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Nummer 4 / Oktober 2000



Beschluß des Bundeskongresses:

Erfordernisse des Kampfes gegen rechts -
Neofaschismus und Rassismus müssen isoliert und überwunden werden

VVN-BdA Bundeskongress

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (VVN-BdA) begrüßt, dass die Notwendigkeit des Kampfes gegen Neofaschismus, Rechtsextremismus und Rassismus in den Vordergrund der öffentlichen Debatte gerückt ist. Davon darf es kein Abrücken mehr geben.

Die VVN-BdA und weitere antifaschistische und antirassistische Initiativen und Gruppen engagieren sich bereits seit Jahren gegen Rassismus und Neonazismus. Doch anstatt die antifaschistischen Kräfte dabei zu unterstützen, wurden sie nicht nur missachtet, sondern oft auch behindert, diffamiert und kriminalisiert. Das alles hat den rechten Kräften nur geholfen.

Wer Neofaschismus und Rassismus wirklich bekämpfen will,
  • darf ihm keine Nahrung geben, muss seine Wurzeln beseitigen,
  • muss Antifaschismus unterstützen und fördern, darf ihn nicht behindern und diffamieren,
  • muss Demokratie stärken und ausbauen, darf sie nicht einschränken,
  • muss in allen Bereichen für die sozialen und politischen Menschenrechte wirken.
Wir wenden uns gegen jede Gleichsetzung von Nazigegnern mit Neonazis und Rechtsextremisten. Jede Gleichsetzung von links und rechts verharmlost die rechte Gewalt, schwächt die Kräfte des Widerstandes und begünstigt den Neonazismus.

Breite Bündnisse gegen rechts sind ein wichtiges Mittel, um in der Gesellschaft ein Klima zu entwickeln, das zur Ächtung jedes Rassismus und Rechtsextremismus führt. Daraus ergibt sich für uns die Aufgabe, uns mit Vorrang für das Zustandekommen solcher Bündnisse und für die Bündelung aller Kräfte gegen rechts einzusetzen.

Wir brauchen mehr Demokratie. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Bürgerrechte. Es darf keinen Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten geben - auch nicht unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Rechtsextremismus. Nicht die demokratischen Rechte sind abzubauen, sondern die Aktivitäten der Neonazis zu unterbinden.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Für faschistische und rassistische Praktiken und Ziele darf es keine Betätigungsfreiheit geben.

Faschismus ist illegal.

Unsere Position ist: Alle neonazistischen Organisationen und Gruppen sind als politische und ideologische Nachfolger der NSDAP, SA, SS usw. zu behandeln und demnach verboten. Das bestimmt auch Artikel 139 des Grundgesetzes.

Gegenüber den Vereinten Nationen hat die Bundesregierung ausdrücklich auf die Weitergeltung der antifaschistischen Gesetze und Völkerrechtsbestimmungen hingewiesen, als sie erklärte: "Das ausdrückliche Verbot von neonazistischen Organisationen und gleichfalls die Vorbeugung gegenüber neonazistischen Tendenzen folgen aus dem Grundgesetz mit der Wirkung, dass die von den alliierten und deutschen Stellen erlassene Gesetzgebung zur Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus weiterhin in Kraft ist."

Wir fordern die Durchsetzung dieses verfassungsmäßigen Faschismusverbots gegenüber allen neofaschistischen Kräften, Organisationen und Publikationen.

Wir sind für das Verbot und die Auflösung der NPD und aller anderen neofaschistischen Parteien und Organisationen. Damit werden den Neonazis Auftritts- und Agitationsmöglichkeiten genommen und die legale Basis entzogen.

Wir fordern die Einstellung jeder direkten und indirekten Förderung des Rechtsextremismus durch staatliche Einrichtungen oder Finanzierung. Neonazis haben keinen Anspruch auf Steuergelder. Das gilt auch für alle revanchistischen Bestrebungen.

Dabei betonen wir, dass Verbotsmaßnahmen allein nicht ausreichen.

Das Verbot von Nazi-Organisationen und deren Umtrieben kann die notwendige Auseinandersetzung mit den Quellen des Neofaschismus und Rassismus nicht ersetzen. Ihnen müssen die Grundlagen entzogen werden.

Zum Nährboden des Rechtsextremismus gehören - neben der Fortdauer und Erneuerung von Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus - ein rigoroser kapitalistischer Marktradikalismus mit seinen asozialen Folgen und Auswirkungen sowie neoliberale Strategien, die ihn fördern statt bekämpfen.

Zum Nährboden des Rechtsextremismus gehört eine Gesetzesverachtung, wie sie in den Schwarzgeldpraktiken der CDU - und dem damit verbundenen Kauf politischer Macht - ebenso zum Ausdruck kommt wie im Hinwegsetzen über Grundgesetz und Völkerrecht bei der Führung des Krieges gegen Jugoslawien.

Zum Nährboden geworden sind Beiträge und Stichworte aus der offiziellen Politik.

Erklärungen von angeblich drohender "Überfremdung", "Überbelastung" durch Flüchtlinge, von Ausländer-"Flut" und "Schwemme", von "vollem Boot", "Ausländerkriminalität" und "unnützen" Menschen, die "schnell raus zu werfen" seien, gaben letztlich die Stichworte und Anstöße für die rechtsradikale Gewalt.

Die Diskriminierung eines Teiles der in diesem Lande lebenden Menschen durch eine restriktive Ausländer- und Sondergesetzgebung (wie Asylbewerberleistungsgesetz, Arbeitsverbot, Abschiebehaft usw.) trägt zu Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass bei.

Bis heute haben Gerichte und Verwaltungen immer wieder neofaschistischen Aufmärschen Raum und polizeilichen Schutz gegeben. Die Polizei ging dann nicht gegen die Neonazis, sondern gegen Antifaschisten vor, die sich den Neonazis in den Weg stellten.

Mit alledem muss Schluss sein.

Wir fordern die Beseitigung aller diskriminierenden Ausländer- und Sondergesetze.

Die menschenverachtende Asylpraxis, die Menschen in den Tod treibt, muss beendet und das Asylrecht wiederhergestellt werden.

Wir brauchen ein Antidiskriminierungsgesetz, das jede Diskriminierung von Menschen und Minderheiten unter Strafe stellt.

Wir wollen die Durchsetzung und Sicherung der politischen und sozialen Menschenrechte für alle in der Bundesrepublik lebenden Menschen.

Wir brauchen eine umfassende Praktizierung und Förderung demokratischer Konzepte von Jugend-, Bildungs- und Sozialarbeit. Insbesondere antirassistische und interkulturelle Jugendarbeit und Jugendbildung müssen ausreichend unterstützt werden. In den Schulen und Bildungsstätten muss ein offensiver Umgang mit Rassismus und Rechtsextremismus erreicht werden.

Wer Neofaschismus bekämpfen und überwinden will, darf die Verbrechen des Hitlerfaschismus nicht bagatellisieren und nicht verschweigen. Information und Aufklärung über den deutschen Faschismus sind ein wichtiger Bestandteil des Kampfes gegen Neofaschismus und Rassismus.

Wir fordern die Unterstützung und Förderung antifaschistischer Geschichtsarbeit und der Arbeit der Gedenkstätten und Einrichtungen, die an die Nazi-Verbrechen erinnern und dem Gedenken an die Opfer des Naziregimes dienen.

Wir verlangen die sofortige Entschädigung aller NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und aller bisher "vergessenen" Opfer des NS-Regimes.

Gefördert werden Neofaschismus und Fremdenfeindlichkeit nicht zuletzt auch durch eine zunehmend militaristische Außen- und Verteidigungspolitik.

Der Einsatz der Bundeswehr als Interventionsstreitmacht in fremden Ländern fördert Großmachtdenken und Chauvinismus. Kriegspolitik fördert immer auch Neofaschismus.

Wir fordern eine unbedingte Friedenspolitik; die Auflösung aller Krisenreaktions-, Spezial- und Interventionskräfte und der damit verbundenen Planung; die Beschränkung der Aktivitäten der Bundeswehr, solange sie noch existiert, auf reine Landesverteidigung; Truppenreduzierung und Abrüstungsmaßnahmen sowie die Orientierung der Außenpolitik auf zivile Krisenvermeidung und -bewältigung.

Wir verlangen die Abschaffung der auf die faktische Rehabilitierung der Verbrechen der Wehrmacht gerichtete Traditionsarbeit in der Bundeswehr und die Abschaffung entsprechender Kasernennamen.

Der Kampf gegen Neofaschismus und Rassismus erfordert eine kontinuierliche und zielgerichtete Arbeit. Dafür wollen wir möglichst viele Mitkämpfer/innen und Bündnispartner gewinnen.

Es muss eine dem Neofaschismus und Rassismus entgegengesetzte Politik entwickelt werden.

Das kann nur eine auf
  • Menschenrechten für alle,
  • uneingeschränkter Demokratie,
  • sozialer Gerechtigkeit und
  • unbedingter Friedenspraxis
beruhende Politik sein.

Für die Durchsetzung dieser Aufgaben und Ziele brauchen wir die gesamte Organisation - und neue Mitglieder.

Unser Appell lautet deshalb: Werdet Mitglied der VVN-BdA !

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