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Nummer 3 / Juli 1999


Wer verdient am Jugoslawienkrieg?

Alle reden von Menschenrechten.
Niemand von Gewinnen und Kosten

von Anne Rieger

Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen. ... Um diesen Zweck sicher zu erreichen, müssen wir den Feind wehrlos machen, und dies ist dem Begriff nach das eigentliche Ziel der kriegerischen Handlung. Carl von Clausewitz: "Vom Kriege", 1832

"Wir werden gnadenlos zuschlagen", so der amerikanische Präsident William Clinton bei seinem letzten Deutschland-Besuch. Gemeint hat er das NATO-Bombardement auf Jugoslawien. Die 19 reichsten Industriestaaten der westlichen Welt haben mit ihrem barbarischen Angriffskrieg die Lebensgrundlagen der Menschen in einem kleinen Land in Südosteuropa zerstört.


Über Kriegskosten, Kriegsgewinnler und Folgekosten dieses NATO-Krieges und wer das alles bezahlen soll, wurde erst nach dem Ende der Bombardierung gesprochen. "Es ist nicht Zeit, über Zahlen zu sprechen", wiegelte der Minister für die Verteidigung deutscher Auslandsinteressen, Rudolf Scharping, noch Mitte April ab.

Die Gewinner des Krieges konnte man bereits zu Beginn ausmachen: Am Tag nach Kriegsbeginn stieg der Dow-Jones-Index an der New Yorker Börse um 1.75 Prozent. Bereits am 6. Kriegstag, dem 29. März jubelten die Aktionäre: "Der Dow-Jones-Index schafft die Hürde von 10 000. Erstmals in der 103jährigen Geschichte steigen die US-Akien so hoch. ... Favoriten an der Wall Street waren am Montag Öl-, Technologie- und Finanzwerte."

"'Kaufen wenn die Kanonen donnern, und Verkaufen, wenn die Friedensglocken läuten', mag sensible Menschen abstoßen, hat jedoch in der Börsengeschichte meist zu deutlichen Gewinnen geführt," Heiko Thieme, FAZ, 29.3.99.

Als sich die Bombardierung dem Ende näherte, wurde zunehmend offener über die Kosten gesprochen. Am 75. Kriegstag, als der lang ersehnte Friede zum erstenmal greifbar nahe schien, am Wahlsonntag in Bremen, dem 6.6.1999, war in der Berliner Morgenpost zu lesen, daß Finanzminister Eichel angesichts der Milliardenzahlungen für den Aufbau im Kosovo eine Mehrwertsteuererhöhung nicht ausschloß. "Das ist eine noch unbekannte Größe. Deshalb kann man diese Frage heute noch nicht seriös beantworten."

Die Kosten

1. Direkte Kriegskosten

Laut einer Studie der seriösen Deutschen Bank, haben die Angriffe der High-Tech-Armee der NATO-Staaten in den ersten sechs Wochen zwischen 2,0 bis 3,5 Milliarden Dollar gekostet. Die US-Geschäftsbank Merrill Lynch beziffert die Kosten des NATO-Einsatzes in einer Studie der Bank vom 20. April mit 200 Mio Dollar (367,8 Mio DM) pro Tag, also 16 Mrd. Dollar.

Eine Studie der Bundeswehruniversität in München gibt an, daß der Krieg alle kriegsführenden Parteien bisher 40 Mrd. DM gekostet hat. Allein der Balkan-Einsatz der Bundeswehr soll für 1999 ca. 1,5 Mrd. DM kosten, allerdings mit einigen Unbekannten. Denn nicht eingeschlossen in die Zahl sind die Aufwendungen für die Wiederauffüllung der verbrauchten Waffenarsenale. Bisher wurden z.B. durch deutsche Tornado-Piloten 240 HARMS-Raketen verschossen, deren Wiederbeschaffungswert gegenwärtig pro Stück 1,2 Mio DM beträgt. Die oben genannte Studie der Deutschen Bank schätzt, daß das Wiederauffüllen der Waffenarsenale alleine in den USA 7 Mrd. Dollar verschlingen werde. Die wirklichen Ausgaben werden also in diesem und im nächsten Haushaltsjahr noch weiter steigen. Vergleicht man die Kosten mit denen vorausgegangener Kriege, läßt sich erahnen, wie teuer uns dieser Krieg noch kommen wird: Der Golfkrieg 1990/91 kostete 102 Mrd. Dollar, der Vietnamkrieg gar 720 Mrd. Dollar. Die Bonner Regierung zahlte aus unseren Steuergeldern für den Golfkrieg 20 Mrd. DM. "Jede Schätzung ist bisher von den Entwicklungen überholt worden", meinte Nico Wegter, Sprecher des amtierenden EU-Außenkommissars Hans van den Broek.

2. Besatzungskosten

Die Kosten für die sogenannte "friedenssichernde Mission" - präziser müßte man wohl von Besatzungskosten sprechen - über drei bis fünf Jahre gibt die Deutsche Bank Studie mit weiteren 8 bis 13,5 Milliarden Dollar an. Gemeint ist damit die "Schnelle Einsatztruppe" der Allianz von 50 000 NATO-Soldaten - davon allein 8500 der Bundeswehr, das zweitgrößte Kontingent. Die Stationierung ist eine der größten Militäroperationen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Einsatz der Bundeswehr werde nach Einschätzung Scharpings mehrere Jahre dauern. Vermutlich soll aus dem Kosovo eine NATO-Militärbasis gemacht werden, als Aufmarschgebiet für die "Eroberung" der Erdölfelder unter dem Kaspischen Meer. Amerikanische Ölfirmen haben dort bereits Konzessionen erworben.

3. Wiederaufbaukosten

Die Wiederaufbaukosten für Jugoslawien werden von der Bundeswehrhochschule auf 100 Mrd. DM geschätzt. Die Jugoslawen selber sprechen von über 120 Mrd Dollar. Die Stuttgarter Nachrichten vom 12.6.99 geben sie nach US-Schätzungen mit 740 Milliarden DM an. Eine durchaus realistische Zahl, hält man sich vor Augen, daß bereits am 19. April 1999, also knapp 4 Wochen nach Kriegsbeginn das Autowerk ZASTAVA in Kragujevac, und bis heute 200 Fabriken und Kraftwerke, 300 Schulen, 50 Brücken, 50 Krankenhäuser, 5 zivile Flughäfen, zwölf Eisenbahnlinien und 10 Straßenverbindungen, 24 Kirchen, Museen und Klöster, Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser und vieles mehr zerbombt wurden und Jugoslawien so in eine industrielle, zivilisatorische, kulturelle und soziale Wüste verwandelt wurde. Zum Vergleich: allein das Smart Werk von Daimler im Jahr 1995 hat 750 Mio DM gekostet.

4. Folgekosten für die

Balkan-Region

  • Im Stabilitätspakt, der am 10. Juni von den 30 Außenministern der G8, EU- und Balkanstaaten abschließend beraten wurde sind im ersten Schritt Soforthilfen für zurückkehrende Kosovo-Flüchtlinge vorgesehen: Wiederaufbau der zerstörten Häuser, Instandsetzung der Strom- und Wasserleitungen.

  • Notwendig ist eine Flüchtlingshilfe für die betroffenen Ländern und Unterstützung für die Rückführung der Flüchtlinge. Die Ausgaben für humanitäre Hilfe wird von der Bundeswehrstudie auf 14 Mrd. DM geschätzt. Zur Sache dürfte es aber erst bei einer Konferenz im September oder Oktober gehen, die den mittelfristigen Bedarf veranschlagen soll. Der Deutsche Städtetag schätzt für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Deutschland pro Kopf 800 bis 1000 DM

  • Die Kosten für die ökologische Umweltzerstörung der Region werden immens sein. Allein die Jugoslawischen Quellen melden die Gefährdung tausender Menschen durch die Bombardierungen von Ölraffinerien und Chemiefabriken. So seien giftige Chemikalien aus Bränden und geborstenen Tanks in die Luft gelangt, die Donau sei durch auslaufende Chemikalien auf weite Strecken verseucht. Das Grund- und Trinkwasser der Großstädte wurde durch die Angriffe auf die Chemieanlagen gefährdet. Auch ein internes Papier des deutschen Umweltbundes warnte vor möglichen ökologischen Langzeitschäden durch den Krieg. Das Ausmaß der Umweltkatastrophe kann man sich vorstellen, wenn man sich die Auswirkungen der Explosion der Produktionsanlage für Pflanzenschutzmittel des Wuppertaler Bayer-Werkes Anfang Juni in Erinnerung ruft, bei dem 91 Menschen verletzt wurden oder den Brand im Tauerntunnels Ende Mai, bei dem 12 Menschen starben und 49 verletzt wurden. Bei letzterem fuhr ein Sattelschlepper auf einen mit brennbaren Lackprodukten beladener LKW. Die giftigen Qualmwolken, die aus der Tunnelröhre drangen, waren so dicht, daß die Autobahnraststätte vor dem Tunnelportal geräumt werden mußte.

  • Die Volkswirtschaften der Region sind so zerstört worden, daß die Politiker von einem Marschallplan für den gesamten Balkan sprechen, der in den kommenden zehn Jahren 30 Mrd. US-Dollar verschlingen wird. Albanien und Mazedonien droht der wirtschaftliche Kollaps, die bulgarischen Bauern mußten 50 % ihres bisherigen Exportes nach Jugoslawien unterpflügen, Bulgarien mußte auf 10 % seiner Exporteinnahmen verzichten, weil die Transportkosten über die rumänischen Straßen sich verdoppelt haben und das Obst und die Tomaten damit in Österreich und Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig sind. Rumänien und Bulgarien können ihre exportierten Massengüter wie Erze, Metalle und chemische Grundstoffe von 50 Mio Tonnen nicht mehr über die Wasserstraße nach Westen exportieren, die ukrainischen rumänischen, bulgarischen und ungarischen Schiffahrtsgesellschaften stehen vor dem Ruin, der Tourismus in Bulgarien, Kroatien und Mazedonien ist fast zusammengebrochen, Griechenlands Wirtschaft ist ebenfalls tangiert.

  • Ein weiterer Kostenfaktor fand in der Öffentlichkeit bisher wenig Aufmerksamkeit. Staaten wie Albanien und Mazedonien, die ihre hohen Auslandsschulden bisher nur mühsam bedienten, werden dazu künftig nicht mehr in der Lage sein. "Eine Entschuldung dieser Staaten ist nicht zu vermeiden", so Jens-Uwe Wächter von der Deutschen Bank Research. Die Kreditgeber, allen voran der Internationale Währungsfond werden auf die Zinseinnahmen verzichten müssen. Aus dem Bonner Finanzministerium hieß es: " ... das werde viel Geld kosten".

5. Aufrüstungskosten:

Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion

"Während sich am Donnerstag alle Blicke auf die Friedensdiplomatie des EU-Beauftragten Ahtisaari richteten, hat der Europäische Rat beinahe unbemerkt eine geradezu historische Entscheidung getroffen: Er hat den Grundstein für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion gelegt", so exakt beschreibt die Stuttgarter Zeitung am 4. Juni das Vorgehen der Europäischen Staats- und Regierungschefs. Im Schatten des Jugoslawienkrieges haben sie die Integration der Westeuropäischen Union (WEU), des separaten Militär- und Beistandsbündnisses, bis zum Ende des Jahres 2000 in die EU beschlossen. "Ungewöhnlich rasch billigten die 15 Regierungen die deutschen Vorschläge, die den Aufbau eigenständiger europäischer Strukturen zur Krisenbewältigung vorsehen". Zu den Kosten für die Aufrüstung des "militärischen Arms der EU" war in derselben Zeitung bereits am 50. Kriegstag, dem 12. Mai zu lesen: "Wenn Europa wirklich entschlossen ist, künftig Krisen auf dem eigenen Kontinent eigenverantwortlich, notfalls auch ohne die USA, zu bewältigen, dann muß es mehr tun. Es muß dafür sorgen, daß es auch militärisch dazu in der Lage ist."

Das heißt zusätzliche Aufrüstungskosten. Denn die EU will die Voraussetzungen für die größere militärische Eigenständigkeit schaffen: eigenen Planungskapazitäten mit einem eigenen Lagezentrum und Aufklärungskapazitäten mit einem Satellitenzentrum. Damit sollen eigenständiges Krisenmanagement, "friedenserhaltende" Einsätze und humanitäre Hilfsaktionen unabhängig von der NATO möglich sein. - IIm Konfliktfall auch gegen die USA?

Die gemeinsame Sicherheitspolitik "könnte zu einem erheblichen Rüstungsschub in Europa führen, wenn nun die gesamte Palette militärischer Ausrüstung angeschafft werde, wie beispielsweise eigene Spionagesatelliten", erklärte Reinhard Mutz, Leiter des Hamburger Instituts für Friedensforschung.

Der Einzelplan 14, der Etat des Bundesministeriums für "Verteidigung", liegt mit 47 Mrd. DM bis auf 200 Mio DM so hoch wie der Ansatz von Waigel 1998 und wird als Einziger von den Kürzungsplänen Eichels verschont. Bleibt es bei den bisherigen Planungen, bewegt er sich in den nächsten Jahren auf die 50 Mrd. DM Grenze zu, während - um das in Erinnerung zu rufen - der Etat des Sozialministers um 12,8 Mrd. gekürzt werden soll.

Nach NATO-Kriterien liegen die Ausgaben real bei 58 Mrd. DM. Anders sind auch die aufwendigen Beschaffungsprogramme nicht zu finanzieren, von denen allein die neuen Jagdflugzeuge und die neuen Hubschrauber in den nächsten zehn Jahren Beträge zwischen 40 und 50 Mrd. DM beanspruchen werden. Die laufenden Entwicklungsvorhaben des neuen Satellitenkommunikationssystems der Bundeswehr, das gepanzerte Transport-Kraftfahrzeug, die Kampfdrohne TAIFUN, die Modulare Abstandswaffe MAW-Taurus und die Luft/Luft-Lenkflugkörper kurzer und mittlerer Reichweite werden ebenso finanzieren werden müssen.

Wer bezahlt die Zeche?

Banken, Versicherungen oder Großkonzerne? Soll z.B. die Vermögenssteuer von 8 Mrd. jährlich wieder eingeführt werden? Wohl kaum! Finanzminister Eichel hat klargemacht, daß die Regierung "ab sofort einen rigorosen Sparkurs" fahren werde. 30 Mrd. DM sollen eingespart werden. Mit einem Haushaltssicherungsgesetz sollen allein beim Arbeits- und Sozialministerium der größte Happen, nämlich 12,8 Mrd. DM, gekürzt werden. Im Jahr 2003 sollen dort sogar Leistungen von 21,3 Mrd. DM gestrichen werden. Von Kriegskosten war da noch nicht die Rede.

Einen Tag nach Beendigung der Bombardierungen Jugoslawiens, am 11. Juni, erklärt die Stuttgarter Zeitung: "Es ist auch noch eine wirtschaftliche Bilanz zu ziehen. Die Bombennächte haben Milliarden gekostet, die Schutztruppe wird weitere Milliarden kosten. ... Deutschland wird nicht den geringsten Teil zu tragen haben, aber im Bonner Haushalt ist bisher kein Geld dafür vorgesehen. Schon einmal, nach dem Golfkrieg gegen Saddam Hussein, ist die Mehrwertsteuer erhöht worden, um einen Waffengang zu bezahlen. Man richte sich darauf ein, daß es wieder so kommt." Am 10. Juni hatte Clinton im Fernsehen erklärt, daß die USA für die Wiederaufbaukosten nicht zur Verfügung stünden.

Seit Jahren wird uns täglich erzählt, angeblich sei kein Geld da für die Rente mit 60 ohne Abschläge, kein Geld für kostenlose Kinderbetreuung und ausreichend Lehrer oder kostenlose Universitätsbildung, weder für ökologische Beschäftigungsprojekte, noch für eine ausreichend kostenlose Gesundheitsversorgung. Nun kommen die neuesten Meldungen hinzu: Da ist von Kürzungen der Arbeitslosenhilfe und des Arbeitslosengeldes die Rede. Dabei geht es um die Reduzierung der vom Bund gezahlten Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung, wodurch Arbeitslose später weniger Rente bekommen - dies soll 4 Milliarden DM für (Kriegs?)kasse bringen und um die Streichung der Zuschläge für Bezieher von Arbeitslosenunterstützung mit Kindern zur Kürzung weiterer 2,5 Mrd. DM.

Auch die Renten sollen 2000 und 2001 nur halb so stark steigen und so bei den Rentnern 4 Mrd. DM gestrichen werden. Zusätzlich soll die Mineralölsteuer um 30 Pfg. je Liter in 3 Raten erhöht werden. Neuester Coup: eine Steuer in Höhe von 25 % auf den Gewinnanteil von Lebensversicherungen, deren Versicherungssumme am Ende der Laufzeit ausgezahlt wird.

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik schlägt vor, die Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik um 25 Mrd. DM aufzustocken und dadurch 500 000 zusätzliche Arbeits- und Weiterbildungsplätze zu schaffen. Auch dafür ist angeblich kein Geld da.

Aber Geld für den Krieg – für die Zerstörung der Fabrik "14. Oktober" in Krusevac, dem größten Maschinenbaubetrieb, für die Zerstörung einer Tabakfabrik, von Arzneimittelherstellern, Fabriken für Schuhe, TV-Sender, Elektrizitätswerke und Stromleitungsstationen, Wasserwerke, kurz gesagt, für die Zerstörung der Arbeitsplätze und der Lebensgrundlagen von 50 Mio Menschen ist Geld genug da. Eine "Kriegssteuer" auch "Aufbauhilfe" genannt wird uns noch mehr Geld aus der Tasche ziehen.

Wer verdient am Krieg?

Die Aktionäre – auf sie haben wir bereits hingewiesen. Die Rüstungsindustrie steht ganz vorne mit dran. Während des Krieges sind die US-Rüstungsausgaben auf 75 Mrd. aufgestockt worden. Nur sollten wir die vielen anderen nicht vergessen:. "Wir rechnen zunächst mit Aufträgen für die Baustoff-Recyclingbranche", sagt Hans Sander, Geschäftsführer im Zentralverband des Deutschen Bauwesens. Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, aus Bauruinen neue Baustoffe zu gewinnen. Wie groß der Bedarf in einem von Bombenangriffen und Zerstörungen heimgesuchten Land ist, läßt sich kaum abschätzen. Sander: "Derzeit laufen Gespräche, um ein Konsortium aus mittelständischen Betrieben zustande zu bekommen." Jetzt wartet der Verband auf die ersten Ausschreibungen, die über die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London finanziert werden.

Auch die Bauwirtschaft, die Energieindustrie und alle anderen, die am Wiederaufbau des zerbombten und ökologisch zerstörten Jugoslawiens verdienen können und wollen, stehen bereit: die Telekommunikationsindustrie, die Straßenbauindustrie, die Elektro- und Wasserwirtschaftsindustrie, die Automobil-, Eisenbahn- und Flugzeugindustrie, die Glasindustrie..

Sparprogramm Frieden!

Geht man nun davon aus, daß die Finanzierung und Schaffung eines Jobs jährlich 70 000 DM und eine öffentlich geförderte Lehrstelle 20 000 DM jährlich kostet, so hätte man mit den Kosten eines einzigen Kriegstages 4000 Jobs und 4390 Lehrstellen schaffen können – täglich! "Daß in Kürze Massen von deutschen Facharbeitern die Baustellen in der Krisenregion bevölkern werden ist indes kaum zu erwarten", schreibt Sander von Zentralverband des Deutschen Bauwesens. "Der Anteil der Manager wird höher sein, als der der Arbeiter".

Wären die 400 Mrd. Dollar vor Kriegsbeginn für die wirtschaftliche Unterstützung des Kosovo und weiterer Bereiche der Region verwandt worden, wäre ein Teil der nationalistischen Spannungen entschärft worden. Die Balkan ist eine der ärmsten Regionen in Europa, und darunter ist der Kosovo die ärmste. Dieser Krieg ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe - mit ihm werden auch Milliardensummen an Steuergeldern vergeudet! Zusätzlich ist er ein riesiges Umverteilungsprojekt von unten nach oben.

Die nächsten Kriege verhindern!

"Wir hoffen, daß dies der letzte Krieg in Europa gewesen ist", blickt der Außenminister Josef Fischer nach vorn. Der Schauer läuft einem über den Rücken, liest man die neuesten Meldungen über seine Äußerungen zum außereuropäischen Kaschmir-Konfliktes. Auf dem G-8-Gipfel in Köln sei "ausführlich" über den Konflikt gesprochen worden. Er bezog sich auf die Nuklearwafffen und meinte, deshalb könne man es sich nicht erlauben, sich "auf die Zuschauerrolle zu beschränken".

Der nächste Krieg mit deutscher Beteiligung außerhalb Europas?

Anne Rieger ist 2. Bevollmächtigte der IG Metall Waiblingen



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