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01.07.1997
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschisten

Baden-Württemberg



antifNACHRICHTEN an9707

Heft Nummer 3/1997


Zur sozialen Demagogie der "Republikaner:"

Ängste schüren und nationalistisch umdeuten

von Reinhard Hildebrandt, Landessprecher


"Sich mit der Programmatik der REP offensiv auseinandersetzen - anstatt sie schweigend zu ignorieren" forderte MdL Renate Thon (Bündnis 90 / Die Grünen) auf der "Landesweiten Antifaschistischen Sozialkonferenz" am 15. Februar 1997 im Stuttgarter DGB-Haus.

Gemeinsame Veranstalter waren die VVN /BdA, der DGB und die Antifa A. Das ärgerte die REP so, daß sie zwei Tage danach empört mit einer Kleinen Anfrage im Landtag reagierten.(1)

Manchmal freuen sie sich auch über den politischen Gegner. So zitieren sie in ihrem Parteiorgan "Der Republikaner" (2) auf Seite 1 einen Satz aus dem Pressedienst "Blick nach rechts":

"Bestätigt hat sich, daß vor allem die Republikaner keine ,Ein-Thema- Partei' sind, sondern über die, Ausländer- und Asylfrage' hinaus existentielle Ängste und Nöte der Bevölkerung, beispielsweise steigende Kriminalität oder soziale Probleme (Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot), geschickt aufgreifen und nationalistisch umdeuten." (3)

Wählermobilisierende Demagogie

Offensichtlich sieht sich REP-Chef Rolf Schlierer bestätigt, der die kommenden Wahlkämpfe mit den Themen "Arbeitslosigkeit, Renten, Steuern, Krankenversicherung, EURO und Kriminalität" führen will und behauptet: "An Argumenten fehlt es uns Republikanern nicht".

Neue Analysen der Parlamentsarbeit der REP kommen zu einem anderen Ergebnis:

"Freilich trägt die Anwesenheit rechtsextremer Mandatsträger nicht zur Lösung der von ihnen skandalisierten Probleme bei. Vielmehr beschränkt man sich auf nationalistische Kritik an tatsächlich oder vermeintlich bestehenden Mißständen. Es geht den Rechtsextremisten nicht um die mühevolle und arbeitsintensive Aneignung von Problemlösungskompetenzen oder intern um richtungsweisende Diskurse, sondern lediglich um eine optimale, wählermobilisierende Art der Demagogie." (4)

Verständlich, daß sie diesen Teil der Analyse nicht mehr zitieren.

Im Januar 1996 legten die REP eine Broschüre vor, in der sie einen Querschnitt der Themen und Initiativen darstellen, die sie im Parlament, angegangen sind. Das sind Gesetzentwürfe, Anträge, große und kleine Anfragen, aktuelle Debatte oder mündliche Anfragen. Allein 270 von 565 dieser Initiativen, also etwa die Hälfte, befassen sich mit Kriminalität, Polizei, Justiz, Asyl, Ausländer, Bürgerkrieg und Europa. Das ist sozusagen das, was sie vier Jahre lang bis Dezember 1995 im Landtag gemacht haben. Dann erst kommen Themen hinzu wie Wirtschaft und Finanzen, öffentlicher Dienst, (70 mal), und dann erst kommen Bildung, Wissenschaft, Kultur, Umwelt, Energie, Verkehr, Familien-, Gesundheits- und Sozialpolitik. Der Schwerpunkt ist da ziemlich eindeutig: Ängste schüren, Ängste aufgreifen ...

Unterschwellige Angstgefühle

An unterschwellige Angstgefühle appellieren Sätze wie "Die städtischen Konzentrationen von Arbeitslosen, Asylanten, Sozialhilfeempfängern und Alleinerziehenden geben zur höchsten Besorgnis Anlaß" (5) oder "Wir haben bereits jetzt eine Million arbeitslose Ausländer ... Dazu kommen über 1,7 Millionen ausländische Flüchtlinge. Bis zum Jahre 2010 fallen auf der anderen Seite drei Millionen Einfacharbeitsplätze weg. Der Zustrom der Ausländer hält an ... Wenn sich dieser Prozeß fortsetzt ... wird mittelfristig ein Arbeitsloser in Stuttgart nicht wesentlich anders leben als einer in Kiew oder Kalkutta."(6)

Die sozialen Ängste der Menschen sind berechtigt: die Angst um den Arbeitsplatz, die finanzielle und soziale Zukunft, um den Lebensabend ... . All diese sozialen Ängste greifen die REP auf und machen für den Verlust an Sicherheit, die Zuwanderung und den Euro verantwortlich.

"Die vorhandene Politik- und Parteienverdrossenheit versuchen die REP für sich zu nutzen und sich dabei unberechtigterweise als Anwalt des ,kleinen Mannes' zu präsentieren", heißt es bereits 1994 in einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Rechte aus der Mitte

Die REP im Landtag von Baden-Württemberg sind nicht der rechte Rand, sondern sie, die Rechten, kommen aus der etablierten Mitte der Gesellschaft. Die Berufe der 14 REP-Abgeordneten ergeben folgendes Bild: Gärtnermeister, Diplomvolkswirt, selbständiger Werbegrafiker, dreimal Geschäftsführer, zweimal Polizeibeamte, Diplombetriebswirt, selbständiger Bauunternehmer, Rechtsanwalt, Lehrer, Rechtsanwalt und Arzt, selbständiger Offsetdrucker. Nicht der "kleine Mann" ist ihre Zielgruppe, sondern der selbständige Mittelstand als Träger von Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Beispiel: Wenn sie von der "leistungsfeindlichen Steuerbelastung" reden, meinen sie damit natürlich, daß die Unternehmer zu viele Steuern bezahlen. Wenn die Unternehmer bei den Steuern entlastet werden sollen, dann ist klar, daß es für die Arbeitnehmer entweder noch weniger staatliche Leistungen gibt, oder aber sie über Steuern höher belastet werden. Die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spielen für die REP keine Rolle. Das zeigt ihre entschiedene Ablehnung der Einheitsgewerkschaft.(7) Sie wollen mit der Zerschlagung der Einheitsgewerkschaft "den Grad der Vermachtung in der Wirtschaft abbauen". Wir erinnern uns: Die Einheitsgewerkschaft ist praktisch ein Vermächntnis der antifaschistischen Erkenntnis, daß der Faschismus nur siegen konnte, weil Arbeiterbewegung und Arbeiterparteien uneinig waren.

Die Einheitsgewerkschaft war und ist eine der Voraussetzungen dafür, daß in der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen europäischen Ländern höhere soziale Standards erkämpft werden konnten. Wer die Einheitsgewerkschaft zerstört, schwächt die Durchsetzungsfähigkeit der Arbeitnehmerinteressen. Und genau das ist das Programm der REPs. Sie sind nicht die Partei der kleinen Leute!

Dünner Schein der Seriosität

Trotz ihres offensichtlichen Bemühens um Seriosität und Anerkennung unterlaufen den REP in Baden-Württemberg immer wieder Fehlleistungen. Auch der so besonders auf bürgerliche und intellektuelle Respektabilität bedachte Fraktionsvorsitzende Schlierer, hatte sich bereits in seiner ersten Rede im Landtag (30. Juni 1992) demaskiert mit einem ausländerfeindlichen Vergleich: "Wenn dagegen viele Kulturen in einem Raum zusammengemixt werden, so ergibt das entweder ein Neben- oder ein Gegeneinander oder, wie in der physikalischen Wärmelehre, Entropie, also ein Gemisch, dessen Wert mit zunehmender Durchmischung sinkt, bis es letzten Endes keinen Wert mehr hat."

Zumindest die Hardliner unter den baden-württembergischen REP-Abgeordneten stellen das Selbstverständnis einer entideologisierten, demokratisch geläuterten Partei permanent in Frage.(8) Jüngstes Beispiel ist die frauenfeindliche Äußerung des REP-Abgeordneten Herbricht, der im Landtag die Trennung der Geschlechter auf "angeborene Begabungsunterschiede"(9) zurückzuführen versuchte. Der gleiche Abgeordnete behauptete im Landtag bei der Debatte über die Zukunft der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, daß wir "aus unserer Geschichte ein Verbrecheralbum machen". Die Jugend würde "sich aufgrund der Schrecken der Vergangenheit angewidert von ihrem eigenen Volk ihrem geschichtlchen Auftrag entziehen". Denn "wer zu tief in die Schrecken der Vergangenheit eintaucht, versperrt sich leicht den Weg in die Zukunft".(10) Oder der neuste Leitartikel im Parteiorgan "Der Republikaner" (Nr. 5/97) mit der reißerischen Überschrift: "Geschichtsfälscher am Werk - Das wahre Anliegen der Anti-Wehrmachtsausstellung", wo sich Rolf Schlierer in die Allianz der Geschichtsleugner einreiht, die über die CSU, NPD und anderen Faschisten bis zum Naziaufmarsch in München reicht. Er outet sich als Wegbereiter und Bündnispartner der Faschisten, wenn er sich in seinem Leitartikel im Schlußsatz zu der Behauptung versteigt: "Widerstand gegen diese Ausstellung bedeutet daher Widerstand gegen die Zerstörung unserer Nation."

Enge Kontakte zu Neonazis

Folgerichtig ist, daß K.A. Schaal Bundesbeauftragter für bürgernahe Wahlkampfunterstützung für alle Landesverbände der REP wurde.(11) Karl August Schaal war REP-Landtagsabgeordneter der letzten Wahlperiode in Tübingen und wurde bei seinem Wahlkampf von Alois Hoog, einem bekannten Neonazi unterstützt. Der war ehemals Vorsitzender der FAP, der Freiheitlichen Arbeiterpartei, hat 1995 zehn Monate Haft mit Bewährung bekommen für seine Tätigkeit bei der ANS/NA, Aktionsgemeinschaft Nationaler Sozialisten/ Nationaler Aktivisten, Gausekretär in einem Komitee, das den 100. Geburtstag Adolf Hitlers vorbereitet hat. Dieser Alois Hoog hat also Karl August Schaal, den Landtagsabgeordneten in seinem Wahlkampf unterstützt durch Ausfahren und Anbringen von Plakaten.

Am 15. Februar 1996 war in Kusterdingen bei Tübingen eine Vortragsveranstaltung des Rechtsextremisten Dr. Hans Heinrich Ebner aus Tübingen. Und hier nahmen einige Neonazis und Schaal teil. Schaal bat diese Neonazis, natürlich auch andere Teilnehmner, ausdrücklich, ihn beim Wahlkampf zu unterstützen. Weil immer gesagt wird, es gibt keine Verbindungen! ...

"Randalierer, Schläger und Plünderer"

Eine widerwärtige Hetze gegen Antifaschisten verbreitet ein Jürgen G. Sperling vom RepKV Heidenheim im Parteiorgan der REP (Nr. 5/97). Auf Kosten deutscher Steuerzahler, subventioniert durch das Sozialamt, behauptet er, seien Randalierer, Schläger und Plünderer nach Frankreich gefahren, um gegen den Parteitag des Front National (FN) und seinem Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen Front zu machen. Natürlich kein Wort von der friedlichen Demonstration der weit über 50 000 Menschen aus Frankreich und dem benachbarten Ausland gegen den Rassismus der Nationalen Front. Dafür deutliche Sympathie für Le Pen. Kein Wunder. Das in Straßburg vorgelegte FN-Programm kommt einem Putsch gegen die französische Verfassung und gegen Europa gleich. Statt "Libert‚, Egalit‚, Fraternit‚" soll künftig die "nationale Präferenz" für Franzosen gelten. Die Todesstrafe gehört ebenso selbstverständlich zum FN-Programm wie die völkische Neudefinition der Staatsbürgerschaft. Die Nationale Front will Frankreich vom europäischen Binnenmarkt abkoppeln, Strafzölle für Importe einführen und den Maastricht-Vertrag kündigen.

Programmpunkte, die teilweise auch die REP haben. Begehen wir nicht den Irrtum zu meinen, es wird viel geschrieben, das brauchen wir nicht so ernst nehmen. 1988 stand im Programm der Republikaner, was 1993 durchgesetzt wurde, die einschneidenden Änderungen des Grundrechtes auf Asyl.

Mit Anti-Euro-Kampagne auf Erfolgskurs?

Die REP haben im Mai mit der Anti-Maastricht Kampagne begonnen. Das Thema "DM statt Euro", die Wirtschafts- und Währungsunion, wird nach dem Willen Rolf Schlierers das Wahlkampfthema des Jahres 1998 werden. Damit wollen sie in weitere Parlamente einziehen. Das müssen alle demokratischen Kräfte verhindern.

Zum Umgang mit den REP gilt, was MdL Jürgen Walter (Bündnis 90/Die Grünen) im Landtag am 19.3.97 gesagt hat: "Meine Kolleginnen und Kollegen von den demokratischen Parteien dieses Hauses, ich glaube, die Rede, die wir heute von den Republikanern gehört haben, muß für uns alle Anlaß sein, die Gangart gegenüber dieser Fraktion zu verschärfen und draußen im Land klarzumachen, wer hier im Parlament sitzt und hier antidemokratisch spricht und wer hier antidemokratisch handelt."(12) .

1) Landtagsdrucksache 12/1041.
2) Der Republikaner Nr. 4/ 97
3) aus: Blick nach rechts, 5.3.97, S. 11
4) aus: Blick nach rechts, 5.3.97, S. 12
5) Heidenheimer Programm 1996, S. 40.
6) REP Herbricht in der 13. Plenarsitzung vom 14.11.96.
7) Heidenheimer Programm 1996, S. 37
8) vgl. Blick nach rechts, 5.3.97, S. 12:
9) Stuttgarter Zeitung, 17.5.1997
10) Plenarprotokoll des Landtags 12/22 vom 19.03.97
11) Der Republikaner 4/ 97, S. 5.
12) Plenarprotokoll 12/22, S. 1508


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