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33. Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA in Mannheim:Zukunft Antifaschismus: Frieden! Soziale Gerechtigkeit! Solidarität!von LandesvorstandIntensiv und lebhaft, gelegentlich auch kontrovers, aber fast immer soldarisch, wurde auf der zweitägigen Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA Landesvereinigung am 26.und 27. Februar in Mannheim diskutiert. Die Konferenz stand unter dem Motto: "Zukunft Antifaschismus: Frieden! Soziale Gerechtigkeit! Solidarität!" 54 Delegierte und zahlreiche Gäste aus 15 Kreisvereinigungen waren der Einladung des Landesvorstands ins Mannheimer Gewerkschaftshaus gefolgt, um sich über die künftige Arbeit ihrer Organisation zu verständigen und inhaltliche Schwerpunkte festzuklopfen. Junge Musik und alte Tradition Im Zeichen eines neuen Windes in der Landes-VVN stand schon der Anfang: Die Gruppe Mosaik, sie besteht aus Mitgliedern der VVN-Jugend Ortenau, eröffnete die Konferenz äußerst jugendgemäß mit fetzigem Rap, jenem rhytmischen Sprechgesang, zu dem die Glieder zucken. Die Texte, englisch, französisch, deutsch und von den Mosaikler selbstgemacht, handelten von antifaschistischen Themen. Nur schade, daß sie wegen der Technik für die Hinterbänkler schlecht zu verstehen waren. Gut verstehen konnte man aber Alfred Hausser, den Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser 33. Landeskonferenz seit Gründung der VVN im Jahr 1947 begrüßte. Alfred Hausser würdigte den opferreichen Kampf der Mannheimer Antifaschisten gegen die Terrorherrschaft der Nazis. Stadtrat Frieder Brender überbrachte im Auftrag des Oberbürgermeisters Gerhard Widder die Grüße der Stadt Mannheim. Auch er verwies auf die antifaschistischen Traditionen der Stadt Mannheim. Beschämender Umgang mit Zwangsarbeitern Den Bericht des Landesvorstandes referierte Bundes- und Landesprecher Werner Pfennig. Als "beschämend und unerträglich" bezeichnete er den Umgang der deutschen Wirtschaft mit ihren ehemaligen Zwangarbeitern. Die Firmen müßten sich ihrer Verantwortung stellen und sich am Entschädigungsfonds beteiligen. Unter großem Beifall dankte Werner Pfennig dabei dem Ehrenvorsitzenden Alfred Hausser für seine jahrelange und konsequente Arbeit im Bereich Entschädigung. Ausführlich ging er auf den Krieg der NATO gegen Jugoslawien ein. Erschüttert habe die VVN-BdA, daß unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung von deutschem Boden wieder Krieg ausgegangen ist. Als besonders infam verurteilte der Redner den Vergleich mit Auschwitz, den Fischer und andere angestellt haben: "Bundeskanzler Schröder ließ sich zu dem Satz hinreissen, mit der Beteiligung Deutschlands am Krieg gegen Jugoslawien habe Deutschland einen Teil seiner historischen Schuld abgetragen", das bedeute, "Deutschland müsse sich nur genug an Kriegen beteiligen, dann sei die Schuld des 2. Weltkrieges getilgt". antifaschistisches Erbe: Nie wieder Krieg! Gegen solche Žußerungen hat die VVN-BdA mit großer Resonanz protestiert, stellte Werner Pfennig fest. An den zahlreichen Aktionen der Friedensbewegung habe die VVN-BdA mitgewirkt. Jetzt müsse eine Aufarbeitung der Vorbereitung, Durchführung und der Folgen des Natoangriffs durch die Friedensbewegung, aber auch durch offizielle Stellen geleistet werden. Der Bundes- und Landesspecher forderte auch ein sofortiges Ende des Krieges der russischen Regierung gegen Tschetschenien. Über 11.000 rechsextremistische Straftaten in Deutschland machen engagiertes Auftreten gegen Nationalismus, Rechtsextremismus und Rassismus nötiger denn je. Werner Pfennig trat für ein Verbot der neofaschistischen NPD ein. Baden-Württembergs Haider-Partei, den Reps, müssen offensiv entgegengetreten werden. Mit Waffenschiebergeld gegen Demokraten Auch auf den Spendenskandal ging Werner Pfennig ein: "Man reibt sich die Augen. Es ist schlimmer als in den oft zitierten Bananenrepubliken. Wir hatten 16 Jahre lang eine Bimbes- und Bakschisch-Demokratie. Gesetzes- und Verfassungsbrecher wie Kohl und Kanther haben mit illegalen Methoden regiert." 16 Jahre lang seien "die Friedensbewegung, die Demokratiebewegung, sind die Gewerkschaften unter Zuhilfenahme von Schwarzgeld, Bestechungsgeld, Waffenschiebergeld bekämpft worden. Werner Pfennig forderte soziale Gerechtigkeit, die diesen Namen verdient, denn "Geld ist genug vorhanden, es ist nur in den falschen Händen." Der Kapitalismus, befand Werner Pfennig, wird nicht das Ende der Geschichte sein. "Der Kapitalismus steht offenbar als eindeutiger Sieger der Geschichte fest, wobei wir uns Gedanken darüber machen sollten, ob ein Wirtschaftsystem, in dem täglich weltweit 50.000 Kinder verhungern, wirklich schon das Beste ist, was menschlicher Geist in Jahrtausenden hat hervorbringen können" zitierte er den Schriftsteller Johannes Mario Simmel. Mit den Worten "Es lebe unsere VVN-BdA! Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!" beendet der Bundes- und Landessprecher seine von den Delegierten und Gästen mit begeistertem Beifall aufgenommene Rede. Partner/innen im Kampf gegen rechts Anschließend würdigte der Vertreter des Mannheimer DGB, Gert Helbling, in seinem Grußwort die VVN-BdA, der er selbst angehört, als Organisation, die engagiert gegen Rassismus und Neofaschismus auftritt. Žhnlich hatte sich der DGB-Landesvorsitzende Rainer Bliesener in seinem schriftlichen Grußwort geäußert, in dem es heißt: "Die Bundesrepublik ist nicht immun gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Wir brauchen im Moment zwar nicht zu befürchten dass östereichische Beispiel Schule macht, müssen uns aber mit aller Energie dagegen wehren, dass die politischen Inhalte Haiders weiter auf fruchtbaren Boden fallen. Wenn wir nämlich genau hinschauen, ist sein Gedankengut auch bei uns weiter verbreitet als uns allen lieb ist. Ich freue mich, dass die VVN-, deren Mitglied ich gerne bin, sich so engagiert für Demokratie, Toleranz mit Minderheiten und Frieden einsetzt." Die Grüße ihrer Partei überbrachte die Alterspräsidentin von Bündnis 90 Die Grünen, Irmgard Zecher. Der Oberrat der Israeliten Badens wünschte der Konferenz in einem schriftlichen Grußwort einen guten Verlauf. Auch Vertreterinnen der Naturfreunde und der DKP sowie der Bundestagsabgeordnete der PDS Winfried Wolf richteten Grußworte an die Konferenz. Impulse für die Praxis Am Nachmittag des ersten Konferenztages fanden Arbeitsgruppen statt, die sich mit den Themen Jugendarbeit, Mitgliederwerbung, Arbeit in der Öffentlichkeit: Veranstaltungen, Infostände, Kassierung, Internet und Computerkommunikation - also mit praktischer Alltagsarbeit befaßten. Dabei wurden vorhandene Schwachpunkte benannt und Ansätze zur Verbesserung andiskutiert. Zu mehr reichte die knapp bemessene Zeit nicht. Immerhin: Die TeilnehmerInnen an Arbeitsgruppen konnten allerlei Anregungen mit nach Hause nehmen. Parallel zu den Arbeitsgruppen fand eine Kranzniederlegung am Lechleiter-Mahnmal statt. Das Mahnmal erinnert an die 1942 von den Nazis ermordete Mannheimer Widerstandsgruppe um den Kommunisten Georg Lechtleiter. Vorrangige aber nicht einzige Aufgabe: Frieden Lebhaft und kontrovers wurde der Leitantrag des Landesvorstandes diskutiert. Die in diesem Papier getroffene Festlegung "Unsere vorrangige Aufgabe in den nächsten zwei Jahren ist, die Friedensbewegung zu stärken" sorgte für Zündstoff. Zwar wurde die Notwendigkeit, die Friedensbewegung zu stärken, von keinem Diskussionsredner und keiner Diskussionsrednerin in Frage gestellt, doch daß dies "vorrangige Aufgabe" und nicht nur eine wichtige Aufgabe oder eine der Hauptaufgaben sein soll, sorgte für heftige Auseinandersetzungen. Dabei ging es keineswegs um einen Streit um Worte. Dahinter steckt eine unterschiedliche Politikbewertung. Nach langen Diskussionen, die Argumente waren ausgetauscht und eine Annähung der Positionen nicht in Sicht, wurde der Antrag schließlich abgestimmt und mit Mehrheit angenommen. Die anderen Anträge mußten warten. Das Abendessen setzte hier eindeutige Prioritäten. Außerdem sollte ja auch ein Kulturprogramm stattfinden. Solidarität mit Saxophon und Texten Die anspruchsvolle Kulturveranstaltung am Abend des ersten Konferenztages stand im Zeichen der Solidarität mit dem in den USA zum Tode verurteilten schwarzen Bürgerrechtler und Journalisten Muma Abu Jamal. Leila Haas, Performerin und Regisseurin las aus Mumias Büchern "Aus der Todeszelle" und "Ich schreibe, um zu leben". Karl-Martin Matt, aktiv in der VVN-BdA Ortenau, trug dazu Improvisationen auf dem Tenorsaxophon vor. Aus den sensiblen Texten des zum Tode Verurteilten spricht eine anrührende Liebe zum Leben, zu den Menschen, die wohl niemanden im Saal unbewegt gelassen hat. Gastreferat vom neusten VVN-Mitglied Der zweite Konferenztag begann mit einem Referat von Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) Tübingen zum Thema "Nach dem Krieg ist vor dem Krieg". Der Politikwissenschaftler stellte den Umbau der Bundeswehr von der Verteidigungsarmee zur interventionstauglichen Truppe dar und machte unmissverständlich klar, daß der Krieg gegen Jugoslawien eine Zäsur gewesen ist: Deutsche und Europäische Aussenpolitik ist künftig auch und immer mehr Militärpolitik. Dem Krieg gegen Jugoslawien werden neue, schreckliche Kriege folgen, wenn es nicht gelingt, in der Bevölkerung eine Stimmung zu schaffen, die Kriegseinsätze verbietet. Dem Referat folgte eine lebhafte Diskussion, an deren Ende Tobias Pflüger das tat, was er vielleicht schon früher getan hätte, wenn er darauf angesprochen worden wäre: Er füllte die Betrittserklärung der VVN-BdA aus. Ein Schritt, der auf allgemeine Zustimmung stieß. Knappe Zeit für wichtige Beschlüsse Auch die Wahlen blieben spannend: Nicht weil sich dabei große Kontroversen abzeichneten, sondern weil bis zum letzten Konferenztag nicht entschieden war, ob der Platz der ausscheidenden Sprecherin Silvia Schulze wieder mit einer qualifizierten und engagierten Kandidatin besetzt werden könnte. Nachdem sich Anne Rieger, die bis zur Landeskonferenz in Ulm schon viele Jahre dieses Amt inne hatte, dann erneut zur Kandidatur entschloss, gab es daran aber keine Zweifel mehr. Mit viel Beifall, dem Dank des Landesvorstands und einem dazugehörigen Geschenk wurden die bisherige Sprecherin Silvia Schulze, und die ausscheidenden GLV Mitglieder Arne Hübner, Markus Merkl und Helmut Woda verabschiedet. Als neue alte Landesspecher wurden gewählt: Anne Rieger, 2. Bevollmächtigte der IGM Waiblingen, der Lehrer Reinhard Hildebrandt und das frühere Mitglied des Hauptvorstands der IG Medien, Werner Pfennig. Die Wahlen erwiesen sich wegen der komlizierten Satzungsbestimmungen ein weiteres Mal als ein zwar wichtige aber auch zeitraubende Prozedur. Diese Zeit wurde dann am Ende der Konferenz fast zu knapp für die Antragsdiskussion. Was kaum mehr möglich erschien, gelang schließlich doch: alle Anträge, einschließlich der Initiativanträge, konnten dank des disziplinierten und solidarischen Verhaltens der Delegierten und der Versammlungsleitung diskutiert, abgestimmt und beschlossen werden. Neue AntifaschistInnen braucht das Land! Alles in allem hat die Landeskonferenz eine selbstbewußte VVN-BdA in Baden-Württemberg gezeigt, die weiß, daß sie in den letzten Jahren manches beigetragen hat zur Politik und zur demokratischen Kultur im Land. Wir sind eine Organisation, die gebraucht wird: Zum Wachhalten der Erfahrungen des Widerstands und der Erinnerung daran, was ihn damals wie heute wieder notwendig macht. Wir sind eine Organisation, die Anerkennung und Respekt genießt für die Beiträge, die wir für die gemeinsamen Anliegen in der Friedensbewegung und in den Bündnissen gegen rechts leisten. Die Konferenz hat gezeigt, daß wir manches erreicht haben. Sie hat Mut gemacht, die Probleme anzupacken vor denen wir stehen: Unsere Aufgaben sind gewachsen und werden weiter wachsen. Unsere Kräfte, vor allem die Zahl unserer Mitglieder haben damit nicht immer und nicht überall Schritt gehalten. Um diese Probleme zu bewältigen bedarf es noch vieler Arbeit. Es braucht vor allem mehr und neue Antifaschistinnen und Antifaschisten! Gewählt wurden
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