei Unterstützung für Grenzänderungen, die nicht einvernehmlich erfolgen.
  • Initiativen zur Stärkung nicht-militärischer internationaler Organisationen gegenseitiger Sicherheit und ihrer Befähigung zu nicht-militärischer Konfliktbearbeitung.
  • Umfassende Abrüstung!
Die Antifaschistinnen und Antifaschisten rufen wir auf, verstärkt für diese Forderungen einzutreten und die Friedensbewegung zu unterstützen.
Der Landesvorstand erhält den Arbeitsauftrag, sich auf einer seiner Sitzungen mit diesem Krieg, insbesondere dessen Ursachen zu beschäftigen und die Ergebnisse zu veröffentlichen.



Korruption bekämpfen - Demokratie stärken

Die ständig neuen Enthüllungen des aktuellen Korruptionsskandals haben das Vertrauen in die demokratischen und rechtsstaatlichen Strukuren der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig erschüttert.
Was bisher bekannt geworden ist und weiterhin scheibchenweise bekannt wird, läßt keinen Zweifel daran,
  • daß die tragende Regierungspartei jahrelang gegen Gesetz und Recht Gelder in Millionenhöhe in schwarze Kassen verschoben hat.
  • daß jahrelang illegale Gelder für illegale politische Zwecke wie z.B. die rassistische Unterschriftensammlung der CDU und den hessischen Wahlkampf im Frühjahr 99 verwendet worden sind.
  • daß die Bundesregierung, der BND, und die staatlich geförderten Stiftungen der Parteien, illegal und mit illegalen Geldern in die Innenpolitik Spaniens, Portugals und anderer Länder eingegriffen haben und somit eindeutig gegen das Nichteimischungsverbot des Völkerrechts verstießen.
  • daß die CDU jahrelang von Waffenhändlern und Rüstungskonzernen illegal Geld in großen Mengen erhalten hat.
  • daß, wie im Fall Heckler und Koch erwiesen, im Gegenzug Rüstungsaufträge an diese Firmen vermittelt und vergeben wurden.
  • daß sich in diesem Konglomerat von Politik und Geschäft viele, auch führende Politiker, persönlich bereichert haben.
Dieser Skandal beweist nicht nur die Selbstbedienungsmentalität führender Politiker aus CDU, CSU und auch der SPD und anderer Parteien. Er beweist vor allem, daß sich die Regierungspartei und führende Mandatsträger dieses Staates selbst außerhalb und über Recht und Gesetz gestellt haben. Seit dem Machtantritt Helmut Kohls hat diese Regierung, wie sich jetzt herausgestellt hat, mit illegalen Methoden und Geldern das Eintreten der Gewerkschaften und anderer demokratischer Kräfte für Arbeitszeitverkürzung und mehr Demokratie bekämpft.
Während dieselben Politiker in ihren Wahlreden pausenlos Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Flüchtlinge des "Sozialbetruges" verdächtigten, Kürzungen und schickanöse Verschärfungen ersannen, betrieben sie selbst im großen Stil Betrug am Steuerzahler.
Während die Menschen in den neuen Bundesländern mangelnder Leistungs- und Demokratiebereitschaft verdächtigt wurden, war die Verschleuderung des ehemalige Volksvermögens der DDR mit Parteien-und Privatspenden in Millionen verbunden. Während Organisationen wie die VVN-BdA als "verfassungsfeindlich" verdächtigt und vom Verfassungsschutz überwacht werden, finanziert die Partei des "Verfassungsministers" Kanther ihre rassistische Kampagne gegen Flüchtlinge und Einwanderer mit verfassungs- und gesetzwidrigen Geldern.
Der Korruptionsskandal offenbart vor allem, daß die Politik der Bundesrepublik seit Jahren nicht durch die dazu berufenen demokratischen Institutionen gestaltet wurde, sondern daß ein eng verwobenes Geflecht von Waffenhandel, Rüstungsindustrie, Politik, Geschäft und Korruption die politischen Entscheidungen massiv beeinflußte.
Die Krise der CDU betrifft längst nicht nur die CDU. Die bekanntgewordenen Tatsachen haben längst die Frage nach der Qualität des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland aufgeworfen. Solange Wirtschaft und Banken keiner demokratischen Kontrolle unterliegen, werden Strukturen, in denen Korruption zum täglichen Geschäft gehört, begünstigt. Der eingetretene Vertrauensverslust in die demokratischen Strukturen der Bundesrepublik befördert Politikverdrossenheit. Er birgt die Gefahr, der Hinwendung zu Politikmodellen von "Recht und Ordnung" und des "starken Mannes". Rechter Populismus wird gefördert, Demagogen vom Schlage eines Haider erhalten weiteren Zulauf.
Mangelndes Vertrauen in die Demokratie schürt die Gefahr einer Entwicklung nach rechts.
Wir treten ein für die vollständige Einhaltung und Verwirklichung des Grundgesetzes und des darin vorgesehenen demokratischen Systems. "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit", heißt es im Grundgesetz. Dort steht nicht, daß sie die Politik selbstherrlich und nach Maßgabe von Spenden und schwarzen Kassen gestalten.
Deshalb fordern wir:
  • Schluß mit dem Spendenunwesen!
  • Alle bekannt gewordenen Fälle von Korruption und illegaler Parteienfianzierzung müssen umfassend und schonungslos aufgeklärt werden.
  • Die verantwortlichen Politiker, Beamten und Geschäftsleute müssen ohne Ansehen ihrer Person vor einen gesetzlichen Richter.
  • Rücktritt und öffentliche Entschuldigung aller beteiligten Mandats- und Amtsträger ist unabdingbar.
Die VVN-Bund der Antifaschisten wird weiterhin gemeinsam mit allen demokratischen Kräften für Demokratie und gegen Parteienwillkür eintreten.



Verurteilung des NATO-Krieges gegen Jugoslawien

Beschluß der Landeskonferenz und Antrag an den Bundeskongress:
Die VVN-BdA verurteilt den Krieg der NATO gegen Jugoslawien. Dieser Krieg war völkerrechtswidrig und ein Bruch des Grundgesetzes der Bundesrepublik. Die Lage in Jugoslawien wurde durch diesen Krieg nicht verbessert, sondern verschlimmert. Er verursachte tausende von Toten und hat kein einziges Problem gelöst. Die Begründung, der Krieg sei auch notwendig als Lehre aus dem Faschismus und solle ein neues Auschwitz verhindern, empfinden wir als Verfälschung und Verhöhnung der Opfer des deutschen Faschismus und der antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer.
Die VVN-BdA ist gegen jeden Krieg und Militäreinsatz, ganz gleich, wie er von den Herrschenden begründet wird.



Mumia Abu-Jamal: Für ein neues Verfahren

Generelle Abschaffung der Todesstrafe. Auf der letzten LDK wurde Mumia Abu-Jamal als Ehrenmitglied in die Landesvereinigung der VVN-BdA aufgenommen. Seine Situation hat sich seitdem nicht verbessert.
  • Die VVN-BdA richtet folgendes Schreiben vom Bundestreffen der Mumia Abu-Jamal Unterstützungskommitees und der VVN-BdA Ortenau an Richter William H.Yohn, Jr Bundesgerichtshof von Philadelphia zu richten :
    To the Honorable Judge William H. Yohn, Jr Federal District Court of Philadelphia c/o Leonard Weinglass 6 West 20th Street, Suite 10A New York, NY 10011
    Your Honor Judge Yohn,
    We believe that Mumia Abu-Jamal, a known journalist and ex-Black Panther activist, did not receive a fair trial in 1982 and was unjustly convicted of killing police officer Daniel Faulkner. We further believe that the facts in his case warrant a new trial for Mumia Abu-Jamal which would offer the chance to hear all the facts and the suppressed evidence. In accordance with amnesty internacional whose president Pierre San‚ has called for a new trial for Mumia Abu-Jamal, we ask you to grant an evidientary hearing and then a new trial to Mr. Jamlal and not rush Mr. Jamal to death. We are opposed to the death penalty in general. The facts and statistics show that the death penalty is applied with racist intentions. Mr. Jamal's case is yet another example of the racist conntext inwhich the death penalty is applied. We hope that you will consider Mr.Jamal's request for a new trial favorably.
    (Aufgrund bekannt gewordener Fakten müssen wir davon ausgehen, daß Mumia Abu-Jamal ein bekannter Journalist und ehemaliger Black Panther-Aktivist, 1982 kein faires Verfahren erhalten hat und ungerechtfertigterweise für den Mord an dem Polizisten Daniel Faulkner verurteilt wurde. Wir sind überzeugt, daß die Fakten in Mumia Abu-Jamals Fall ein neues Verfahren rechtfertigen, was die Möglichkeit beinhaltet, neue Tatsachen und unterdrückte Beweise anzuhören. In Übereinstimmung mit amnesty international, dessen Präsident Pierre Sann‚ ein Neues Verfahren für Mumia Abu-Jamal gefordert hat, rufen wir Sie auf, eine Anhörung zu garantieren und dann ein neues Verfahren zuzulassen, anstatt Herrn Jamal in den Tod zu schicken! Wir sind generell gegen die Todesstrafe. Die Tatsachen und statistischen und Untersuchungen belegen, daß die Todesstrafe unter rassistischen Gesichtspunkten verhängt wird. Mumia Abu-Jamals Fall ist ein weiteres Beispiel dafür. Wir hoffen, daß Sie Mumia Abu-Jamals Antrag für ein neues Verfahren zustimmen werden!)
  • Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen regen wir an, das von dem "Bundestreffen der Mumia Abu-Jamal Unterstützungskomitees" und der VVN-BdA Ortenau initiierte Schreiben über den GLV/LV den Kreisvereinigungen in Baden Würtemberg zugänglich Zu machen und diese um Unterstützung in Form von Unterschriftensammlungen zu bitten.



    Radikalenerlaß aufheben, Berufsverbotsopfer einstellen!

    Die VVN-BdA Baden-Württemberg unterstützt nachdrücklich den dem Landtag von Baden-Württemberg vorliegenden Antrag, den sogenannten "Radikalen-Erlaß" endlich aufzuheben.
    Wir haben von Anfang an die mittels dieses Erlasses ausgesprochenen Berufs- und Ausbildungsverbote als undemokratisch und grundgesetzwidrig verurteilt und bekämpft. Die Praxis der Berufsverbote zielte und zielt ausschließlich gegen linke, demokratische, antifaschistische Politik. Opfer dieser existenzzerstörenden Praxis waren und sind überwiegend Antifaschistinnen und Antifaschisten. Zahlreiche Mitglieder der VVN-BdA können bis heute nicht in ihrem erlernten Beruf arbeiten.
    Nachdem auch der Europäische Gerichtshof diese Praxis der Berufsverbote verurteilt hat, ist es nun längst überfällig, damit Schluß zu machen und alle Opfer endlich einzustellen und angemessen zu entschädigen.



    100. Geburtstag Anna Seghers

    Am 19. November dieses Jahres jährt sich zum hundertsten Mal der Geburtstag von Anna Seghers, der großen Antifaschistin, Schriftstellerin und Autorin von Weltgeltung.
    Ihr Buch "Das siebte Kreuz" widmete sie den toten und lebenden AntifaschistInnen. Es ist für uns ein bleibendes Vermächtnis im Kampf für eine demokratische Kultur und gegen eine Unkultur des Vergessens und Verdrängens. Die Landesdelegiertenkonferenz ruft dazu auf, aus Anlass des hundertsten Geburtstages von Anna Seghers, im Herbst und Winterhalbjahr dieses Jahres bundesweit eine Vielzahl von Veranstaltungen in Büchereien, Volkshochschulen und Bildungseinrichtungen durchzuführen. Sie sollen dazu beitragen, die antifaschistische Widerstandsliteratur in die Gegenwart zu tragen.



    Erhalt der Mahn-und Gedenkstätte Lichtenburg

    Die Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA Baden Württemberg unterstützt ausdrücklich die Initiative der Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. zum Erhalt der Mahn-und Gedenkstätte Lichtenburg.
    Nachfolgende Resolution soll an den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt gerichtet werden:
    "Die Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA Baden-Württemberg protestiert gegen den Beschluß der Landesregierung Sachsen-Anhalt, die Mahn- und Gedenkstätte Lichtenburg in Prettin als Gedenkstätte von regionaler Bedeutung einzustufen und sie allein der Kreiverwaltung Wittenberg zu unterstellen. Die Lichtenburg war von 1933 bis 1937 ein Konzentrationslager für Männer. Anschliessend war sie bis 1939 zentrales Reichs-KZ für Frauen. Unter den Häftlingen waren auch Bürgerinnen aus Österreich und der Tschechoslowakei. Eine Mahn- und Gedenkstätte von dieser nationalen und internationalen Bedeutung der Kreisverwaltung zuzuordnen, kann in absehbarer Zeit die Schließung nach sich ziehen.
    Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden, den Status "regional" aufzuheben, die Mahn- und Gedenkstätte Lichtenburg in Landesträgerschaft zu übernehmen und für eine ange- messene Mittelausstattung zu sorgen."
    Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen regen wir an, die von der L.G.R.F. e.V. initiierte Unterschriftenliste über den GLV/LV den Kreisvereinigungen Baden Württemberg zugänglich zu machen und diese um Unterstützung in Form von Unterschriftensammlungen zu bitten.



    Kein Bundeswehreinsatz im Inneren

    Die VVN-Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg wendet sich entschieden gegen Absichten, die Bundeswehr für Aufgaben im Inneren einzusetzen, die verfassungsgemäß ausschließlich der Polizei vorbehalten sind. Die Grenzlinie zwischen den Aufgaben der Polizei im Inneren und der Bundeswehr nach Außen zur Landesverteidigung darf nicht aufgeweicht werden.
    Die VVN-BdA erinnert die demokratische Öffentlichkeit daran, dass eine der bitteren Lehren aus der Geschichte der Weimarer Republik und des Hitlerfaschismus ist, Polizei und Militär strikt zu trennen.
    Die Bundestagsparteien und der Deutsche Gewerkschaftsbund werden aufgefordert, öffentlich Stellung zu beziehen und jeglichen Vorstoss aus Kreisen der Bundeswehrführung oder von konservativen Politikern unverzüglich und energisch zurückzuweisen. Es genügt keinesfalls, sich darauf zu beschränken, die abenteuerlichen Pläne des Generalinspekteurs der Bundeswehr von Kirchbach vom Mai 1999 und des Ex-CDU-Parteivorsitzenden Schäuble von Anfang Februar mit knappen oder gar mehrdeutigen Erwiderungen von amtierenden Bundesministern kommentieren zu lassen.
    Solche Kommentare müssen halbherzig bzw. unglaubwürdig bleiben, wenn die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Aufbaus von Interventionstruppen für weltweite Kriegseinsätze eine Militarisierung der Krankenhäuser als Ersatzlazarette betreibt, eine militärisch-industrielle Kooperation als Vorbild für die Umstrukturierung der gesamten öffentlichen Verwaltung organisiert und Frauen unter Waffen als Beitrag zur Chancengleichheit verkauft. All dem muss eine klare Absage erteilt werden!

    Begründung:
    Auf der 36. Sicherheitskonferenz der NATO Anfang Februar in München forderte Wolfgang Schäuble die Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren. Wenn die Bundesregierung schon mal dabei sei, das Grundgesetz für den Einsatz von Frauen in der Truppe zu verändern, dann sollten in diesem Zuge gleich neue Grundlagen für die Zusammenarbeit von Bundeswehr und Polizei geschaffen werden. Bei der derzeit laufenden Bundeswehrreform müsse eine "Erweiterung der Kompetenzen, der Austausch von Polizei und Streitkräften, die Nutzung der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei in definierten Aufgabenfeldern" auf der Tagesordnung stehen. Nutzen will Schäuble diese Verquickung bewaffneter Kräfte offiziell zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus. Die deutsche Geschichte kennt zahlreiche Beispiele, bei denen Militär gegen Demonstranten und Arbeiter marschierte. Verteidigungsminister Scharping erwiderte, daß eine Verfassungsänderung zur Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten nicht zur Debatte stünde.ÿ Wie kurz der Weg zwischen positiven klingenden Ankündigungen und einer direkt gegenteiligen Politik bei den Regierungsparteien ist, kann man sich in vielen Politikfeldern - vor allem anhand des Jugoslawienkriegs ein Bild machen. Der Scharping-Kommentar darf nicht dazu führen, dass sich die Demokraten und Antifaschisten in Sicherheit wiegen. Diese Regierung tut nichts gegen die immer stärkere Einmischung der Bundeswehr in alle gesellschaftlichen Angelegenheiten. Jüngste Beispiele sind die zivil-militärische Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr-Lazaretten und Krankenhäusern und die umfassende Privatisierung der Bundeswehr-Infrastruktur einschließlich der Vermischung im Ausbildungsbereich, der von Bundeskanzler Schröder ausdrücklich eine Vorbildfunktion für die gesamte öffentliche Verwaltung zugewiesen wird. Bereits im Mai 1999 wurden in der Bundswehrführung Überlegungen angestellt, die Streitkräfte zur Bekämpfung von Terroristen und gegen die organisierte Kriminalität im Inland einzusetzen. Wörtlich heißt es in einem Bericht auf einem Seminar der Hamburger Führungsakadamie: "Aufgrund der zunehmenden Brutalität von Terroranschlägen und im Hinblick auf die Gefahr der Nutzung von Massenvernichtungswaffen verfügen die Streitkräfte über Mittel und Know-How, welches sonst nicht vorhanden ist." Anschläge von Terroristen werden in dem Bericht der Führungsakademie ausdrücklich als Krieg bezeichnet. Generalinspekteur von Kirchbach erklärte, daß die Bundeswehr darauf bestehen müsse, zur "Wahrnehmung von Überwachungs- und Einsatzaufgaben im Frieden innerhalb Deutschlands" eingesetzt zu werden. An einer Sitzung der Bundeswehr-Reformkommission über den möglichen Einsatz der Bundeswehr im Inland im Mai hatte auch Innenminister Schily teilgenommen. Er sagte dort, "daß das verfassungsrechtliche Trennungsgebot der inneren und äußeren Sicherheit möglicherweise nicht mehr überall sinnvoll sei, sich aber grundsätzlich bewährt habe." Paul Breuer, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU, pochte damals darauf, daß eine offene Diskussion über die Bedrohungssituation für die Bundesrepublik durch internationale Kriminalität möglich sein müsse. "Denkverbote" dürften hier nicht verhängt werden. Hans-Peter von Kirchbach hätte nichts anderes getan, als über die Bedrohung und Potenziale zur Gefahrenabwehr nachzudenken. Auch der Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Helmut Wieczorek, befürwortet, dass Soldaten künftig Hilfsaufgaben für die Polizei übernehmen können. Er sieht darin keinen Verstoß gegen das Grundgesetz, das den Einsatz der Streitkräfte im Innern verbietet. Man müsse möglicherweise überdenken, welche Aufgaben die Bundeswehr künftig haben solle, und die Verfassung anpassen. Auch er verteidigte ausdrücklich den Vorstoß des Generalinspekteurs.
    Wolfgang Schäuble sprach sich bereits 1993 als Bundesinnenminister für mögliche Bundeswehreinsätze im Fall einer Bedrohung der inneren Sicherheit aus. Der frühere Verteidigungs- und Verfassungsexperten der CDU, Prof. Scholz, unterstützte Schäuble 1993 mit dem Argument, daß der "Verteidigungs- und Spannungsfall" vorliege, "wenn von ausländischen Staaten gelenkter Terrorismus festgestellt" werde, denn das sei, "ein militärischer Angriff auf die territoriale Integrität Deutschlands." Auch rechtfertige "eine große Einwanderung, die keine Rücksicht nimmt auf Friedfertigkeit, den Verteidigungsfall". Bundeskanzler Kohl sprach damals im Zusammenhang mit der Asyldebatte vom "Staatsnotstand". Es sei daran erinnert, daß seinerzeit die CDU die um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfenden Bergleute und Stahlarbeiter als "Terroristen" verketzerte.
    Heutzutage werden derartige Vorstöße gleich aus den Reihen der Bundeswehr vorgetragen. Das wirkliche Ziel dieser Diskussionen ist eine Verfassungsänderung. Die Beschränkung der Bundeswehr auf Verteidigung und Katastrophenhilfe soll gebrochen werden.
    Dazu auch noch ein kurzer Rückblick in die jüngere Geschichte der Bundesrepublik. Im Frühsommer 1968 kämpfte der DGB gemeinsam mit der Antinotstandsbewegung gegen die von der Regierung geplanten Notstandsgesetze. Erinnert sei an den großen Sternmarsch nach Bonn, um gegen die sog. "Schubladengesetze" zu protestieren, die u.a. den Einsatz der Bundeswehr gegen streikende Arbeiter vorsehen. Trotz großer Proteste konnten damals die Notstandsgesetze nicht verhindert werden, d. h. seit dem Jahr 1968 können theoretisch im Notstandsfall Bundeswehrsoldaten in öffentliche und private Betriebe dienstverpflichtet und damit das Streikrecht außer Kraft gesetzt werden. Mittels der Schubladengesetze ist es auch seit 1968 theoretisch möglich, alle Frauen zwischen 18 und 55 Jahren zum Sanitätsdienst heranzuziehen, wenn der "Notstand" eintritt. Mehr noch: Art. 11 Abs. 2 der Notstandsgesetze verbietet es allen Bundesbürgern, ohne amtliche Zustimmung den Wohnsitz zu ändern und Artikel 115c ermöglicht sogar die Inhaftierung von Bürgern bis zu 4 Tagen ohne richterliche Genehmigung. Obwohl alles das nicht verhindert werden konnte, ist der Notstand nicht eingetreten. Der damals im Kalten Krieg definierte "Notstandsfall" als drohender Angriff aus dem Osten ist nicht eingetreten und heute gegenstandslos.
    Arbeitsplatzvernichtung, Massenarbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Armut nehmen zu. Soll mit dem notwendigen Protest solange gewartet werden, bis ein Streik als Bedrohung der inneren Sicherheit eingestuft und in Deutschland erneut Militär gegen Arbeiter eingesetzt wird?
    Gegen die Pläne zum Bundeswehreinsatz im Inneren ist entschiedener öffentlicher Protest angesagt, bevor es wieder einmal zu spät ist.



    Solidarität mit dem Jugenzentrum Friedrich Dürr

    Mit Entschiedenheit wendet sich die Landesdelegiertenkonferenz der VVN-Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg gegen geplante Zuschuss-Kürzungen für das Jugendzentrum "Friedrich Dürr" in Selbstverwaltung durch die CDU-Mehrheit im Mannheimer Gemeinderat. Zugleich spricht die Landesdelegiertenversammlung dem Jugendzentrum ihre Solidarität aus. Die VVN-Bund der Antifaschisten unterstützt die Jugendlichen in ihrem Kampf für die Erhaltung ihres Zentrums.

    Begründung:
    Das seit 27 Jahren bestehende Jugendzentrum ist eine Einrichtung, in der Jugendliche eigenverantwortlich ihre Freizeit bestimmen. Es ist eine "kulturelle und politische Nische, in der engagierten Jugendlichen Gestaltungsmöglichkeiten gegeben werden, die sie sonst vergeblich suchen", wie es in einer Schrift des JUZ heisst. Das Jugendzentrum hat sich seit Bestehen mit seiner Namensgebung "Friedrich Dürr", dem in Dachau ermordeten Mannheimer Antifaschisten und Kommunisten der antifaschistischen Arbeit verschrieben. Diese Arbeit wird ständig geleistet: innerhalb kurzer Zeit wurden vom JUZ drei Dokumentationen zusammengestellt, in denen neonazistische Aktivitäten in der Kurpfalz bzw. der Saar und der Pfalz nachgewiesen werden. Jetzt besteht die Gefahr, daß die neue CDU-Mehrheit im Gemeinderat in Mannheim ihre seit Jahren geforderte Halbierung des städtischen Zuschusses für das JUZ realisiert. Damit wäre der Jugendeinrichtung die Existenzgrundlage entzogen.




    Bundesgeschäftsstelle: Finanzielle Unterstützung durch Spendenmarken

    Die Arbeit und Existenz der Bundesgeschäftsstelle ist für die bundesweite Koordination der Arbeit der VVN-BdA von großer Bedeutung. Zum Beispiel als Ansprechpartner für Organisationen und Personen die sich für die Arbeit der VVN-BdA interessieren oder mit uns zusammenarbeiten wollen. Hierfür ist die Arbeit und Existenz der Bundesgeschäftsstelle und des Bundesgeschäftsführers notwendig. Die zukünftige Arbeit der VVN-BdA hängt auch von ihr ab. So wäre die Durchführung des ersten bundesweiten Jugendkongresses vom 29.-31 Oktober 1999 ohne sie nicht zu realisieren gewesen. Da die finanzielle Lage der VVN-BdA nicht die Beste ist brauchen wir eine Möglichkeit um neben den Landeszuweisungen die Existenz der Bundesgeschäftsstelle und des Bundesgeschäftsführers finanziell abzusichern.
    Die LDK möge deswegen beschließen:
    Die VVN-BdA möge zweckgebundene Spendenmarken zur direkten Unterstützung von Bundesgeschäftsstelle und Bundesgeschäftsführer einführen



    Farbige Briefköpfe

    Verwendung des VVN-BdA Emblems in Farbe (blaue Streifen, rotes Dreieck) auf Briefköpfen im Schriftverkehr von GLV/LV und den Kreisen.
    Unsere Organisation macht damit auf die Tradition und den geschichtlichen Hintergrund der antifaschistischen/politischen Häftlinge aufmerksam und bleibt durch die Verwendung des Originals erkennbar.
    Dies ist in einer Zeit von Geschichtsverfälschung unverzichtbar. Wie unsere Fahne oder unser Anstecker soll auch der Briefkopf unserer Organisation farbig erscheinen.

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