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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
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Nummer 1 / Januar 1998


Von der Wehrmacht zur demokratischenArmee ??

Die braune Tradition der Bundeswehr

von Janka Kluge

Als vor einigen Monaten, die beiden Videos auftauchten die Bundeswehrsoldaten beim Einüben von Folterungen und bei Erschießungen von Zivilisten zeigte war die Empörung in der Öffentlichkeit groß. Die Videos heimlich aufgenommen und von den Soldaten immer wieder zur inneren Erbauung aufgebaut zeigten junge Soldaten, die für den Einsatz der Sfor-Truppen in das ehemalige Jugoslawien ausgebildet wurden. Obwohl die Beteuerung der Hardthöhe, daß Vergewaltigungen und Exekutionen von Privatpersonen nicht zum Ausbildungsprogramm gehören und eine sofortige Bestrafung der Akteure angekündigt wurde, können die Erklärungen aus dem Verteidigungsministerium über eines nicht hinwegtäuschen. Die `Bürger in Uniform´, wie die Soldaten nach dem 2. Weltkrieg offiziell immer wieder genannt werden sind typisch für die Zeit in der sie leben.

Eine aktuelle Untersuchung der Bundeswehr von der Universität Konstanz ergab, daß ein Fünftel der Offizieranwärter Anhänger nationalkonservativen Gedankenguts" sind. Außerdem zeigte die Studie, daß die Interessenten für eine lebenslange Offizierlaufbahn besonders weit rechts stehen.

Ein weiterer erst diese Tage in die Öffentlichkeit gekommene Vorfall, ist der Vortrag von Manfred Roeder 1995 vor der Führungsakademie der Bundeswehr. Manfred Roeder ist ein seit Jahrzehnten aktiver Neonazi. In den siebziger Jahren wurde er u.a wegen einem Brandanschlag auf eine antifaschistische Ausstellung in Eßlingen verurteilt. Seit einigen Jahren widmet er sich hauptsächlich der Regermanisierung" des ehemaligen Ostblocks. Ganz im Sinne dieser Aktivität war auch das Thema des Vortrags vor den Offizieren: Übersiedlung von Rußlanddeutschen in den Raum Königsberg".

Ein kurzer Blick in die Geschichte der Bundeswehr zeigt, daß sich hier von Anfang an auch Alt- und Neonazis tummeln.

Die Gründung der Bundeswehr
Bereits 1955 bei der Gründung der Bundeswehr mischten Mitglieder der ehemaligen Wehrmacht ganz vorne mit und brachten ihre Erfahrungen ein. Eine kurze Zusammenstellung, die in keinster Weise vollständig ist:

Heinrich Gerlach: er war im 2. Weltkrieg Kapitän zur See, als Offizier im Admiralstab und Kommandant von Zerstörern an den Überfällen auf Polen Dänemark, Norwegen und Frankreich" in der neuen Bundeswehr wurde er Befehlshaber der Flotte in der Ostsee.

Friedrich Foertsch: Im 2. Weltkrieg Generalmajor und zuletzt Generalleutnant und Chef des Generalstabes der Heeresgruppe Kurland. Seine militärische Karriere setzte er als Generalinspekteur der Bundeswehr fort.

Der Soziologe Arno Klönne beschreibt die Tendenz der Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik: Die deutsche Wiederbewaffnung (...) setzte den Schlußpunkt im Vorgang der Eingemeindung rechtsextremer Tendenzen in die Innenseite des Politikbertriebs und der veröfentlichten Meinung. Das Aufbaupersonal für die Bundeswehr war störungsfrei nur zu gewinnen, wenn der `schwarz-weiß-rote´ Strang der deutschen Geschichte, insbesondere ihres militärischen Teils, als mit dem Staat verträglich anerkannt wurde; und wiederum ging es kaum einen aus der Zeit vor 1945 geläufigen `Kampfauftrag´: der Gefahr aus dem Osten entgegenzutreten."

Die Waffen-SS
In der Zeitschrift Der Freiwillige" wurde den Lesern im Juni 1976 mitgeteilt, was diese schon lange wußten: Wir haben immer Zurückhaltung geübt und die Teilnahme von Bundeswehr-Angehörigen an unseren Treffen und Veranstaltungen unterschlagen, eben weil wir wissen, daß dies ein `Politikum´ ist. Aber auf Dauer geht dies so nicht." Diese Zeitschrift, ist nicht irgendeine, sondern das Mitteilungsblatt ehemaliger Mitglieder der Waffen-SS, die sich in der HIAG organisiert haben. Ihre Hauptforderung ist die Anerkennung der SS als Teil der Wehrmacht. Einen wichtigen Sieg in dieser Anerkennung feierten diese verbrecherischen Veteranen als Bundeskanzler Kohl, zusammen mit Reagen, einen Soldatenfriedhof bei Bitburg besuchte, auf dem auch viele SS-ler lagen. Obwohl in letzter Zeit deutlich wurde, daß auch große Teile der Wehrmacht an Kriegsverbrechen teilnahmen und keineswegs nur die harmlosen Soldaten waren, wie es die offizielle Geschichtsschreibung will, war die SS etwas besonderes. Im Nürnberger Prozeß gegen führende Nazitäter heißt es über die SS: Es ist unmöglich, auch nur einen Teil der SS auszusondern, der nicht an diesen verbrecherischen Handlungen teilnahm. Die allgemeine SS nahm aktiv an der Verfolgung der Juden teil und wurde als Quelle für die Rekrutierung von Wachmannschaften für die Konzentrationslager benutzt. Einheiten der Waffen-SS nahmen direkt an der Tötung vom Kriegsgefangen und an Grausamkeiten in den besetzten Gebieten teil. (...) Die SS wurde zu Zwecken verwandt, die nach dem Statut verbrecherisch waren..." Wie eng die Zusammenarbeit der ehemaligen KZ-Aufseher und Massenmörder mit der Bundeswehr war zeigt ein Blick in die Veröffentlichungen der „HIAG".

Im Frühjahr 1973 veranstaltet der HIAG - Ortsverband Marburg (Lahn) einen Filmabend. Gezeigt werden Filme aus und über die Bundeswehr. Der Chronist des Vereinslebens betont, daß von den ehemaligen Angehörigen der SS anerkannt wurde, daß die Bundeswehr doch besser sei als ihr Ruf. Von Seiten der Bundeswehr hat ein Oberstleutnant Rasmus die Filme erklärt und durch den Abend geführt.

Die HIAG Giessen begrüßte auf ihrer Frühjahrsveranstaltung 1975 folgende hohe Bundeswehrangehörige: Obersleutnant Behnke, Kommandeur der Territorialverteidung des Gießener Wehrkreiskommandos; den Oberst Oberstleutnant Hellduser, Organisationsleiter des hessischen Reservistenverbandes der Bundeswehr, Hauptfeldwebel Pfeiff, der Vorsitzende des Reservistenverbandes, sowie Professor Schubert von der Bundeswehrfachschule.

Es sind aber nicht nur Altnazis, die in den Reihen der HIAG anzutreffen sind. Ein Beispiel hierfür ist der Schriftführer der Ortsgruppe Unna. Er ist mit 24 Jahren, nachdem er aus der Bundeswehr entlassen wurde. "Warum sollte ich zu den Bundeswehrreservisten gehen. Ich halte es für besser mich hier über die Vergangenheit zu informieren"

Oberst Rudel
Eine Gallionsfigur für das rechte Lager war Oberstleutnant Rudel. Er war maßgeblich an der Vereitelung des Anschlags vom 20. Juli auf Hitler beteiligt. Für diese Tat wurde er von Alt- und Neonazis fast wie ein Heiliger verehrt. Obwohl allgemein bekannt war, daß Rudel seine Gesinnung nie geändert hatte und weit davon entfernt war ein Demokrat zu sein folg bei seiner Beerdigung eine Fliegerformation über den Freidhof. Bundeswehrsoldaten hatten auf ihre Weise gezeigt welche Tradition sie pflegten.

Traditionspflege
Die Traditionspflege der Bundeswehr war nicht nur beim Ehrenflug zur Beerdigung Rudels fragwürdig. Viele Kasernen trugen Namen von Wehrmachtsoffizieren und Wegbereitern des 3. Reiches. Genannt sei nur die Dietl- Kaserne in Fürth. Erst nach langen, teilweise jahrelangen Protesten hat die Bundeswehr diese Kasernen zum Teil umbenannt. Bei verschiedenen Traditionsabenden wurden nicht nur die Taten der Soldaten der Wehrmacht hochgehalten, sondern wie vor einiger Zeit in einer Kaserne in Nordeutschland vor einer Hakenkreuzfahne und einem Bild von Hitler Nazilieder gegrölt.

Burschenschaften
Zu dem Reigen der Miltaristen gehören seit langem auch die Burschenschaften. Haben sich einige Burschenschaften vor kurzem erst durchgerungen auch Frauen aufzunehmen, sind sich alle doch einige in der Frage: Wehrdienst oder Verweigern. Burschenschaftler müssen mindestens die Grundausbildung mitgemacht haben. Kriegsdienstverweigerer haben keine Chance in den Reihen der Burschen aufgenommen zu werden.

In den zwanziger Jahren führten Burschenschaften Wehr- und Schießübungen durch und forderten lautstark, daß Deutschland ein größeres Heer, als die nach dem 1. Weltkrieg zugestandenen 100 000 Mann, bekäme. In einer kritischen Untersuchung über die Burschenschaften heißt es über diese Verbindung: "Der Kult des Soldatentums ist die auffälligste Äußerung der autoritären und patriachalischen Vortsellungswelt und Verhaltensweise, die traditionell mit dem Grundsatz des Männerbundes, den militärischen Formen und Ritualen und der Distanzierung gegenüber liberalen und zivilen Denkhaltungen und Stilen einhergehen. Die Wiederaufrüstung unter Einbeziehung von Offizieren und Generälen aus der Wehrmacht und die militärische Traditionspflege fanden vor allem in den schlagenden Verbindungen uneingeschränkte Unterstützung."

© Janka Kluge


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