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01.07.1997
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschisten

Baden-Württemberg



antifNACHRICHTEN an9707

Heft Nummer 3/1997


Verrenkungen im Verfassungsschutzbericht:

Herr Schäuble, wie stehen Sie da?

von Hans Gasparitsch


Nach der Durchsicht der jetzt im Mai herausgekommenen Bewertung der VVN-BdA Baden-Württemberg im Verfassungsschutzbericht zum Jahr 1996 stellt sich wiederum die Frage: ist unsere Landesregierung lernfähig? Ist sie fähig, den ständigen notwendigen Prozeß der Demokratisierung unseres Staates allseitig zu fördern? Wenn man bedenkt, wie bezüglich rechtsstaatlicher Normen die BRD sich durch das Europa-Parlament belehren lassen mußte, z.B. durch die Zurückweisung des "Radikalenerlasses" mit seiner Gesinnungschnüffelei und nachfolgend vielfacher Existenzvernichtung unbescholtener Bürger, oder der Festschreibung der KZ als originäre Gedenkstätten des Naziterrors ohne Vermengung mit nachträglichen Internierungen, dann ist man erschreckt über die permanente Diffamierung der VVN-BdA. Dieses Bewertungsmuster des Innenministeriums gilt als verbindlich für alle staatlichen Stellen für den Umgang mit unserer Organisation.

Beweise für diese Diffamierungen werden nicht geliefert. Das einzige Zitat aus unserer eigenen Feder "Kabinett, Kapital, neue Rechte und neofaschistische Organisationen richten alles darauf ein, sich von der Last der Vergangenheit zu befreien, die Geschichte zu entsorgen und umzudeuten..." belegt keineswegs die angeblich von der VVN-BdA behauptete "Zweckkumpanei zwischen dem deutschen Staat und den Faschisten", sondern es stellt die allgemein bekannte Tatsache fest, daß rechte Kräfte im Staat und Kapital zusammen mit den neonazistischen Kräften einen Schlußstrich unter die Nazivergangenheit ziehen wollen. Siehe die rechtskonservative "Denkfabrik" Weikersheim, der jüngst Ministerpräsident Teufel seine Aufwartung machte.

Wenn nur verleumdet wird, dann bestätigt sich die Frage, die der Soziologe Oskar Negt, Hannover, schon vor Jahren stellte: Worin liegen die Ursachen, daß nicht nur Terror und Marxismus, sondern auch Bürgerinitiativen und sozialistische Organisationen, jugendliche Subkulturen und radikaldemokratische Verteidiger von Grundrechten, zu einem undurchdringlichen Objekt innerstaatlicher Feinderklärungen wird? (Wider die deutsche Verstaatlichung der Klassengesellschaft, 1978). Die Bewertung eines solchen "Verfassungsschutz"-Berichts kann nur sein: Mit unbeweisbaren verleumderischen Unterstellungen schützt der Verfassungsschutz nicht unsere Verfassung, sondern verfälscht ihren Auftrag! Und zudem stellen ihre argumentativen Verrenkungen den Verfassern ein miserables Zeugnis über ihre juristische Qualifikation aus.

Dieses "Kabinetts"-Stück aus dem Innenministerium ist ein Armuts-Zeugnis für unsere Demokratie. Herr Minister Schäuble, wie stehen Sie nun da?

Hans Gasparitsch


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