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Nummer 4 / Oktober 1999


Massaker und Massengräber im Kosovo:

Jeder Kriegstote ist Opfer eines Verbrechens

von Rainer Rupp

Während der fast einjährigen Krise im Kosovo, die dem NATO-Luftkrieg voranging, flohen nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der UNO insgesamt über 14000 Kosovo-Albaner nach Albanien und Mazedonien. Als die Bomben fielen, nahm der Exodus aus dem Kosovo biblische Ausmaße an. Hunderttausende flohen - vor den Serben, vor den Bomben, vor dem Krieg, vor dem Terror der UCK, der sich auch gegen die eigenen Landsleute richtete, vor Hunger und Not, kurz, sie flohen vor dem Krieg.

Starben in der ganzen Zeit vor dem NATO-Angriff im Kosovo auf beiden Seiten knapp 2000 Menschen eines unnatürlichen Todes, so dürfte die Zahl der Toten allein auf albanischer Seite seit dem NATO-Angriff ein Mehrfaches betragen - nach jüngsten Schätzungen der UNO im Kosovo zwischen 5000 und 6000. Jeder Kriegstote ist ein Opfer eines Verbrechens. Wer die Zahl der Kriegstoten kleinredet, ist vermutlich daran interessiert, das Verbrechen zu verharmlosen. Die NATO dagegen übertrieb maßlos - wenn es galt, "die Serben" als Massenschlächter erscheinen zu Lassen. Mit grausigsten Greuelgeschichten und Zahlen von Mordopfern, die in die Hunderttausende gingen, sollte eine Analogie zu Auschwitz hergestellt werden, um den militärischen Angriff gegen Jugoslawien zu rechtfertigen. Beim näheren Hinsehen erweist sich, daß der Angriff nichts anders war als der erste Testfall für das im April in Washington abgesegnete "Neue Strategische Konzept" der NATO, das ihr nun erlaubt, überall auf der Welt ihre geostrategischen und ökonomischen Interessen aggressiv zu "verteidigen". Vor dem Hintergrund des großen Elendes, das erst der NATO-Krieg über das Kosovo brachte, "lohnt es sich darüber nachzudenken, ob es den Kosovaren heute nicht besser ginge, wenn die NATO einfach gar nichts getan hätte", schrieb kürzlich der bekannte US-Stratege Ed Luttwak in "Foreign Affairs", der führenden außenpolitischen Zeitschrift der westlichen Welt. Luttwak steht mit dieser Ansicht keinesfalls allein. Und so kommen die NATO und ihre Kriegsminister in Berlin, London und Washington - vorerst nur in Fachkreisen - immer stärker unter Rechtfertigungsdruck, zumal sich die Mär vom Holocaust im Kosovo nicht länger aufrechterhalten läßt.
Während des Krieges sprach die NATO immer wieder von zigtausenden verschwundenen jungen Männern, die angeblich von den Serben ermordet wurden. Ingesamt schätzte sie die Zahl der ermordeten Kosovo-Albaner auf 100 000 bis 225 000. Auf Satellitenfotos die man der Öffentlichkeit vorführte, wurde jedes Stück umgewühlter Erde zu einem Massengrab. Als aber schließlich die NATO im Kosovo einmarschierte, war auf einmal nur noch von 10000 Ermordeten die Rede. Und der Sprecher der britischen Regierung, von der diese Zahl stammte, die auch von der NATO übernommen wurde, erklärte, daß dies schlimmer sei als ursprünglich erwartet. Offenbar hatte die NATO selber nie an die 100 000 bis 225 000 Ermordeten geglaubt.
Aber auch für die Massaker an 10000 Menschen gibt es keinerlei Beweise. Die meisten angeblichen Masesngräber erwiesen sich bei ihrer Öffnung als leer. In einigen Gruben, die wegen der umgewühlten Erde der westlichen öffentlichkeit mit Hilfe von Luftaufnahmen als Massengräber vorgestellt worden waren, wurden tote Kühe oder andere Tiere gefunden. Journalistische Massakerforscher schlossen messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf: Offenbar hätten "die Serben" die fehlenden Leichen wieder ausgegraben und an anderer Stelle verschwinden lassen, um Beweise für Kriegsverbrechen zu beseitigen. Findige investigative Jorunalisten fanden eine Lösung, die ganz ins gewollte Bild des Holocaust passte: Die Leichen seien in den Schmelzöfen der serbischen Hüttenwereke im Kosovo verbrannt worden. Da aber die wenigen Schmelzöfen im Kosovo niemals so viele Leichen hätten verbrennen können, schob der besonders findige John Kifner in der "New York Times" auch dafür die Lösung nach: Die fehlenden Leichen würden niemals gefunden wrden, wenn sie in die Industriezentren Serbiens gebracht worden seien, wo es viele Schmelzöfen gibt und die NATO nicht suchen kann. Gegen so "eindeutige Beweise" werden sich "die Serben" schwerlich verteidigen können.
Vielleicht werden sich einige der Greuelgeschichten aus dem Kosovo noch als wahr heraustellen. Im Krieg, der allemal ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, können ganz normale Menschen zu Bestien werden - wie z.B. die netten amerikanischen Boys, die das Massaker in der vietnamesischen Ortschaft My Lai verübten (der Hauptverantwortliche, Leutnannt Kelly, wurde dafür von einem US-Kriegsgericht zu sage und schreibe zwei Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er etwa die Häflte absaß).
Einige Massengräber wurden gefunden, das letzte Mal am 13. Juli im britischen Sektor. Das Grab enthielt 20 Tote, elf waren Kinder zwischen zwei und 16 Jahren, die alle zu einer Großfamilie gehörten. Die Ermordeten wurden sofort und ohne weitere Untersuchung auf das Verbrechenskonto der Serben geschrieben. Nach langer vergeblicher Suche hatten die Massengrabkorrespondenten endlich einen Erfolg. Und der britische Aussenminister nutzte die Gelegenheit für die Erklärung, solche Entdeckungen seien der zwingende Beweis dafür, daß die NATO eingreifen mußte. Da für die NATO "die Serben" von Anfang an als Kriegsverbrecher festgestanden haben, brauchte man nun auch keine gerichtsmedizinischen oder anderen Untersuchungen mehr abzuwarten.
Es zeichnet sich ab, daß die meisten zivilen Opfer im Kosovo (Albaner, Serben, Roma) nicht Opfer von Massakern sind, sondern Opfer des durch die NATO-Bombardements eskalierten Bürgerkriegs. Zählt man dieser Bilanz noch die fast 2000 von NATO-Bomben zerfetzten Zivilisten hinzu (ein Drittel waren Kinder), und bedenkt man auch, daß täglich weitere durch NATO-Minen und -Blindgänger sterben (200 bereits innerhalb von sechs Wochen), dann steht außer Frage, wer im Kosovo und in Serbien den schlimmsten Massenmord begangen hat. Wann und wo werden sich Clinton, Blair, Schröder, Scharping und Fischer verantworten?

Den Beitrag haben wir aus der Tageszeitung "Junge Welt" entnommen.

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