VVN-Logo 25.10.1998
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschisten

VVN-BdA Baden-Württemberg
Telebus-Logo

antifNACHRICHTEN an9807
Nummer 3 / Juli 1998


Eindrücke vom Bundeskongreß der VVN - BdA:

Die Rechtsentwicklung stoppen!

von Dieter Lachenmayer

Etwa 150 Delegierte und Gäste trafen sich am 13. und 14. Juni im Jugendgästehaus in Braunschweig. Sie waren gekommen, um über Aktivitäten und Positionen der AntifaschistInnen in der Bundesrepublik angesichts der dramatischen Rechtsentwicklung in diesem Land zu beraten.

So sprengte der Vorstoß der Bundesregierung zum völkerrechtswidrigen militärischen Eingreifen in der Bundesrepublik Jugoslawien bereits am ersten Tag die Tagesordnung. Einmütig verabschiedeten die Delegierten auf Vorschlag des Bundesausschusses eine Resolution gegen den geplanten Militäreinsatz der Bundeswehr und der NATO im Kosovo.

In seinem spannenden Gastreferat beschäftige sich Horst Schmitthenner vom Vorstand der IG Metall mit den "Aktuellen Aufgaben im Kampf gegen die Rechtsentwicklung". Es komme derzeit in erster Linie darauf an, Abwehrkämpfe zu führen, also einen Kampf nicht gegen, sondern für einen andern Kapitalismus zu führen. Humanität und Solidarität seien dauerhaft aber nur jenseits des Kapitalismus zu finden.

An erster Stelle der politischen Antragsberatung stand die gefährliche Zunahme von Neofaschistischen Aktivitäten und vor allem die zunhemende Akzeptanz in der Bevölkerung, wie sie in den Wahlergebnissen nicht nur in Baden-Württemberg zum Ausdruck kommen. In einer Entschließung "Dem Neofaschismus keinen Raum geben! Die Rechtsentwicklung stoppen", analysierte der Bundeskongress diese aktuelle Situation und erarbeitete Eckpunkte der antifaschistischen Gegenwehr. Darin heißt es "Wir AntifaschistInnen müssen nach Kräften dazu beitragen, daß sich immer mehr Menschen gegen Neofaschismus, Rassismus, Sozial- und Demokratieabbau engagieren. ... Daraus erwächst uns die Aufgabe, an der Bündelung aller Kräfte gegen Rechts mitzuwirken und so den Kampf gegen jede Rechtsentwicklung zu stärken."

Mit der Rechtsentwicklung auf vielen Gebieten und Politikfeldern befassten sich auch die zahlreichen Anträge und Initiativanträge, die der Kongress behandelte und zumeist nahezu einmütig verabschiedete: Die Umgestaltung der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, die Forderung nach Verbot der NPD und aller anderen faschistischen Organisationen, die Verurteilung der Militarisierung der Gesellschaft z. B. durch öffentliche Gelöbnisse, die Forderung nach Auflösung des Verfasungsschutzes, die Entschädigung für NS-Opfer, die Unterstützung der Initiative "Kein Mensch ist illegal" und vieles mehr waren die Themen dieser Diskussionen und Beschlüsse. Zur Zusammenführung und Bündelung der antifaschistischen Kräfte schlug der Bundeskongreß eine gemeinsame Konferenz antifaschistischer Organisationen unter dem Titel "Antifaschismus zu Beginn des 21. Jahrhunderts" in Berlin vor.

Stärkung der VVN - BdA
Einen großen Raum auf der Konferenz nahm die Diskussion um die Stärkung der VVN - BdA selbst ein. Sie setzte am schwächsten Punkt unserer Vereinigung an, der aktuellen Finanzsituation, die auf allen Organisationsbenen durch ein strukturelles Defizit geprägt ist. Einig waren sich alle darin, daß es in erster Linie darum gehen muß, neue Mitglieder zu gewinnen, aber auch darum, die Kassierung, die in der Regel auf Kreisebene erfolgt, dramatisch zu verbessern. Wie das zu bewerkstelligen sei und vor allem darüber, wie das aktuelle Problem der Finanzierung der Bundesgeschäftsstelle zu lösen sei, führte bereits im Vorfeld der Konferenz zu heftigen und kontroversen Diskussionen. Trotz der teilweise hochgehenden Wogen, prägte die Bereitschaft und Fähigkeit zum Kompromiß von Anfang auch diese schwierige Debatte: Von nun werden die Landesvereinigungen und damit auch die Kreisvereinigungen einen etwas höhren Anteil vom Mitgliedsbeitrag (18%) für die Bundesvereinigung aufbringen müssen. Zur Verbesserung der Kassierung soll künftig allen Kreisvereinigen ein zentralisiertes Einzugsverfahren angeboten werden. Zudem wurde eine neue, aktualisierte und damit realistischere Beitragsstaffel beschlossen. Einen im Vergleich zu früheren Konferenz besonders hohen Stellenwert nahm die antifaschistische Arbeit der Jugendlichen in der VVN-BdA ein. Parallel zum Kongreß fand eine Jugendtreffen statt, auf dem ca. 30 junge AntifaschistInnen intensiv über Inhalt und Arbeitsweisen von Jugendlichen in der VVN-BdA berieten. In der Diskussion um ein Positionspapier zu Jugendstruktureen in der VVN-BdA fanden Ergebnisse dieses Jugendtreffens Eingang in die gemeinsamen Debatten des Bundeskongresses.

Einen weiteren Höhepunkt der Konferenz bildete die Kundgebung am Braunschweiger Schilldenkmal. Durch einen jahrelangen Kampf der Braunschweiger AntifaschistInnen, war es erst vor kurzem gelungen, dieses Mahnmal an der Stelle eines Außenlagers des KZ-Neuengamme zu erkämpfen. Peter Gingold hob in seiner Rede hervor, daß der Kampf gegen Vergessen und Verdrängen eines der Hauptanliegen der AntifaschistInnen bleiben muß.

Die Anerkennung die die VVN-Bund der Antifaschisten nicht zuletzt durch diesen Kampf genießt war auch in den vielen Grußworten unter anderem einer Braunschweiger Bürgermeisterin zu spüren. Vertreter unserer Partnerverbände im In- und Ausland hoben die Bereitschaft und die Notwendigkeit hervor, die antifaschistische Zusammenarbeit zu verbessern.

Die Kraft, die wir in Zukunft brauchen, vermittelten auch die Gründungsmitglieder der VVN-BdA, die als aktive Delegierte am Kongreß teilnahmen. Sowohl die Eröffnung durch unseren Ehrenpräsidenten Alfred Hausser als auch das Schlußwort von Bundessprecher Peter Gingold machten deutlich, in welcher Tradition wir stehen und daß die VVN-BdA, wenn sie dem Vermächtnis des antifaschistischen Widerstands gerecht werden will, noch viel zu tun hat. Beide Reden, wie auch der gesamte Verlauf des Kongresses vermittelten aber auch das Selbstbewußtsein und die Kraft, die wir dazu brauchen.

(Ausführlichere Berichte bietet die nächste Antifa Rundschau)
Dieter Lachenmayer



antifaNACHRICHTEN werden herausgegeben von der VVN/BdA Baden-Württemberg.
V.i.S.d.P.: Dieter Lachenmayer.

VVN-LOGO VVN-BdA Baden-Württemberg
http://www.vvn.telebus.de
Böblinger Strasse 195
D-70199 Stuttgart

Tel. 0711 / 60 32 37 Fax 0711 / 60 07 18
e-mail: vvnbda.bawue@planet-interkom.de

© 1998 J. Kaiser